Berlin. Donald Trump hat die Corona-Pandemie durch Ignoranz befeuert und tut es immer noch. Der Wahlkampf dürfte dadurch umso brutaler werden.

  • Selbst mehr als 60.000 Corona-Neuinfektionen pro Tag in den USA wischt US-Präsident Donald Trump vom Tisch
  • Dahinter steckt politisches Kalkül, denn Corona könnte für Trump wohl zum größten Widersacher bei der US-Wahl in diesem Jahr werden
  • Was der US-Präsident verkennt: Er macht damit alles schlimmer. Ein Kommentar über den „ersten US-Präsident des postfaktischen Zeitalters“

Egal, wie groß sich die Corona-Misere in den USA auswächst: Sie prallt an Präsident Donald Trump ab. Auch die neuesten Horrorzahlen von mehr als 60.000 Neuinfektionen an einem Tag wischt er vom Tisch. „Alles halb so wild“, behauptet er. In zwei bis vier Wochen habe sich die Pandemie erledigt. Doch dies ist eine taktische Optimismus-Pille.

Trump will das Corona-Thema vor der Präsidentenwahl am 3. November von seiner Person fernhalten. Ein schwieriges Manöver, denn er hat die Seuche in desaströser Weise verharmlost, viel zu spät den Lockdown verhängt und viel zu früh wieder geöffnet.

Donald Trump will vom Corona-Chaos ablenken

Der Präsident will von seinen Versäumnissen ablenken und sucht deshalb Sündenböcke. Sein Propaganda-Feldzug gegen China – auf einem Fischmarkt in Wuhan trat das Virus erstmals auf – ist eine große Show für die eigene Klientel. Auch hinter der Anklage der Weltgesundheitsorganisation (WHO) steckt politisches Illusionstheater. Lesen Sie hier: Donald Trump wollte offenbar Puerto Rico verkaufen.

Zwar ist die Frage durchaus berechtigt, ob China und die WHO andere Länder früh genug über Corona informiert haben. Aber das Ausmaß der Gesundheitskatastrophe im eigenen Land hat sich Trump mit seinem Reflex der Leugnung und der Schönfärberei selbst zuzuschreiben.

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    Emotionen sind Trump wichtiger als Vernunft und Wahrheit

    Der Chef des Weißen Hauses operiert nicht mit Tatsachen. Emotionen und vor allem Ressentiments sind ihm wichtiger als Vernunft und Wahrheit – und sei es nur die Annäherung an dieselbe. Er ist der erste US-Präsident des postfaktischen Zeitalters. Trump polarisiert und gießt Öl ins Feuer. Selbst am amerikanischen Nationalfeiertag predigte er nicht Versöhnung, sondern Spaltung. Er blies zum Kulturkampf gegen die Anti-Rassismus-Demonstranten, die er als „wütenden Mob“ beschimpfte.

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      Politik-Korrespondent Michael Backfisch kommentiert das Krisenmanagement von US-Präsident Donald Trump in der Corona-Pandemie.
      Politik-Korrespondent Michael Backfisch kommentiert das Krisenmanagement von US-Präsident Donald Trump in der Corona-Pandemie. © Reto Klar | Reto Klar

      Trumps Rhetorik wird umso schärfer, je mehr er mit dem Rücken zur Wand steht. Auch die wirtschaftliche Talfahrt infolge des Corona-Missmanagements wird für ihn zur schweren Hypothek. Der Internationale Währungsfonds rechnet für 2020 in den USA mit einem Wachstumseinbruch von minus acht Prozent. Die Arbeitslosenrate schnellte von einem historischen Tiefststand auf zweistellige Werte hoch.

