Berlin. Scholz hat seine Sommer-Pressekonferenz gegeben – und nicht immer Klartext geredet. Wir haben ihn übersetzt: das Kanzler-Wörterbuch.

Kurz vor seinem Urlaub hat sich Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) den Fragen der Hauptstadtpresse gestellt. Es ging um die AfD, den Zustand der Ampel-Koalition und seinen letzten Schwimmbadbesuch. Scholz antwortete geduldig, aber nicht immer eindeutig. Wir haben die Kernaussagen destilliert – und erklären, was der Kanzler wirklich meinte.

Scholz: „Dass da so laut diskutiert worden ist, gefällt weder mir noch irgendwem sonst“

Es ist nicht der Stil des Kanzlers, seine Koalitionspartner öffentlich zusammenzustauchen. Mit diesem Satz hat Scholz aber deutlich gemacht, dass ihm der öffentliche Streit in der Ampel-Koalition um das Heizungsgesetz überhaupt nicht gefallen hat. Alle hätten begriffen, dass es darum gehe, „weniger laut“ zu sein und Ergebnisse zu liefern, betonte er. Die Koalitionäre gehen also mit einem Tadel vom Chef in die Sommerpause: In der zweiten Hälfte der Legislaturperiode erwartet Scholz ein anderes Auftreten.

„Deswegen werbe ich sehr dafür, dass man auch mal fünfe gerade sein lässt“

Scholz ist froh, dass sich die Ampel-Koalitionspartner SPD, Grüne und FDP kurz vor Ende der parlamentarischen Sommerpause auf das Heizungsgesetz geeinigt haben. Deswegen findet er es auch nicht schlimm, dass die Regelungen zum Einbau klimafreundlicherer Heizungen weniger streng sind als ursprünglich geplant – zum Entsetzen von Klimaschützern.

Mit seinem Satz will der Kanzler aber auch sagen: Wer mit dem Kopf durch die Wand will, nimmt große Teile der Bevölkerung nicht mit. Wer Klimapolitik mache, „muss sich zutrauen, dass jede einzelne gesetzliche Regelung in einer Volksabstimmung eine Mehrheit fände“, beschrieb Scholz die Herausforderung. Damit dürften die Grünen sich angesprochen fühlen.

„Nö“: Scholz will das Kanzleramt nicht verlassen

So antwortete Scholz knapp auf die Aussage einer Journalistin, dass mit dem Ende der Legislaturperiode in gut zwei Jahren möglicherweise auch die Zeit von Olaf Scholz im Kanzleramt ende. „Ich stehe am Anfang meiner Tätigkeit als Bundeskanzler“, fügte Scholz hinzu. Seine Botschaft: Trotz der Schwierigkeiten im Ampel-Bündnis setzt Scholz weiterhin auf seine Wiederwahl.

Scholz: „Ich unterstütze den Nato-Beitritt der Ukraine“

Das tut Scholz natürlich nicht – der Kanzler leistete sich einen Versprecher (gemeint war Schweden). Auf dem Nato-Gipfel zu Beginn der Woche hatte das Bündnis gerade erst deutlich gemacht, dass die Ukraine inmitten des Kriegs gegen Russland kein Mitglied der Allianz werden kann. Scholz versprach dem Land aber weitere Hilfe, gerechnet ab Kriegsbeginn solle die Ukraine bis zum Jahr 2027 insgesamt bis zu 17 Milliarden Euro für Waffenlieferungen unterstützt werden. „Als Mensch, als Bürger, als Deutscher, als Europäer wünsche ich mir, dass die Ukraine Erfolg hat“, so Scholz.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) verlässt die Bundespressekonferenz.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) verlässt die Bundespressekonferenz. © AFP | Adam Berry

„Wir brauchen Gelassenheit im Hinblick auf das Miteinander“, findet Scholz

Gefragt nach der Stimmung im Land und den hohen Umfragewerten der AfD besonders im Osten des Landes, zeigte sich Scholz betont entspannt. Er warb dafür, gesellschaftliche Konflikte weniger verbissen auszutragen. Gegen die Zustimmung zur AfD helfe außerdem eine Politik, die den Menschen die Angst vor der Zukunft nehme. Der Kanzler glaubt, dass er diese Politik liefern kann: „Ich bin ganz zuversichtlich, dass die AfD bei der nächsten Bundestagswahl nicht viel anders abschneiden wird als bei der letzten.“

„Mir ist ganz wichtig, dass wir uns an dem orientieren, was wir uns in den Koalitionsvertrag geschrieben haben“

Mit dem Satz bezog sich Scholz auf Forderungen von seiner SPD, das Ehegattensplitting abzuschaffen. Die FDP ist dagegen – und die von SPD-Chef Lars Klingbeil erneut in die Diskussion geworfene Dauerforderung der Sozialdemokraten steht nicht im Koalitionsvertrag. Also: Hier wird sich nichts ändern.

