Berlin. Trendumkehr: In den ersten Monaten 2019 haben sich mehr Menschen um Asyl in der EU beworben. Grund dafür ist eine Besonderheit.

Der Trend kehrt sich um: Die Zahl der Asylbewerber in der EU steigt in diesem Jahr wieder deutlich an. Von Januar bis einschließlich April haben rund 206.500 Menschen erstmals einen Asylantrag in der Europäischen Union gestellt, 15 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Grund dafür ist eine Besonderheit. Denn anders als noch in den vergangen Jahren reisen die meisten Menschen visafrei in die Europäische Union ein und nutzen so legale Wege.

Das geht nach Informationen unserer Redaktion aus neuen Zahlen der EU hervor, die auf Basis von monatlichen Frühwarn-Meldungen der Mitgliedstaaten erstellt wurden.

Damit dürfte sich nach einem mehrjährigen Rückgang der Asylbewerber-Zahlen in diesem Jahr der Trend umkehren; 2018 war die Zahl der Asylbewerber in der EU noch um elf Prozent zurückgegangen.

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      Asylbewerber aus Venezuela brauchen kein Visum

      Ein Grund für die Entwicklung: Immer mehr Asylbewerber reisen über reguläre Wege und visafrei in die Union ein, vor allem aus Lateinamerika und den Westbalkan-Staaten. In diesem Jahr bis Ende April stammte schon gut jeder vierte Asylantrag von Staatsangehörigen eines Landes, dessen Bürger ohne Visum in die EU-Schengenzone einreisen dürfen – 2018 war der Anteil bereits auf ein Fünftel gestiegen.

      Aus Venezuela flüchten viele Menschen.
      Aus Venezuela flüchten viele Menschen. © Getty Images | GUILLERMO LEGARIA

      So erhöhte sich in den ersten vier Monaten 2019 die Zahl der visafrei eingereisten Asylbewerber aus dem krisengeschüttelten Venezuela im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 121 Prozent auf 14.257, die aus Kolumbien um 156 Prozent auf 8.097.

