Kerpen. Der Kerpener Bürgermeister Dieter Spürck verzichtet auf eine erneute Kandidatur. Grund ist eine Nachricht, die er im Briefkasten fand.

Schrammen am Auto, Beschimpfungen an der Rathaustür, platte Reifen – all diese Schikanen hatte Dieter Spürck, Bürgermeister der Stadt Kerpen in Nordrhein-Westfalen, über sich ergehen lassen. „Berufsrisiko“, nennt der CDU-Politiker das. Doch nun ist eine rote Linie überschritten worden.

In seinem Briefkasten fand er die Nachricht, dass seine „Kinder es zu spüren“ bekämen, wenn er sich nicht „intensiver für den Hambacher Wald einsetzen“ würde, sagt der 53-Jährige im Interview mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ und der „Kölnischen Rundschau“.

Auch Gegner der Flüchtlingspolitik hätten versucht, ihn einzuschüchtern. Wenn einem Kind in Kerpen etwas geschehe, dann werde das seinen Kindern „ebenfalls so gehen“, sei er gewarnt worden.

Kerpener Bürgermeister beklagt „Verrohung in der Gesellschaft“

„Soweit mich das selbst betrifft, halte ich das für ein tragbares Berufsrisiko, aber nicht für meine Frau und meine Kinder“, sagt Spürck. Er zieht die Reißleine – und verzichtet auf eine erneute Kandidatur als Bürgermeister.

„Es gab Ankündigungen, mir die Mafia auf den Hals zu hetzen oder sich bei mir zu Hause einzuquartieren. Einmal ist mir ein Auto langsam gefolgt, als ich zu Fuß von einem Termin wegging“, so der Kommunalpolitiker. Er sehe eine „zunehmende Verrohung in der ganzen Gesellschaft“.

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Übergriffe auf Politiker immer häufiger

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Morddrohungen gegen Lokalpolitiker – AKK fordert mehr Schutz

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(cho)