      Der Ausblick sei „außergewöhnlich ungewiss“, prognostizierte der Chef der US-Notenbank, Jerome Powell. Der Präsident blendet die Realität aus, gemäß dem Motto: „Es kann nicht sein, was nicht sein darf.“ Trump fürchtet, dass ihm bis zur Wahl die Felle davonschwimmen. Vor Corona waren die soliden Wachstumszahlen, die Börsenfeuerwerke und der stabile Jobmarkt sein großes Pfund. Diese Bilanz wurde ihm verhagelt. Deshalb forciert er das Tempo, will die Unternehmen auf Normalität trimmen und Schulen nach den Sommerferien wieder öffnen. Lesen Sie hier: Donald Trump diskreditiert offenbar Corona-Experten Fauci.

      Im Zuge seines chaotischen Corona-Kurses gingen Trumps Umfragewerte in den Keller. Nach Angaben der Webseite realclearpolitics.com, die den Durchschnitt von verschiedenen Erhebungen ermittelt, liegt der Präsident landesweit rund neun Prozentpunkte hinter seinem demokratischen Herausforderer Joe Biden.

      • Neues Enthüllungsbuch: Donald Trump: So rechnet seine Nichte mit ihm ab

      Die USA stehen vor dem brutalsten Wahlkampf ihrer Geschichte

      Das spielt allerdings keine Rolle. Die US-Wahlen werden in wenigen Bundesstaaten, den Swing States, entschieden, die immer wieder zwischen den Lagern wechseln. Bedenklich für Trump: Selbst in Staaten wie Michigan, Wisconsin oder Pennsylvania, die er 2016 noch ganz knapp gewonnen hat, führt sein Konkurrenz Biden nun mit mehr als sechs Prozentpunkten.