      Die wachsende Not der Venezolaner

      Allein am Sonntag sollen 35.000 Venezolaner über die Simon-Bolivar-Brücke ins benachbarte Kolumbien gekommen sein, um sich mit Lebensmitteln, Medikamenten und Hygieneartikeln einzudecken.
      Allein am Sonntag sollen 35.000 Venezolaner über die Simon-Bolivar-Brücke ins benachbarte Kolumbien gekommen sein, um sich mit Lebensmitteln, Medikamenten und Hygieneartikeln einzudecken. © dpa | Gabriel Barrero
      Eine Frau in der wartenden Menge hält eine venezolanische Flagge hoch.
      Eine Frau in der wartenden Menge hält eine venezolanische Flagge hoch. © REUTERS | CARLOS EDUARDO RAMIREZ
      Bis zu 100.000 Venezolaner sind nach Angaben des kolumbianischen Außenministeriums allein am Wochenende über die Grenze gekommen.
      Bis zu 100.000 Venezolaner sind nach Angaben des kolumbianischen Außenministeriums allein am Wochenende über die Grenze gekommen. © dpa | Gabriel Barrero
      Die Grenze zwischen dem kolumbianischen Cúcuta und dem venezolanischen San Antonio de Tachira ist nur zeitweilig geöffnet.
      Die Grenze zwischen dem kolumbianischen Cúcuta und dem venezolanischen San Antonio de Tachira ist nur zeitweilig geöffnet. © dpa | Gabriel Barrero
      Venezuela hatte die gemeinsamen Grenzen im August 2015 geschlossen, um Schmuggel zu verhindern.
      Venezuela hatte die gemeinsamen Grenzen im August 2015 geschlossen, um Schmuggel zu verhindern. © REUTERS | CARLOS EDUARDO RAMIREZ
      Nun decken sich die Venezolaner mit Hamsterkäufen ein und tragen ihre Sachen Säckeweise über die Grenze.
      Nun decken sich die Venezolaner mit Hamsterkäufen ein und tragen ihre Sachen Säckeweise über die Grenze. © REUTERS | CARLOS EDUARDO RAMIREZ
      In Venezuela fehlt es derzeit an allem, nicht nur an Lebensmitteln und Medikamenten.
      In Venezuela fehlt es derzeit an allem, nicht nur an Lebensmitteln und Medikamenten. © REUTERS | © Carlos Garcia Rawlins / Reute
      Das ölreiche Venezuela leidet unter anderem wegen des Ölpreisverfalls unter einer schweren Wirtschafts- und Finanzkrise.
      Das ölreiche Venezuela leidet unter anderem wegen des Ölpreisverfalls unter einer schweren Wirtschafts- und Finanzkrise. © REUTERS | CARLOS EDUARDO RAMIREZ
      Die Wirtschaft ist 2015 um sieben Prozent geschrumpft, die Inflation liegt im dreistelligen Bereich.
      Die Wirtschaft ist 2015 um sieben Prozent geschrumpft, die Inflation liegt im dreistelligen Bereich. © REUTERS | CARLOS EDUARDO RAMIREZ
      Angesichts der angespannten Versorgungslage müssen alle mit anpacken.
      Angesichts der angespannten Versorgungslage müssen alle mit anpacken. © REUTERS | CARLOS EDUARDO RAMIREZ
      Vor allem die arme Bevölkerung leidet unter den Versorgungsengpässen.
      Vor allem die arme Bevölkerung leidet unter den Versorgungsengpässen. © REUTERS | CARLOS EDUARDO RAMIREZ
      Eine Familie zeigt die Grundnahrungsmittel, die sie im Zuge eines neuen Versorgungsprogramms der sozialistischen Regierung ergattern konnte.
      Eine Familie zeigt die Grundnahrungsmittel, die sie im Zuge eines neuen Versorgungsprogramms der sozialistischen Regierung ergattern konnte. © REUTERS | CARLOS JASSO
      Vor den Geschäften in Venezuela selbst bilden sich inzwischen lange Schlangen, die von Soldaten kontrolliert werden.
      Vor den Geschäften in Venezuela selbst bilden sich inzwischen lange Schlangen, die von Soldaten kontrolliert werden. © REUTERS | CARLOS GARCIA RAWLINS
      Lebensmittel und andere Dinge des täglichen Bedarfs sind schon seit mehr als zwei Jahren rationiert.
      Lebensmittel und andere Dinge des täglichen Bedarfs sind schon seit mehr als zwei Jahren rationiert. © REUTERS | CARLOS GARCIA RAWLINS
      Die Wut auf die Regierung von Präsident Nicolás Maduro wächst.
      Die Wut auf die Regierung von Präsident Nicolás Maduro wächst. © REUTERS | CARLOS GARCIA RAWLINS
      Venezuelas sozialistischer Präsident Nicolás Maduro (r.) im Gespräch mit seinem Verteidigungsminister Vladimir Padrino Lopez. Maduro steht wegen der Nahrungsmittelkrise stark unter Druck. Die Opposition will ihn per Referendum absetzen.
      Venezuelas sozialistischer Präsident Nicolás Maduro (r.) im Gespräch mit seinem Verteidigungsminister Vladimir Padrino Lopez. Maduro steht wegen der Nahrungsmittelkrise stark unter Druck. Die Opposition will ihn per Referendum absetzen. © REUTERS | CARLOS GARCIA RAWLINS
      Ein Mosaik zeigt den früheren venezolanischen Präsidenten Hugo Chávez. Der Vorgänger von Nicolás Maduro regierte das Land von 1999 bis zu seinem Tod 2013.
      Ein Mosaik zeigt den früheren venezolanischen Präsidenten Hugo Chávez. Der Vorgänger von Nicolás Maduro regierte das Land von 1999 bis zu seinem Tod 2013. © REUTERS | ENRIQUE DE LA OSA
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      Nach der Öffnung der Grenze nach Kolumbien waren zuletzt Tausende Venezolaner nach Kolumbien geströmt. Auf der Brücke Simón Bolívar nahe der kolumbianischen Grenzstadt Cúcuta bildeten sich am Samstag lange Schlangen, wie der

      Fernsehsender RCN berichtete. Die Menschen wollten in dem Nachbarland Lebensmittel und Medikamente einkaufen.

      Grenzöffnungen in Venezuela

      Nach fast vier Monaten hatte Venezuelas Präsident Nicolás Maduro am Freitag angekündigt, die Grenze nach Kolumbien wieder zu öffnen. Im Streit um humanitäre Hilfe für das krisengebeutelte Land hatte Maduro im Februar die Grenzen zu den Nachbarländern dichtgemacht. Die Opposition um den selbst ernannten Interimspräsidenten Juan Guaidó hatte damals versucht, Hilfsgüter über die Grenze nach Venezuela zu schaffen.

