Berlin. Am Freitag will Chinas Staatschef einen Vorstoß zur Beendigung des Ukraine-Kriegs machen. Wladimir Putin hat nichts zu befürchten.

Berlin Sahra Wagenknecht und Alice Schwarzer dürften derzeit mit glänzenden Augen Richtung Peking schauen. Die Initiatorinnen des „Manifests für den Frieden“ wollen, dass die westlichen Waffenlieferungen an die Ukraine aufhören und endlich Verhandlungen für ein Ende des Krieges beginnen. Chinas Staatschef Xi Jinping fordert genau das. An diesem Freitag, dem Jahrestag des Ukraine-Krieges, wird er eine „Friedensinitiative“ vorlegen.

Doch Wagenknecht und Schwarzer sollten nicht zu überschwänglich auf diplomatische Schützenhilfe aus Fernost hoffen. Xi ist nicht der ehrliche Makler, der einen Ausgleich zwischen den beiden Kriegsparteien sucht. Der starke Mann aus Peking verfolgt eine prorussische Linie – er ergreift Partei. Das belegt nicht nur der überaus freundliche Empfang des obersten chinesischen Außenpolitikers Wang Yi durch Kremlchef Wladimir Putin am Mittwoch in Moskau.

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Putin sagt klipp und klar, dass Russland für seine „historischen Gebiete“ kämpfe

Die Volksrepublik ruft dazu auf, dass die Ukraine und Russland miteinander reden. Das hieße jedoch, dass Kiew Zugeständnisse machen und wohl zumindest auf Teile des Landes verzichten müsste. Putin aber sagt klipp und klar, dass Russland in der Ukraine für seine „historischen Gebiete“ kämpfe. Ein unwiderlegbarer Beweis: Seine Rechtfertigung, der Westen habe den Krieg angefangen, ist blanke Spiegelfechterei.

Michael Backfisch, Politikkorrespondent
Michael Backfisch, Politikkorrespondent © Reto Klar | Reto Klar

Darüber hinaus hat Xi mit seiner „Friedensinitiative“ eigene Interessen im Sinn, die aber für Putin von Vorteil sind. China will sich nach der wirtschaftlichen Isolierung infolge der knallharten Lockdown-Perioden auf der internationalen Bühne zurückmelden. „Schaut her, die aufstrebende Supermacht ist wieder da“, lautet die Botschaft.

China hat Russlands Aggression nie verurteilt

Zudem sollen die Länder des „globalen Südens“ gelockt werden. Peking will kriegsskeptische Schlüsselstaaten wie Brasilien oder Indien auf seine Seite ziehen. Das Timing hat jedoch noch einen anderen Hintergrund: Xis Initiative soll einer in der Generalversammlung der Vereinten Nationen geplanten Abstimmung den Wind aus den Segeln nehmen. Die UN-Resolution hat zum Ziel, die territoriale Integrität der Ukraine wieder herzustellen. Je mehr Länder sich von der chinesischen „Friedensinitiative“ einlullen lassen, desto geringer die Unterstützung für das UN-Papier. Das wiederum nutzt Russland. Deshalb ist Xis Vorstoß eine Nebelkerze.

Fakten zählen mehr als Worte. China hat Russlands Aggression nie verurteilt. Es hat bei allen UN-Resolutionen, die die Invasion kritisiert haben, mit „Nein“ oder „Enthaltung“ gestimmt. Der russisch-chinesische Handel brummt. Die Supermacht aus Fernost profitiert von billigem Öl und Gas sowie billiger Kohle.

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China liefert angeblich Geräte, die zivil wie auch militärisch eingesetzt werden können

Die Entsendung von Waffen an Russland wird sich Peking verkneifen, weil es damit Sanktionen riskieren würde, die der eigenen Wirtschaft schaden. Nach US-Berichten liefert China jedoch Halbleiter, Schiffsausrüstung und Geräte, die sowohl zivil als auch militärisch eingesetzt werden können – sogenannte Dual-Use-Produkte.

Anker der chinesisch-russischen Beziehungen ist jedoch die „felsenfeste Freundschaft“, die Xi und Putin Anfang Februar in Peking beschworen hatten. Das danach abgeschlossene Abkommen über „grenzenlose Partnerschaft“ dürfte bei Xis Moskau-Besuch im Frühjahr ausgebaut werden. Peking sieht sich wie Moskau in der Konfrontation mit dem Westen, dem beide politische, militärische und wirtschaftliche Hegemonie vorwerfen. Deshalb, an die Adresse von Wagenknecht, Schwarzer & Co.: Nicht jede „Friedensinitiative“ ist zum Nennwert zu nehmen. Sich Frieden zu wünschen, heißt noch lange nicht, Frieden zu bekommen.