Berlin. Schon die ersten Tage verraten viel über den politischen Stil der Favoriten im Rennen um die AKK-Nachfolge.

In der Krise erkennt man Nervenstärke. Daher sind die Chaos-Tage in der CDU für potenzielle Wähler auch ein interessantes Lehrstück. Es verrät viel über die Qualitäten der politischen Führer von morgen. Wer schafft es, sich zu positionieren, ohne illoyal zu sein? Wer punktet mit Inhalten und wer macht nur seine Person zum Programm? Wer teilt aus auf Kosten anderer und wer hat selbstlos das große Ganze im Blick?

Dieser Neufindungsprozess in der CDU steht jetzt ganz am Anfang. Aber bei allen drei potenziellen Bewerbern um das Amt des Parteivorsitzenden zeichnen sich Strategien ab, die aufschlussreicher sind als manches Kapitel im Parteiprogramm.

Friedrich Merz, der Ex-Fraktionschef, hat sich als Erstes bewegt. Seine Bewerbung liegt – inoffiziell – auf dem Tisch. Er hat der CDU die Zeit fürs große Nachdenken genommen und die Herausforderer gewaltig unter Druck gesetzt. Sein letzter großer Wahlkampf in eigener Sache hat bereits begonnen.

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Friedrich Merz hat die CDU-Basis hinter sich

Der Ex-Fraktionschef genießt die Aufmerksamkeit des Publikums und spielt mit dem Machtanspruch. Ein Schritt nach vorne, ein Schritt zurück. Hier starke Worte, dort ganz der Staatsmann. Seine Strategie ist jetzt schon klar zu erkennen: Merz baut auf die große Popularität, die er bei der Basis hat. Würde man die CDU-Wähler befragen – Merz hätte den Parteivorsitz jetzt schon gewonnen.

Aber das Bad in der Menge ist für Merz nicht ohne Risiko. Auch der gewandte Rhetoriker kann sich schnell um Kopf und Kragen reden. Herrenwitze – wie über die weiblichen Namen von Sturmtiefs – können dabei schnell danebengehen. Es war auch nicht klug, die AfD als „Gesindel“ zu bezeichnen. Inflationärer Gebrauch von Herabwürdigungen kann für den Absender schnell nach hinten losgehen. Mitgliederentscheid? Erst nein, dann vielleicht – diese Wankelmütigkeit irritiert.

Friedrich Merz hat nur in der öffentlichen Wahrnehmung die Nase vorn. Viel schwerer wird es für ihn, die Amtsträger der Partei zu überzeugen. Hier stößt er auf viel mehr Widerstand als seine potenziellen Mitbewerber Jens Spahn und Armin Laschet. Aber nur wenn er auch eine Mehrheit der Parteigranden hinter sich bringt, hat er die Chance, Parteichef und Kanzler zu werden.

Unter ihnen befindet sich der Nachfolger von Annegret Kramp-Karrenbauer an der Spitze der CDU: Jens Spahn, Armin Laschet, Friedrich Merz (von links).
Unter ihnen befindet sich der Nachfolger von Annegret Kramp-Karrenbauer an der Spitze der CDU: Jens Spahn, Armin Laschet, Friedrich Merz (von links). © dpa | Federico Gambarini

Jens Spahn kann mit Inhalten punkten

Der Gesundheitsminister hat es leichter. Er hat immer „hier“ gerufen, wenn es um mehr Verantwortung ging. Die Partei kennt diesen Anspruch und geht damit schon seit Jahren um. Enge Weggefährten kennen Spahns Philosophie: Wenn du mehr Macht willst, musst du versuchen, sie dir zu nehmen. Wer darauf wartet, dass die Macht zu ihm kommt, hat schon verloren.

Spahn nimmt man den Ehrgeiz nicht mehr übel. Er kann jetzt mit Inhalten punkten. Das Feld der Gesundheitspolitik ist dafür hervorragend geeignet. Wer Leistungen verbessert, kann auf Dank und Anerkennung beim Bürger hoffen.

Am kompliziertesten ist die Lage für Armin Laschet. Er war so klug, sich bislang nicht in die Karten schauen zu lassen. Er muss auf Zeit setzen, wenn er nach der Macht greifen will. Vieles gibt es vorher zu regeln. Merz und Spahn haben nicht viel zu verlieren. Aber bei einem Sprung Laschets von Düsseldorf nach Berlin steht mehr auf dem Spiel als nur sein persönliches politisches Schicksal. Geht der Schritt daneben, verliert die CDU im schlimmsten Fall die Macht an Rhein und Ruhr. Dieser Preis wäre für die CDU in schwierigen Zeiten zu hoch.

Bleiben noch die Kanzlerin und die scheidende Parteivorsitzende. Beide sind auf Abruf und wollen gleichzeitig den Prozess der Erneuerung steuern. Erst ganz zum Schluss soll das Ruder übergeben werden. Es ist ein Rätsel, wie dieser Regieplan gelingen soll.