      Donald Trump- Schräge Fotomomente

      In seinem ersten Jahr als US-Präsident hat Donald Trump mit vielen Konventionen gebrochen – und mit seinem Verhalten für viel Aufsehen gesorgt. Das ging gleich gut los am Tag seiner Vereidigung: Als die Trumps am 20. Januar 2017 am Weißen Haus ankommen, um mit den Obamas vor der Zeremonie Tee zu trinken, lässt der künftige Präsident seine Frau Melania einfach stehen und geht schon mal die Stufen hinauf.
      In seinem ersten Jahr als US-Präsident hat Donald Trump mit vielen Konventionen gebrochen – und mit seinem Verhalten für viel Aufsehen gesorgt. Das ging gleich gut los am Tag seiner Vereidigung: Als die Trumps am 20. Januar 2017 am Weißen Haus ankommen, um mit den Obamas vor der Zeremonie Tee zu trinken, lässt der künftige Präsident seine Frau Melania einfach stehen und geht schon mal die Stufen hinauf. © REUTERS | Jonathan Ernst
      Eine der letzten Amtshandlungen des noch amtierenden Präsidenten Barack Obama und der scheidenden First Lady Michelle: der nächsten First Lady Melania das Gefühl geben, willkommen zu sein. Das Bild, das dabei entstand, sprach für viele Betrachter Bände.
      Eine der letzten Amtshandlungen des noch amtierenden Präsidenten Barack Obama und der scheidenden First Lady Michelle: der nächsten First Lady Melania das Gefühl geben, willkommen zu sein. Das Bild, das dabei entstand, sprach für viele Betrachter Bände. © REUTERS | REUTERS / JONATHAN ERNST
      War da was? Beim ersten Staatsbesuch von Bundeskanzlerin Angela Merkel beim neuen US-Präsidenten am 17. März 2017 ist auf Videos vom Fototermin im Oval Office deutlich zu hören, wie die deutsche Regierungschefin Trump fragt, ob er fürs Foto Hände schütteln wolle. Tump schien Merkel zu ignorieren, dieses Bild sorgte für viel Aufsehen, nicht nur in Deutschland. Trump erklärte später, er habe Merkels Frage nicht gehört. Dass er ihr nicht die Hand geben wollte, war tatsächlich eine Überinterpretation vieler Medien – die beiden hatten sich an dem Tag bereits mehrmals Hände geschüttelt.
      War da was? Beim ersten Staatsbesuch von Bundeskanzlerin Angela Merkel beim neuen US-Präsidenten am 17. März 2017 ist auf Videos vom Fototermin im Oval Office deutlich zu hören, wie die deutsche Regierungschefin Trump fragt, ob er fürs Foto Hände schütteln wolle. Tump schien Merkel zu ignorieren, dieses Bild sorgte für viel Aufsehen, nicht nur in Deutschland. Trump erklärte später, er habe Merkels Frage nicht gehört. Dass er ihr nicht die Hand geben wollte, war tatsächlich eine Überinterpretation vieler Medien – die beiden hatten sich an dem Tag bereits mehrmals Hände geschüttelt. © REUTERS | REUTERS / JONATHAN ERNST
      In den ersten Monaten seiner Präsidentschaft machte Donald Trumps eigenwillige Art, Hände zu schütteln, viele Schlagzeilen. Dass es noch eigenwilliger geht, bewiesen die Teilnehmer des Asean-Gipfels im philippinischen Manila dem US-Präsidenten. Sie haben den ganz besonderen Asean-Handshake. Und der stellte Trump zunächst vor mittelgroße Probleme.
      In den ersten Monaten seiner Präsidentschaft machte Donald Trumps eigenwillige Art, Hände zu schütteln, viele Schlagzeilen. Dass es noch eigenwilliger geht, bewiesen die Teilnehmer des Asean-Gipfels im philippinischen Manila dem US-Präsidenten. Sie haben den ganz besonderen Asean-Handshake. Und der stellte Trump zunächst vor mittelgroße Probleme. © REUTERS | Jonathan Ernst
      Schließlich hatte es aber auch Trump verstanden.
      Schließlich hatte es aber auch Trump verstanden. © REUTERS | REUTERS / JONATHAN ERNST
      Für viel Spott nicht nur in den sozialen Medien sorgte ein Bild, dass bei Donald Trumps erster Auslandsreise als US-Präsident im saudi-arabischen Riad entstand: Bei der Eröffnungszeremonie für das „Globale Zentrum für den Kampf gegen extremistische Ideologie“ legten Trump (in Begleitung von First Lady Melania), der saudische König Salman bin Abdulaziz al-Saud (2.v.l.) und Ägyptens Präsident Abdel Fattah al-Sisi (l.) ihre Hände auf eine leuchtende Kugel. Das Bild könne sehr gut als Beleg für Verschwörungstheorien herhalten, witzelten viele Twitterer.
      Für viel Spott nicht nur in den sozialen Medien sorgte ein Bild, dass bei Donald Trumps erster Auslandsreise als US-Präsident im saudi-arabischen Riad entstand: Bei der Eröffnungszeremonie für das „Globale Zentrum für den Kampf gegen extremistische Ideologie“ legten Trump (in Begleitung von First Lady Melania), der saudische König Salman bin Abdulaziz al-Saud (2.v.l.) und Ägyptens Präsident Abdel Fattah al-Sisi (l.) ihre Hände auf eine leuchtende Kugel. Das Bild könne sehr gut als Beleg für Verschwörungstheorien herhalten, witzelten viele Twitterer. © picture alliance / abaca | dpa Picture-Alliance / AA/ABACA
