Berlin. Ein Bundeswehrgeneral soll vor Soldaten offen gegen die AfD gesprochen haben. Jetzt mischt sich auch das Ministerium in den Fall ein.

Die AfD fordert eine Suspendierung eines führenden Generals, der sich vor Soldaten kritisch über die Partei geäußert haben soll. Sie verweist dabei auf das Soldatengesetz. Das Verteidigungsministerium wird nun tätig und untersucht, ob der kommandierende General des Bundeswehr-Zentrums Innere Führung vor der AfD gewarnt und damit gegen das Soldatengesetz verstoßen hat.

Die AfD zerreißt die Bundeswehr. Der AfD-Wehrpolitiker Rüdiger Lucassen hat in einem Brief, der unserer Redaktion vorliegt, Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) aufgefordert, den Kommandeur des Zentrums Innere Führung, Generalmajor Reinhardt Zudrop, zu suspendieren.

„Der Vorgang wird untersucht, um die geschilderten Vorwürfe aufzuklären. Natürlich werden dazu auch Angehörige der Dienststelle befragt“, erklärte der Sprecher. Aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes könnten grundsätzlich keine öffentlichen Auskünfte über die Existenz oder Nichtexistenz von Disziplinarverfahren gegen einzelne Personen erfolgen.

Bundeswehr-General sorgt mit AfD-Aussagen für Wirbel

Das Zentrum Innere Führung in Koblenz soll den Soldaten die „Unternehmensphilosophie“ der Bundeswehr vermitteln. Dabei geht es auch um die Rolle des Militärs in Staat und Gesellschaft und das Leitbild des „Staatsbürger in Uniform“.

Die „Welt“ berichtete am Dienstag, Zudrop habe seinen Mitarbeitern am 19. August selbst mitgeteilt, der Rechtsberater von Generalinspekteur Eberhard Zorn habe Ermittlungen aufgenommen und befrage die Teilnehmer der Veranstaltung vom 24. Juni als Zeugen.

Was ist eigentlich passiert? Am 24. Juni habe er das Stammpersonal und alle Lehrgangsteilnehmer in Koblenz antreten lassen und „vor versammelter Mannschaft“ erklärt, dass die AfD keine „von Soldaten wählbare Partei“ sei, da es in ihren Reihen Rechtsex­tremisten gebe.

Den Anstoß gab womöglich der CDU-Politiker Friedrich Merz. Am Vortag hatte Merz in einem Interview erklärt, dass viele Soldaten und Polizisten der AfD nahestünden und die CDU Gefahr laufe, Teile der Bundeswehr an die Rechtspopulisten zu verlieren.

Streit um AfD-Aussagen von Bundeswehr-General: Der Brief im Wortlaut

Die Rede von General Zudrop führte prompt zu einer Beschwerde (liegt unserer Redaktion vor) beim Wehrbeauftragten. Daraufhin fühlte sich auch Lucassen auf den Plan gerufen und schrieb der Ministerin, „ein General, der seine Kommandogewalt zum Zwecke der parteipolitischen Auseinandersetzung missbraucht, ist als militärischer Vorgesetzter in jedem Fall fehl am Platze“.

Hier gibt es den Brief von Rüdiger Lucassen im Wortlaut:

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Trifft der Sachverhalt zu, hat sich der General womöglich zu weit aus der Deckung gewagt. In Paragraf 15 Soldatengesetz heißt es nämlich, „im Dienst darf sich der Soldat nicht zu Gunsten oder zu Ungunsten einer bestimmten politischen Richtung betätigen“.

Seit Wochen streiten die Militärs über ihre Haltung zur AfD. Auslöser der Kontroverse war der frühere Kommandeur des Zentrums Luftoperationen der Luftwaffe in Kalkar, Generalleutnant a. D. Joachim Wundrak, der sich als AfD-Kandidat für das Amt des Oberbürgermeisters in Hannover bewirbt.

Opposition kritisiert neue Verteidigungsministerin

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    Daraufhin warf ihm Brigadegeneral a. D. Klaus Wittmann in einem offenen Brief Geschichtsvergessenheit vor: „Haben Sie sich denn wirklich vor Augen gehalten, mit wem Sie jetzt verbündet sind? (...) Die Fülle unsäglicher Äußerungen zur deutschen Geschichte, zur Gedenkkultur, zu Fremden, zur völlig tendenziös dargestellten Kriminalstatistik und zu vielen anderen Themen?“ Wundrak – der ranghöchste Offizier, der für die AfD antritt – hielt seine Mitgliedschaft aus Angst vor „Repressalien“ monatelang geheim. Er „outete“ sich erst nach seinem Ausscheiden im September 2018.

    AfD-Politiker Uwe Junge, Oberstleutnant a.D., forderte zuletzt einen „Aufstand der Generäle“ gegen Annegret Kramp-Karrenbauer. Kritiker werteten die Aussagen Junges als Aufruf zum Putsch.