Schwäbisch Hall. Mordserie in Schwäbisch Hall: Ein Serbe soll dort Senioreninnen überfallen und mindestens zwei getötet haben. Die Stadt ist in Angst.

Die Angst geht um zwischen Stuttgart und Heilbronn (Baden-Württemberg). Angst vor einem skrupellosen Killer. Senioren trauen sich abends nicht mehr vor die Tür, Fremde werden misstrauisch beäugt. Mehrere Morde an allein lebenden Rentnerinnen erschüttern die Kleinstadt Schwäbisch Hall. Nun können die Menschen dort aufatmen: Die Polizei hat einen Verdächtigen festgenommen.

Der mögliche Serienmörder ist ein 31 Jahre alter Serbe, wie Polizei und Staatsanwaltschaft am Mittwoch während einer spontan anberaumten Pressekonferenz bekannt geben. Er sitzt in Untersuchungshaft. „Zahlreiche Puzzleteilchen haben zur Identifizierung des Täters geführt“, sagt der Aalener Polizeipräsident Reiner Möller.

Spezialkräfte haben den 31-Jährigen am Dienstag in einer leicht heruntergekommenen Wohnsiedlung aus den 1970er-Jahren in Schwäbisch Hall verhaftet – ganz in der Nähe wohnte eines seiner mutmaßlichen Opfer.

Mutmaßlicher Serienmörder von Schwäbisch Hall ging brutal vor

Die Staatsanwaltschaft wirft ihm drei Taten vor. Im Dezember soll er eine 77 Jahre alte Frau aus der Nachbarschaft in deren Hochparterrewohnung getötet haben. Die Behörde geht von Mord aus, weil der Verdächtige einen niedrigen bis mittleren dreistelligen Geldbetrag entwendet haben soll – Mordmerkmal: Habgier.

Vergangene Woche starb zudem eine 89-Jährige im wenige Kilometer entfernten Michelbach an der Bilz ebenfalls in ihrer Erdgeschosswohnung. Die Obduktion bestätigte ein Gewaltverbrechen. Außerdem soll der Verdächtige einen 83-jährigen Mann an dessen Wohnung mit einer Pistole bedroht, niedergeschlagen und ausgeraubt haben. Als der ältere Herr um Hilfe rief, flüchtete der Täter. Auch interessant: Serienmörder Högel – Bringt der neue Prozess alles ans Licht?

Tatort Schwäbisch Hall: Polizeipräsident Reiner Möller (r.) spricht vor der Presse.
Tatort Schwäbisch Hall: Polizeipräsident Reiner Möller (r.) spricht vor der Presse. © dpa | Marijan Murat

Polizeipräsident: Taten waren "brutal und sinnlos"

Wie genau die Frauen zu Tode kamen, verrät Polizeipräsident Möller nicht. Aber: Brutal und sinnlos seien die Taten gewesen. Und: „Die Ermittlungen sind noch nicht beendet.“ Denn womöglich ist der Festgenommene für weitere Verbrechen verantwortlich.

Nur wenige Hundert Meter von der Wohnung der 77-Jährigen entfernt war im Oktober 2020 die Leiche einer 94-Jährigen gefunden worden. Das Opfer war eine wohlhabende Brauereierbin, ihre Tochter hatte den übel zugerichteten leblosen Körper entdeckt, die Penthousewohnung war verwüstet. Die Ermittler hatten die Akte im September 2021 bereits ergebnislos geschlossen. Nun wollen sie prüfen, ob der Serbe etwas damit zu tun hat. Lesen Sie hier: Dreifachmord am Ballermann – Rätsel noch ungelöst

Serienmörder könnte Opfer ausspioniert haben

In Schwäbisch Hall hoffen die Menschen nun, dass die Serie grauenvoller Morde ein Ende hat. „Gegen Abend ist hier nichts mehr los“, sagte Marco Greiner, der in der Wohnsiedlung einen kleinen Lebensmittelmarkt betreibt, gegenüber der „Stuttgarter Zeitung“. Sobald es dunkel wird, sei niemand mehr unterwegs. „Ich habe Angst“, bestätigt die 86-jährige Anwohnerin Herta Keller. Sie wohne bereits seit 60 Jahren in der Siedlung. Mittlerweile schließe sie immer die Tür ab, denn sie wohne alleine im ersten Stock.

Der Bruder (83) der getöteten 89-Jährigen äußert gegenüber „Bild“ den Verdacht, dass der Täter seine Opfer in Supermärkten ausspioniert habe. „Vielleicht half er ihr auch, die Einkäufe aus der Tiefgarage nach oben zu tragen“, mutmaßt er über seine Schwester.

Mutmaßlicher Täter äußert sich nicht zu Vorwürfen

Der verdächtige Serbe lebt nach eigenen Angaben erst seit Dezember in Deutschland. Er sei mit seiner Frau und zwei Kindern eingereist und besitzt weder Visum noch Meldeadresse. Zu den Vorwürfen hat er sich bislang nicht geäußert. Seine Familie befindet sich wieder auf freiem Fuß und hält sich den Ermittlern zufolge weiter in Deutschland auf. Wann der Mann nach Schwäbisch Hall kam, ist unklar. In Zusammenarbeit mit den serbischen Behörden soll geklärt werden, ob der Beschuldigte schon in seinem Heimatland auffällig geworden ist.

Die Ermittler gehen bisher von einem Einzeltäter aus. Viele Fragen – etwa die nach dem Motiv – sind offen. Auf die Polizisten wartet weiterhin viel Aufklärungsarbeit. Die im Dezember gegründete Sonderkommission mit 75 Beamten wird ihre Arbeit trotz der Festnahme fortsetzen – damit die Rentnerinnenmorde restlos aufgeklärt werden und die Menschen in Schwäbisch Hall wieder ruhig schlafen können.