      Maduro sah darin einen Vorwand für eine militärische Intervention in dem südamerikanischen Land. Vor einem Monat hatte die venezolanische Regierung bereits die Grenzen zu Brasilien und der niederländischen Karibikinsel Aruba wieder geöffnet. Venezuela steckt in einer tiefen politischen und wirtschaftlichen Krise. Aus Mangel an Devisen können kaum noch Lebensmittel und Medikamente importiert werden. Über das Rote Kreuz gelangen mittlerweile aber einige Hilfslieferungen ins Land.

      Mehr Flüchtlinge nach Europa - Das Wichtigste in Kürze:

      • In diesem Jahr haben wieder mehr Flüchtlinge einen Antrag auf Asyl in der EU gestellt
      • Viele Asylbewerber kommen aus Staaten, deren Bürger kein Visum brauchen
      • Vor allem weit vorne: Venezuela und Kolumbien
      • Viele Menschen kommen legal visafrei nach Europa

      Venezuela droht im Chaos zu versinken

      Hunderttausende Menschen gehen in Venezuela wieder auf die Straße, um ihrer Wut Luft zu machen. Sie richtet sich gegen den Präsidenten Nicolás Maduro.
      Hunderttausende Menschen gehen in Venezuela wieder auf die Straße, um ihrer Wut Luft zu machen. Sie richtet sich gegen den Präsidenten Nicolás Maduro. © REUTERS | CHRISTIAN VERON
      Das Land ist in die schlimmste Versorgungskrise seiner Geschichte geraten: Leere Supermärkte sind der Normalfall. Antibiotika, Diabetes- und Epilepsiemedikamente gibt es fast nirgendwo mehr.
      Das Land ist in die schlimmste Versorgungskrise seiner Geschichte geraten: Leere Supermärkte sind der Normalfall. Antibiotika, Diabetes- und Epilepsiemedikamente gibt es fast nirgendwo mehr. © dpa | Fernando Llano
      Maduro warf der Opposition vor, für die Eskalation verantwortlich zu sein. Neuwahlen lehnt er ab – trotz Massenprotesten. „Sie wissen nicht, was wir in der Lage sind zu tun“, betonte der 54-Jährige in einer TV-Sendung.
      Maduro warf der Opposition vor, für die Eskalation verantwortlich zu sein. Neuwahlen lehnt er ab – trotz Massenprotesten. „Sie wissen nicht, was wir in der Lage sind zu tun“, betonte der 54-Jährige in einer TV-Sendung. © dpa | Ariana Cubillos
      Eine Frau, die mit der Nationalflagge Venezuelas auf einer Autobahnauffahrt sitzt, setzt einen Schrei der Verzweiflung ab. Viele Demonstranten wollen so lange auf die Straße gehen, bis Maduro einlenkt. Viele befürchten weiteres Blutvergießen.
      Eine Frau, die mit der Nationalflagge Venezuelas auf einer Autobahnauffahrt sitzt, setzt einen Schrei der Verzweiflung ab. Viele Demonstranten wollen so lange auf die Straße gehen, bis Maduro einlenkt. Viele befürchten weiteres Blutvergießen. © dpa | Ariana Cubillos
      Seit Ausbruch der Proteste Anfang April starben bisher 24 Menschen.
      Seit Ausbruch der Proteste Anfang April starben bisher 24 Menschen. © REUTERS | MARCO BELLO
      In der Hauptstadt Caracas verlief eine Massenkundgebung am Montag  (Ortszeit) friedlicher als bisherige Märsche. Die Opposition fordert freie Wahlen, die Freilassung von politischen Gefangenen, eine Achtung des von ihr dominierten Parlaments und eine bessere Versorgung der Menschen mit Lebensmitteln und Medizin.
      In der Hauptstadt Caracas verlief eine Massenkundgebung am Montag (Ortszeit) friedlicher als bisherige Märsche. Die Opposition fordert freie Wahlen, die Freilassung von politischen Gefangenen, eine Achtung des von ihr dominierten Parlaments und eine bessere Versorgung der Menschen mit Lebensmitteln und Medizin. © REUTERS | MARCO BELLO
      2014 war es zu einer vergleichbaren Protestwelle gegen Maduro gekommen, damals starben 43 Menschen, aber über einen Zeitraum von fünf Monaten.
      2014 war es zu einer vergleichbaren Protestwelle gegen Maduro gekommen, damals starben 43 Menschen, aber über einen Zeitraum von fünf Monaten. © REUTERS | MARCO BELLO
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      Venezuela droht im Chaos zu versinken

