Madrid. Auf La Palma sorgt der Vulkanausbruch seit Wochen für Gefahr. Nun werden die Erdbeben stärker. Das könnte den Lavastrom verschlimmern.

Immer heftigere Erdbeben erschüttern die spanische Urlaubsinsel La Palma, wo vor vier Wochen der Vulkan im Gebirgszug Cumbre Vieja ausbrach. Die Beben signalisieren laut Vulkanforschern, dass immer mehr Magma, also Gesteinsschmelzen, aus dem Erdinneren nach oben drückt. Die Lavaflüsse, die das Vulkangebirge herunterfließen und schon verheerende Zerstörungen verursachten, könnten also noch zunehmen. Keine beruhigenden Aussichten für diese traumhafte und bergige Kanareninsel, die vor allem bei Wandertouristen beliebt ist.

Am Wochenende ließen gleich mehrere Erdstöße mit einer Stärke zwischen 4 und 5 auf der Richterskala die Häuser auf der ganzen Insel wackeln. Die Epizentren lagen stets tief unter der südlichen Hälfte der Insel – also dort, wo die bis zu 2000 Meter hohe Bergkette Cumbre Vieja seit dem 19. September große Mengen an Lava sowie Asche spuckt. Es sind die stärksten Beben, die seit Beginn dieser neuen Vulkankrise auf der Insel registriert wurden.

La Palma: Vulkan-Drama steht wohl erst am Anfang

„Die Beben haben mit einem Prozess der Wiederauffüllung der Magmakammern im Erdinneren zu tun“, sagt Vicente Soler, staatlicher Vulkanologe, der zum wissenschaftlichen Krisenteam auf der Insel gehört. Diese riesigen unterirdische Magmablasen speisen den aus dem Berg fließen Lavastrom und füllen sich, solange der Druck aus der Tiefe nicht nachlässt, immer wieder auf. Wenn jedoch dabei die nach oben drängende flüssige Vulkanmasse auf Hindernisse stoße und diese Barrieren plötzlich brechen, komme es zu Erdstößen, erklärt Soler. Das sei im Prinzip alles ganz normal. Lesen Sie auch: „Gran Cratere“: Droht ein Vulkanausbruch auf Vulcano?

Doch was für die Geologen normal ist, alarmiert die Bevölkerung der Insel, auf der 83.000 Menschen leben und die jedes Jahr Zehntausende Feriengäste anzieht. Zwar wurde bisher niemand durch die Erdstöße und die Lavaflüsse verletzt. Aber die Menschen werden mit jedem neuen Erdstoß daran erinnert, dass dieses Vulkan-Drama vermutlich erst am Anfang steht und dass alles noch schlimmer werden könnte. Niemand glaubt mehr daran, dass sich dieser rauchende Feuerberg, dessen Fauchen kilometerweit zu hören ist, so schnell wieder beruhigen wird.

Ein Haus auf La Palma ist durch einen Lavastrom in Brand geraten.
Ein Haus auf La Palma ist durch einen Lavastrom in Brand geraten. © dpa

Vulkan: Schäden in Höhe von Hunderten Millionen Euro

Schon jetzt, nach einem Monat, hat der Vulkan Schäden in Höhe von Hunderten Millionen Euro verursacht: Laut Copernicus, dem europäischen Satelliten-Beobachtungsprogramm, wurden bereits nahezu 2000 Bauten zerstört: Vor allem Wohnhäuser in den Gemeinden El Paso, Los Llanos de Aridane und Tazacorte. Aber auch viele Bauernbetriebe, die sich auf der Insel meist dem Bananen- und Weinanbau widmen. Am Wochenende verschwand sogar ein Fußballstadion unter dem Lavastrom, der an seiner breitesten Stelle bereits mehr als zwei Kilometer misst und sich ins Tal Richtung Meer bewegt.

Bisher bedeckt die seit einem Monat fließende Lava auf La Palma eine Fläche von rund 7,5 Quadratkilometer. Das entspricht zum Beispiel annähernd der Größe der britischen Kronkolonie Gibraltar oder auch jener der deutschen Nordseeinsel Wangerooge. Dort, wo die flüssigen Vulkanmassen südlich des Ortes Tazacorte ins Meer fließen, formt sich eine neue Halbinsel, die mit knapp 40 Hektar schon fast so groß ist wie der Vatikanstaat.

Bereits mehr als 100 Millionen Kubikmeter an Lava

Der Vulkan gilt auf den Kanarischen Inseln bereits als der zerstörerischste seit mehr als hundert Jahren. Bisher stieß dieser wütende Berg den Schätzungen zufolge bis zu 100 Millionen Kubikmeter an Lava aus. Das ist deutlich mehr als zusammengenommen bei den beiden vergangenen Vulkanausbrüchen, die auf den Kanaren im Jahr 1971 und 1949 registriert wurden. Diese beiden Eruptionen fanden ebenfalls auf La Palma statt, welche die aktivste Vulkaninsel des gesamten kanarischen Archipels ist.

Nicht nur die Lava macht den Insulanern zu schaffen. Auch die Asche, die der Vulkan ausstößt, wird zu einem immer größeren Problem. Am Wochenende lagen weite Teile der Insel wieder unter einer schwarzen Schicht, die vom Himmel geregnet war und sich auf Häuser, Straßen, Autos und die ganze Landschaft legte. Schuld war einer neuer Vulkanschlund, der in den letzten Tagen aufriss und kein Feuer, sondern Riesenmengen an Asche ausspuckte.

Menschen säubern ein Haus von der Asche des Vulkans in Las Manchas auf der Kanareninsel La Palma.
Menschen säubern ein Haus von der Asche des Vulkans in Las Manchas auf der Kanareninsel La Palma. © dpa

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Flugprobleme könnten bald Teneriffa betreffen

Sogar in der rund 20 Kilometer vom Vulkan entfernten Inselhauptstadt Santa Cruz de La Palma kam dieser hässliche schwarze Regen an. Da die Aschepartikel Automotoren, aber auch Flugzeugtriebwerke zum Stottern bringen können, sagten zunächst alle Airlines ihre Flüge von und nach La Palma ab. Viele internationale Gesellschaften fliegen die Insel aus Sicherheitsgründen schon länger nicht mehr an.

Diese Flugprobleme könnten sich bald noch auf Teile der Nachbarinsel Teneriffa ausdehnen. Die spanischen Meteorologen warnten, dass die gigantischen Aschewolken derzeit auf dem Weg nach Nordteneriffa seien, wo der zweitgrößte Airport dieser meistbesuchten Kanareninsel liegt.

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