Brüssel/London. Die EU und Großbritannien haben sich für den Brexit auf einen Scheidungsvertrag geeinigt. Wir sagen, was auf den 600 Seiten steht.

Die Europäische Union und Großbritannien haben sich auf einen Fahrplan für den Brexit („Britain’s Exit) geeignet. Mit der Einigung gibt es auch ein neues Vertragswerk. Das unterscheidet sich zwar nur in wenigen aber entscheidenden Punkten von den bisherigen Vereinbarungen.

Der knapp 600 Seiten lange Scheidungsvertrag klärt zahlreiche Streitfragen – die Millionen von Bürgern in der EU betreffen wird. Wir erklären, was der Vertrag regelt, wenn er denn vom britischen Parlament und dem EU-Parlament gebilligt wird.

Was bedeutet der Brexit-Vertrag für Bürger und Unternehmen?

Zentral ist die vereinbarte Übergangsphase: Nach dem Austritt soll sich bis mindestens Ende 2020 an den äußeren Bedingen erstmal nichts ändern. Großbritannien bleibt im EU-Binnenmarkt und in der Europäischen Zollunion, alle EU-Regeln gelten weiter, es gibt keine Zollkontrollen oder Einfuhrbeschränkungen.

Da Großbritannien nach dem Austritt offiziell Drittstaat ist, darf es in Brüssel nicht mehr mitbestimmen. Neue EU-Regeln muss es trotzdem akzeptieren. In der Übergangsphase soll die dauerhafte Beziehung zwischen EU und Großbritannien geklärt werden. Die Frist kann laut Vertrag einmal verlängert werden.

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    Kostet die Brexit-Einigung den Steuerzahler mehr Geld?

    Großbritannien sagt im Vertrag zu, für finanzielle Pflichten aus der Zeit seiner EU-Mitgliedschaft einzustehen. Dies betrifft die Entscheidung von 2013 über den gemeinsamen EU-Haushalt bis Ende 2020: London zahlt also bis dahin weiter Beiträge. Es geht aber auch um langfristige Lasten, etwa den britischen Anteil an Pensionszahlungen für EU-Beamte. Die Summe steht nicht im Vertrag, sondern nur „eine faire Berechnungsmethode“. Geschätzt geht es um etwa 45 Milliarden Euro. Käme der Vertrag nicht zustande, müssten EU-Steuerzahler einspringen.

    Was wird aus britischen Bürgern in der EU?

    Der Vertrag sichert zu, dass die mehr als drei Millionen EU-Bürger in Großbritannien und eine Million Briten auf dem Festland auch nach der Übergangsphase so weiterleben können wie bisher. Das betrifft unter anderem ihr Recht auf Aufenthalt, Erwerbstätigkeit, Familiennachzug, auf Ansprüche an die Sozialkassen und auf Anerkennung beruflicher Qualifikationen.

    Das Aufenthaltsrecht bleibt wie gehabt: Wer sich selbst finanzieren kann, darf bis zu fünf Jahre bleiben und danach ein dauerhaftes Bleiberecht beanspruchen. Die Rechte erlöschen nicht, wenn man zum Ende der Übergangsphase gerade nicht am Wohnort ist.

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    Was bedeutet der Brexit nach aktuellem Stand für Iren und Nordiren?

    Die Grenze zwischen dem EU-Staat Irland und dem britischen Nordirland soll offen bleiben, es soll also keine Schlagbäume oder Kontrollen eingeführt werden. Nach der Vereinbarung vom Donnerstag sollen dafür in Nordirland EU-Warenstandards weiter gelten. Zollkontrollen sollen mit eine neuen, komplexen Zollpartnerschaft vermieden werden.

    Was haben Warenproduzenten durch den Brexit zu befürchten?

    Waren mit einer Produktzulassung dürfen auch nach Ende der Übergangsphase verkauft werden, ohne dass sie ein besonderes Label brauchen. Das gilt zum Beispiel für Spielsachen, Kleidung und Kosmetik, aber auch für Medikamente und Medizinprodukte. Ausgenommen sind lebende Tiere und Tierprodukte. Markenrechte sollen auf beiden Seiten unangetastet bleiben.

    Und was hat der Brexit mit Bayerischen Bier zu tun?

    Wie Parmaschinken, Champagner oder Fetakäse soll auch bayerisches Bier nach der Übergangsphase in Großbritannien seinen nach EU-Recht besonderen Status als geschützte Ursprungsbezeichnung behalten. Das betrifft mehr als 3000 Produkte, die als regionale Besonderheit vermarket werden und dafür bestimmte Bedingungen erfüllen müssen. Walisisches Lamm und andere geschützte britische Produkte behalten ihren Schutz in der EU.

    Können sich Kriminelle durch den Brexit in die EU retten?

    Wer zum Ende der Übergangsphase per britischem Haftbefehl gesucht und in der EU geschnappt wird, sollte sich nicht zu sicher fühlen. Der Austrittsvertrag sorgt vor, dass solche Verdächtige gegenseitig ausgeliefert werden.

    (dpa/ac)