Scholz: „Wer sowas macht verhält sich nicht so, wie unsere Regeln sind“

Scholz neigt in der Regel nicht zu harten Ansagen, wenn es um gesellschaftliche Konflikte geht. Gefragt nach Gewaltausbrüchen in deutschen Freibädern fand er aber noch wesentlich deutlichere Worte: „Es ist völlig richtig, wenn daraus die Konsequenz gezogen wird, jetzt auch Polizei einzusetzen“, sagte Scholz. Chaos und Gewalt in Freibädern dürfe nicht „achselzuckend“ hingenommen werden.

Ein Hinweis darauf, dass der Kanzler die Lage in deutschen Schwimmbädern als ernstes Problem sieht. Bei der Gelegenheit wurde Scholz auch nach seinem letzten Freibad-Besuch gefragt: „Im Freibad schwimmen war ich zuletzt in Rahlstedt-Großlohe“, erinnerte sich Scholz an seinen Hamburger Heimatstadtteil. „Das ist also über 40 Jahre her.“

„Wir sind bei dem Haushalt wieder auf der richtigen Umlaufbahn“: Scholz will und muss sparen

Nach den Milliardenausgaben der vergangenen Jahre in der Corona-Pandemie und wegen der Auswirkungen des Ukraine-Kriegs will Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) wieder die Schuldenbremse im Bundeshaushalt einhalten. Das gefällt bei Grünen und SPD nicht allen. Mehrere Ministerien würden gerne viel mehr Geld im Etat haben. Scholz hat vor den finalen Haushaltsberatungen im Bundestag noch einmal klargestellt, dass die Zeit des großen Geldausgebens vorbei ist.

„Ich freue mich darauf, dass ich in Urlaub fahre“, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in der Bundespressekonferenz.
„Ich freue mich darauf, dass ich in Urlaub fahre“, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in der Bundespressekonferenz. © epd | Christian Ditsch

„Es sind alle Varianten, in denen ich ihnen begegne, ich“

Der Satz ist nicht die Antwort auf „Wer bin ich – und wenn ja, wie viele?“. Der als ruhig und beherrscht (manche Kritiker sagen: langweilig) geltende Kanzler antwortete damit auf eine Frage nach einem Auftritt im brandenburgischen Falkensee, als er heftig und lautstark auf Demonstranten reagierte, die den Kanzler wegen seiner Haltung zu Russland und zum Ukraine-Konflikt als „Kriegstreiber“ beschimpft hatten. Eine Möglichkeit bei solchen Pöbeleien sei „sofort zurückzulangen“, sagte Scholz. „Und das habe ich gemacht.“ Die Botschaft des Kanzlers: Ich kann auch anders, wenn ich will.

„Es ist nicht so, dass, wenn es jetzt nicht möglich wäre, ich das nicht hinkriegte“

Das antwortete Scholz auf die Frage, wie urlaubsreif er eigentlich sei, der Kanzler sagte aber auch: „Ich freue mich darauf, dass ich in Urlaub fahre.“ Zwischen den Zeilen ließ sich erkennen, dass auch Scholz etwas Erholung gebrauchen kann nach den vergangenen Wochen und Monaten. Wohin Scholz und seine Frau Britta Ernst ab Mitte der kommenden Woche fahren, hat die Regierung bisher nicht mitgeteilt. Regierungssprecher Steffen Hebestreit verriet lediglich, dass die beiden sich „im befreundeten europäischen Ausland“ aufhalten wollen.

„Wer seinen Klingelton auf ‘Jingle Bells’ eingestellt hat, der isses“

Trotz all der Krisen in der Koalition und dem Rest der Welt nimmt Scholz es mit Humor, wenn seine Ausführungen durch eine Panne gestört werden. Gerade als der Kanzler auf eine Frage unserer Redaktion nach der Höhe des Mindestlohns antwortete, störte ein Klingelton die Pressekonferenz. Die Melodie kam offenbar vom Handy eines Fotografen, der den Saal daraufhin verließ. Scholz nahm es mit Humor, brachte lachend den „Jingle Bells“-Spruch und fügte hinzu: „Ich glaube, das ist jetzt kein Cyber-Angriff.“