Berlin. Schauspieler Jonas Nay über seine Rolle als Spion in „Deutschland 89“, friedliche Revolution, falsche Tapete und die Deutsche Einheit.

Der Mauerfall als Serie: Mit „Deutschland 89“ geht die hochgelobte Spionage-Trilogie über die Machenschaften der Geheimdienste zur Zeit der deutschen Teilung in ihre letzte Runde. Die dritte Staffel (ab 25. September, Amazon Prime Video, acht Folgen) startet mit dem Fall der Mauer 1989. Jonas Nay verkörpert den Spion Martin Rauch seit der ersten Staffel „Deutschland 83“.

Herr Nay, jahrelang haben Sie in der „Deutschland“-Serie einen DDR-Spion gespielt, jetzt startet die letzte Staffel. Welche Erfahrungen nehmen Sie mit?

Jonas Nay: Wahnsinnig viele. Ich habe mich lange mit meiner Rolle als Martin Rauch beschäftigt und identifiziert, es war eine prägende Zeit für mich – menschlich, aber auch als Schauspieler. Es ist viel Wehmut dabei, wenn die Serie jetzt endgültig vorbei ist.

Die Serie hat Sie berühmt gemacht. Sind Sie manchmal dankbar, dass Sie wegen der Mund-Nasen-Bedeckung nicht überall gleich erkannt werden?

Nay: Das trifft ehrlich gesagt ziemlich ins Schwarze. Ich lebe ja in Lübeck, da werde ich schon öfter mal erkannt. Das ist oft supernett, weil die Reaktionen meistens positiv sind. Aber so ein bisschen Anonymität im Alltag ist manchmal auch schön (lacht). Deshalb trage ich oft nicht nur in geschlossenen Räumen, sondern auch auf der Straße einen Mundschutz, weil ich dann weniger angestarrt werde. Davon abgesehen bin ich natürlich schon aus Gründen des Infektionsschutzes ein Masken-Befürworter.

Die finale Staffel „Deutschland 89“ dreht sich um den Fall der Mauer. Sie sind 1990 geboren, tut es Ihnen leid, dass Sie diesen emotionalen Höhepunkt der deutschen Geschichte verpasst haben?

Nay: Dieser Moment der Maueröffnung, dieser unglaubliche Triumph einer friedlichen Revolution, wirkt auf mich magisch. Aber ich bin mit meiner Generation ganz selbstverständlich in diesem geeinten Deutschland aufgewachsen und möchte das nicht missen. Für mich war Deutschland immer ein zusammengehöriges Land, und dass ich das nie in Frage gestellt habe, bis ich mich für die Serie intensiver mit der deutsch-deutschen Geschichte befasst habe, ist ein Beleg dafür, wie erfolgreich die Wiedervereinigung war.

Nehmen Sie noch Unterschiede zwischen Ost und West wahr?

Nay: Klar gibt es strukturelle Unterschiede, und wer damals schon berufstätig war, ist durch die verschiedenen Systeme komplett unterschiedlich geprägt. Aber in meiner Generation ist das kein großes Thema mehr, da ist das nicht mehr so identitätsstiftend.

Warum ist es wichtig, sich 30 Jahre nach der Wiedervereinigung mit diesem Kapitel der deutschen Geschichte zu befassen?

Nay: Weil es eine sehr lehrreiche Zeit ist. Wir müssen uns immer wieder vor Augen führen, wie wertvoll es ist, dass wir in Europa so friedlich miteinander leben, dass wir offene Grenzen haben – mal abgesehen von den Einschränkungen durch Corona. Schauen Sie sich doch das weltpolitische Geschehen von heute an. In Amerika werden Mauern gebaut, der Konflikt zwischen Putins Russland und den Ländern des Westens flackert immer wieder neu auf. Wenn man sich die heiße Phase des Kalten Kriegs anschaut, sieht man, wie gefährlich das alles werden kann. Ich hoffe, dass unsere Serie die Leute aus meiner Generation dazu bringt, sich mit dieser Zeit auseinanderzusetzen.

Der Tag der Deutschen Einheit

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    Was muss man beachten, wenn man als Schauspieler jemanden aus den 80er-Jahren spielt?

    Nay: Aspekte wie Kleidung, Mode, Architektur und Stand des technischen Fortschritts spielen für viele Gewerke eine große Rolle, für uns Schauspieler auch die Sprechweise. Das Vokabular muss der Zeit entsprechen. Die Handlung spielt in der jüngeren Vergangenheit, deshalb gibt es noch viele Zeitzeugen, die all das bewusst erlebt haben, was ich selber nicht erlebt habe. Das macht es nicht einfacher. Gerade weil die Serie popkulturell inszeniert ist, melden sich immer wieder Kritiker zu Wort, die sagen: Moment, ich habe diese Zeit komplett anders erlebt. Jemand hat sich mal bei mir beschwert, weil in einer Szene seiner Meinung nach die Tapeten nicht gestimmt haben.

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