      Hunderttausende Menschen gehen in Venezuela wieder auf die Straße, um ihrer Wut Luft zu machen. Sie richtet sich gegen den Präsidenten Nicolás Maduro.
      Hunderttausende Menschen gehen in Venezuela wieder auf die Straße, um ihrer Wut Luft zu machen. Sie richtet sich gegen den Präsidenten Nicolás Maduro. © REUTERS | CHRISTIAN VERON
      Das Land ist in die schlimmste Versorgungskrise seiner Geschichte geraten: Leere Supermärkte sind der Normalfall. Antibiotika, Diabetes- und Epilepsiemedikamente gibt es fast nirgendwo mehr.
      Das Land ist in die schlimmste Versorgungskrise seiner Geschichte geraten: Leere Supermärkte sind der Normalfall. Antibiotika, Diabetes- und Epilepsiemedikamente gibt es fast nirgendwo mehr. © dpa | Fernando Llano
      Maduro warf der Opposition vor, für die Eskalation verantwortlich zu sein. Neuwahlen lehnt er ab – trotz Massenprotesten. „Sie wissen nicht, was wir in der Lage sind zu tun“, betonte der 54-Jährige in einer TV-Sendung.
      Maduro warf der Opposition vor, für die Eskalation verantwortlich zu sein. Neuwahlen lehnt er ab – trotz Massenprotesten. „Sie wissen nicht, was wir in der Lage sind zu tun“, betonte der 54-Jährige in einer TV-Sendung. © dpa | Ariana Cubillos
      Eine Frau, die mit der Nationalflagge Venezuelas auf einer Autobahnauffahrt sitzt, setzt einen Schrei der Verzweiflung ab. Viele Demonstranten wollen so lange auf die Straße gehen, bis Maduro einlenkt. Viele befürchten weiteres Blutvergießen.
      Eine Frau, die mit der Nationalflagge Venezuelas auf einer Autobahnauffahrt sitzt, setzt einen Schrei der Verzweiflung ab. Viele Demonstranten wollen so lange auf die Straße gehen, bis Maduro einlenkt. Viele befürchten weiteres Blutvergießen. © dpa | Ariana Cubillos
      Seit Ausbruch der Proteste Anfang April starben bisher 24 Menschen.
      Seit Ausbruch der Proteste Anfang April starben bisher 24 Menschen. © REUTERS | MARCO BELLO
      In der Hauptstadt Caracas verlief eine Massenkundgebung am Montag  (Ortszeit) friedlicher als bisherige Märsche. Die Opposition fordert freie Wahlen, die Freilassung von politischen Gefangenen, eine Achtung des von ihr dominierten Parlaments und eine bessere Versorgung der Menschen mit Lebensmitteln und Medizin.
      In der Hauptstadt Caracas verlief eine Massenkundgebung am Montag (Ortszeit) friedlicher als bisherige Märsche. Die Opposition fordert freie Wahlen, die Freilassung von politischen Gefangenen, eine Achtung des von ihr dominierten Parlaments und eine bessere Versorgung der Menschen mit Lebensmitteln und Medizin. © REUTERS | MARCO BELLO
      2014 war es zu einer vergleichbaren Protestwelle gegen Maduro gekommen, damals starben 43 Menschen, aber über einen Zeitraum von fünf Monaten.
      2014 war es zu einer vergleichbaren Protestwelle gegen Maduro gekommen, damals starben 43 Menschen, aber über einen Zeitraum von fünf Monaten. © REUTERS | MARCO BELLO
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      Venezuela ist inzwischen nach Syrien (20.392 erstmalige Asylanträge, ein Minus von 8 Prozent) das Hauptherkunftsland von Asylbewerbern in der Europäischen Union. Auf Platz drei liegt Afghanistan: Nach den neuen Daten stellten 14.042 Afghanen erstmals einen Asylantrag, 36 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum.

      In einem Interview erklärte der EU-Flüchtlingskommissar Avramopolous: „Wir müssen weiter Leben retten.“

      (ck/fmg)