Berlin. Er enthüllte einst den Watergate-Skandal mit und ist die vergangenen Jahrzehnte stets ein genauer Beobachter der Politik in seinem Land geblieben. Nun befürchtet der US-Journalist Bob Woodward schwerste Verwerfungen bei der anstehenden Präsidentenwahl.

Der US-Investigativjournalist und Autor Bob Woodward (77) will schwerwiegende Konsequenzen im Fall einer Wahlniederlage von Präsident Donald Trump nicht ausschließen.

"Er verhält sich verdächtig. Hier kann das Undenkbare geschehen", sagte Woodward in einem Interview des Magazins "Spiegel" (Donnerstag).

"Es gehört eigentlich zu den Pflichten des Präsidenten, die friedliche Machtübergabe sicherzustellen und die Integrität des Wahlprozesses zu gewährleisten. Trump dagegen hat das grundlegendste Recht, das die Amerikaner haben, das Wahlrecht, schon jetzt mit Füßen getreten und gesagt: "Wir werden nicht wissen, wer gewählt worden ist. Es droht bei der Wahl ein beispielloses Ausmaß von Chaos und Desorganisation.""

Trumps demokratischer Herausforderer Joe Biden liegt weniger als zwei Wochen vor der Wahl am 3. November in landesweiten Umfragen zwar in Führung, aber Woodward schließt auch einen Wahlsieg Trumps nicht aus. "Nun, es ist durchaus möglich, dass er gewinnt. Eine Reihe von Leuten glaubt, es sei unmöglich. Ich traue den Umfragen nicht."

Den Wahlsieg Trumps vor vier Jahren erklärt Woodward so: "Ich glaube, dass 2016 auch in den Vereinigten Staaten die alte Ordnung gestorben ist. Beide großen Parteien, Republikaner wie Demokraten, haben es versäumt, den Moment zu erkennen. Sie haben die Befindlichkeiten in der Bevölkerung nicht wahrgenommen. Trump hingegen hat sie auf erstaunliche Art und Weise verstanden. Intuitiv, nicht intellektuell."

Woodward hält Trump auch wegen dessen Umgang mit der Corona-Pandemie für nicht präsidiabel. "Ich glaube inzwischen, er versteht schlicht nicht, dass es seine Verantwortung ist, die Menschen zu schützen. Er begreift auch nicht, dass er die Verantwortung hat, die Wahrheit zu sagen. Und er versteht seine moralische Verantwortung nicht, die Pflichten eines Präsidenten gewissenhaft zu erfüllen."

In den USA haben sich nach Angaben der Johns Hopkins Universität rund 8,34 Millionen Menschen mit dem Corona-Virus infiziert. Mehr als 222.000 Menschen sind in Verbindung mit Corona gestorben.

Der 77 Jahre alte Woodward hat für sein neues Buch "Rage" (Wut) nach eigenen Angaben allein in diesem Jahr neun Stunden lang mit Trump geredet. Er genießt seit den Enthüllungen im Watergate-Skandal den Status einer Reporterlegende. Der Skandal endete 1974 mit dem Rücktritt von Präsident Richard Nixon.

© dpa-infocom, dpa:201022-99-36628/3