Berlin. Um das Klimapaket herrscht kurz vor der Abstimmung im Kabinett helle Aufregung. Dabei gebietet es sich , einen kühlen Kopf zu bewahren.

Es herrsche in der Debatte über das Klimapaket eine sehr große Nervosität, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zur Eröffnung einer sogenannten Klima-Arena am Montag in Baden-Württemberg. Damit hat die Kanzlerin vor allem die Stimmung innerhalb der Regierungsparteien gut beschrieben. Am Mittwoch will das Kabinett über den Gesetzesentwurf abstimmen – Berichte, wonach die Regierung das Klimapaket aufweichen will, kommen da zur Unzeit.

Als wäre die Debatte rund um die Proteste von „Extinction Rebellion“ oder die Grünen-Forderungen zum Tempolimit nicht schon aufgeladen genug, kam nun ein neuer Vorwurf in die Diskussion. Das Kontrollgremium, der sogenannte Klimarat, soll demnach schon vor der Einführung entmachtet und die CO2-Bepreisung nur noch bis 2030 statt bis 2040 definiert werden.

Die Kanzlerin und Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) bemühten sich, die Diskussion einzufangen, von einer Abschwächung könne keine Rede sein. Doch der Verdacht steht im Raum. Umweltverbände laufen Sturm, Grüne und Linke wettern.

Klimapaket: Einen kühlen Kopf bewahren

Am entspanntesten wirken in all der Hysterie noch die Klimaprotestler von „Extinction Rebellion“ (übersetzt: „Rebellion gegen das Aussterben“). Die Aktivisten haben den Autofahrern Kekse gebacken. Dabei gebietet es sich in all der Aufregung, einen kühlen Kopf zu bewahren.

Denn was ist wirklich passiert? Die Menge der CO2-Reduktion bis 2030 steht nach wie vor im Klimapaket. Natürlich hätte der Fahrplan bis 2050 in den Entwurf gehört, wenn die Pariser Ziele eingehalten werden sollen. Aber wichtig ist zunächst, dass das Paket greift – und zwar ab dem kommenden Jahr.

Tobias Kisling kommentiert die Klimaschutzmaßnahmen.
Tobias Kisling kommentiert die Klimaschutzmaßnahmen. © Anja Bleyl | Anja Bleyl

Den Klimarat zu beschneiden klingt wie Hohn. Andererseits darf die Wirkung solcher Gremien nicht überbewertet werden. Der Nationale Normenkontrollrat prangert seit Jahren Deutschlands Versagen in der Digitalisierung an – trotzdem passiert wenig.

Auch bei der Verbotshysterie, die um die Grünen entstanden ist, lohnt es sich, einmal kurz durchzuatmen. Denn was die Grünen derzeit machen, ist etwas, wovon Deutschland in den vergangenen Jahren zu wenig hatte – eine harte und provokante Oppositionsarbeit mit strikten Gegenpositionen.

Maßnahmen sind mutlos oder nicht definiert

Letztlich hat die Bundesregierung die Aufregung selbst zu verantworten. Denn in vielen Bereichen sind die Maßnahmen mutlos oder schlicht nicht definiert. Zum Beispiel beim Ausbau von Radwegen. Der kommt im Gesetzesentwurf gar nicht vor. Einerseits soll niemand mehr Auto fahren, andererseits tummeln sich Radler mit neuen Mobilitätsformen wie E-Scooter-Fahrern auf zu engen Radwegen, für deren Förderung in diesem Jahr seitens des Wirtschaftsministeriums lächerliche 160 Millionen Euro bereitstanden.

Autofahren wird ab dem kommenden Jahr ebenfalls teurer, die Pendlerpauschale steigt. Rechte Tasche, linke Tasche. Natürlich wäre es gut, wenn mehr Arbeitnehmer den öffentlichen Nahverkehr nutzen würden. Nur müsste der dann auch funktional sein. Das ist nicht einmal in jeder Metropole derzeit der Fall, von ländlichen Gebieten ganz zu schweigen.

Oder aber beim Wohnen. Der Gebäudesektor ist ein wahrer Umweltverpester. Nur wer soll die Modernisierungen insbesondere in den Metropolregionen bezahlen? Die angekündigte steuerliche Förderung wird wohl kaum einen Mieter zufriedenstellen, der jetzt schon über 15 Euro auf den Quadratmeter zahlt und bald eine weitere Modernisierung mitmachen darf.

Mehr als gute Ansätze hat das Klimapaket nicht zu bieten. Deshalb hat sich die Regierung die derzeitige Hysterie selbst eingebrockt.