      Gar nicht lustig fanden viele das, was Trump am 23. Mai 2017 nach seinem Besuch in der Jerusalemer Holocaust-Gedenkstätte Jad Vaschem im Gästebuch hinterließ.
      Gar nicht lustig fanden viele das, was Trump am 23. Mai 2017 nach seinem Besuch in der Jerusalemer Holocaust-Gedenkstätte Jad Vaschem im Gästebuch hinterließ. © REUTERS | Jonathan Ernst
      „Es ist eine große Ehre, mit all meinen Freunden hier zu sein – so fantastisch + werde es nie vergessen“, schrieb Trump, nachdem er mit Gattin Melania einen Kranz niedergelegt hatte. Viele hielten die Wortwahl Trumps dieses Ortes und Anlasses für völlig unangemessen.
      „Es ist eine große Ehre, mit all meinen Freunden hier zu sein – so fantastisch + werde es nie vergessen“, schrieb Trump, nachdem er mit Gattin Melania einen Kranz niedergelegt hatte. Viele hielten die Wortwahl Trumps dieses Ortes und Anlasses für völlig unangemessen. © REUTERS | POOL New
      Unangemessen ist auch eine treffende Beschreibung für Donald Trumps Aussage im Angesicht der französischen Première Dame Brigitte Macron:„Sie sind wirklich gut in Form“, sagte der 71-Jährige, als er im Juli 2017 zum ersten Mal die 64-jährige Frau des damals 39 Jahre alten französischen Präsidenten Emmanuel Macron (r., mit Melania Trump, 47) traf. Weite Teile der politisch interessierten Menschheit erlebten ein schweren Fall von Fremdscham.
      Unangemessen ist auch eine treffende Beschreibung für Donald Trumps Aussage im Angesicht der französischen Première Dame Brigitte Macron:„Sie sind wirklich gut in Form“, sagte der 71-Jährige, als er im Juli 2017 zum ersten Mal die 64-jährige Frau des damals 39 Jahre alten französischen Präsidenten Emmanuel Macron (r., mit Melania Trump, 47) traf. Weite Teile der politisch interessierten Menschheit erlebten ein schweren Fall von Fremdscham. © REUTERS | POOL New
      Unglaube und Spott waren verbreitete Reaktionen, als Präsident Trump am 21. August 2017 ohne Schutzbrille in die Sonne blickte, um die Sonnenfinsternis über den USA zu beobachten. First Lady Melania hatte auf die unzähligen Warnungen gehört und sah sich das Himmelsphänomen mit Schutzbrille an.
      Unglaube und Spott waren verbreitete Reaktionen, als Präsident Trump am 21. August 2017 ohne Schutzbrille in die Sonne blickte, um die Sonnenfinsternis über den USA zu beobachten. First Lady Melania hatte auf die unzähligen Warnungen gehört und sah sich das Himmelsphänomen mit Schutzbrille an. © picture alliance / abaca | dpa Picture-Alliance / Sachs Ron/CNP/ABACA
      Er ist kein eleganter Mann, soviel ist klar. Schon mehrfach haben Bilder wie dieses das Netz erfreut: Twitterer machen sich mit großem Vergnügen über die ungeschickte Haltung des Präsidenten beim Trinken lustig.
      Er ist kein eleganter Mann, soviel ist klar. Schon mehrfach haben Bilder wie dieses das Netz erfreut: Twitterer machen sich mit großem Vergnügen über die ungeschickte Haltung des Präsidenten beim Trinken lustig. © REUTERS | REUTERS / KEVIN LAMARQUE
      Kein bisschen witzig fanden die meisten Trumps Auftritt in Puerto Ricos Hauptstadt San Juan, nachdem Hurrikan Maria das Außengebiet der USA verwüstet hatte. Der US-Präsident traf auf Bewohner und warf Küchenrollen in die Menge, als wären es Basketbälle.
      Kein bisschen witzig fanden die meisten Trumps Auftritt in Puerto Ricos Hauptstadt San Juan, nachdem Hurrikan Maria das Außengebiet der USA verwüstet hatte. Der US-Präsident traf auf Bewohner und warf Küchenrollen in die Menge, als wären es Basketbälle. © REUTERS | REUTERS / JONATHAN ERNST
      Der US-Präsident verabschiedete sich von Menschen in dem in weiten Teilen zerstörten Gebiet mit „have a good time“ – „schöne Zeit euch noch“.
      Der US-Präsident verabschiedete sich von Menschen in dem in weiten Teilen zerstörten Gebiet mit „have a good time“ – „schöne Zeit euch noch“. © REUTERS | REUTERS / JONATHAN ERNST
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      Für den Präsidenten kommt dies einer politischen Kriegserklärung gleich. Amerika steht vor dem brutalsten Wahlkampf seiner Geschichte. Biden, China, vielleicht auch Deutschland dürfen sich noch auf die eine oder andere Breitseite von Trump gefasst machen.