Berlin. Der Bundestag hat am Donnerstag die Preisbremsen für Gas, Wärme und Strom beschlossen. Womit müssen Privathaushalte jetzt rechnen?

  • Der Bundestag hat die Preisbremsen für Energie beschlossen
  • Preise für Gas, Fernwärme, Strom, Pellets und andere Energieträger werden damit gedeckelt
  • Was für Haushalte und Unternehmen gilt, erfahren Sie hier

Nach den Maßstäben des Politikbetriebs hat die Bundesregierung einen Sprint hingelegt, um die Preisbremsen für Strom und Wärme noch vor Jahresende über die Ziellinie zu bringen. Am Donnerstag hat der Bundestag die Entlastungen nun beschlossen, am Freitag soll der Bundesrat folgen. Was dann gelten soll – ein Überblick.

Wer wird jetzt entlastet?

Pauschal werden Stromkunden entlastet sowie Verbraucher, die mit Gas oder Fernwärme heizen. Der Preis für Erdgas wird auf 12 Cent pro Kilowattstunde (kWh) gedeckelt, der für Fernwärme auf 9,5 Cent. Strom darf maximal 40 Cent pro kWh kosten. Diese Grenzwerte gelten für 80 Prozent des üblichen Monatsverbrauchs von Privathaushalten und kleineren Firmen. Für jeden darüber hinausgehenden Verbrauch müssen die Kunden die hohen Marktpreise zahlen, die deutlich über dem Deckel liegen. Damit soll ein Sparanreiz erhalten bleiben.

Greifen sollen die Bremsen ab März 2023, für Januar und Februar sind rückwirkende Entlastungen geplant. Im parlamentarischen Verfahren kam außerdem eine konkrete Härtefallregelung für Kunden mit sogenannten nicht leitungsgebundenen Brennstoffen dazu – also zum Beispiel Öl und Pellets.

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Wie funktioniert die Entlastung für Öl- und Pelletkunden?

Lange war darum gestritten worden, wie Menschen entlastet werden sollen, die mit Heizöl, Pellets oder Flüssiggas heizen, denn auch diese Brennstoffe sind 2022 erheblich teuer geworden. Jetzt ist klar, dass der Bund aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds 1,8 Milliarden Euro für einen Härtefalltopf zur Verfügung stellen will.

Der greift dabei erst, wenn sich die Kosten der Brennstoffbeschaffung im Vergleich zum Vorjahr mindestens verdoppelt haben. In diesem Fall will der Staat 80 Prozent der Mehrkosten über die Verdoppelung hinaus übernehmen. Voraussetzung ist, dass der Entlastungsbetrag mindestens bei 100 Euro liegt, maximal sollen 2000 Euro gezahlt werden. Wie das Geld dann zu den Betroffenen kommt, liegt in der Verantwortung der Länder. Ein Plan, die Auszahlung flächendeckend über die Jobcenter zu regeln, ist damit vom Tisch.

Sind die Preisbremsen gerecht?

Vertreter von SPD, Grünen und FDP zeigten sich mit den gefundenen Lösungen zufrieden. Doch an der Verteilung der Entlastungen entzündet sich weiter Kritik. "Für mittlere und hohe Einkommen sind die Energiebremsen eine gute Nachricht", sagte Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands, dieser Redaktion. Aber für ärmere Haushalte sehe er große Probleme.

"Die Hilfen greifen erst ab März, wenn der Schnee schon fast geschmolzen ist", erklärte Schneider, "Deckelungen von 70 beziehungsweise 80 Prozent sind außerdem fernab jeder Realität." Ärmere Menschen könnten kaum Energie sparen. Wer etwa einen alten stromintensiven Kühlschrank habe oder in einem schlecht isolierten Haus wohnen müsse, werde trotzdem ei­ne dicke Rechnung haben und schlimmstenfalls mitten im Winter eine Strom- oder Gassperre fürchten müssen.

Was gilt für Unternehmen?

Auch die sollen entlastet werden. Für die Industrie gilt ab Januar eine Gaspreisbremse, 70 Prozent des Verbrauchs sollen auf 7 Cent pro Kilowattstunde gedeckelt werden. Kleine und mittlere Betriebe werden nach demselben Muster entlastet wie private Verbraucher. Zudem hatten sich Bund und Länder in der vergangenen Woche darauf geeinigt, dass es für energieintensive Unternehmen kleiner und mittlerer Größe auch eine Härtefallregelung geben soll, umgesetzt durch die Länder.

Beim Bundesverband Mittelstand begrüßt man diese Entscheidung als "überfällig", doch es gibt Zweifel an der Umsetzung. "Die Unternehmen haben in diesem Jahr zu viele Entlastungs-Bruchlandungen erlebt, um auf eine reibungslose Umsetzung der Beschlüsse zu vertrauen", sagte Markus Jerger, Vorsitzender des Verbands, dieser Redaktion.

Das Energiekostendämpfungsprogramm etwa, Vorgänger der jetzigen Entlastungen, habe nur einen Bruchteil der betroffenen Unternehmen abgedeckt, das bürokratische Antragsverfahren für einen schleichenden Abruf der Mittel gesorgt. "Wichtig ist deshalb, dass die Mittel nun schnell zur Verfügung gestellt und die Antragsverfahren so unbürokratisch wie möglich konzipiert werden."

Die Flamme eines Gasherdes brennt in einer Küche.
Die Flamme eines Gasherdes brennt in einer Küche. © Frank Rumpenhorst/dpa

Was hat der Bundestag noch geändert an den Preisbremsen?

Neben den Neuerungen für Öl- und Pelletkunden haben sich die drei Ampel-Fraktionen auf darauf verständigt, unter welchen Bedingungen Unternehmen, die Bremsen profitieren, Boni und Dividenden auszahlen können. Firmen, die mehr als 25 Millionen Euro Unterstützung bekommen, sollen demnach bisher vereinbarte Höhen von Boni oder Dividenden nicht mehr steigern dürfen. Wer mehr als 50 Millionen Euro Hilfe in Anspruch nimmt, darf sie gar nicht auszahlen.

Wer bezahlt das alles?

Die Gaspreisbremse wird etwa 56 Milliarden Euro kosten, heißt es im Gesetzentwurf der Ampel-Parteien SPD, Grüne und FDP. Die Kosten trägt der Bund. Die entsprechenden Ausfälle erstattet er den Energieversorgern. Für die Strompreisbremse entstehen Kosten von ungefähr 13 Milliarden Euro, die die Elektrizitätsversorger aus ihren höheren Einnahmen aber größtenteils selbst finanzieren sollen.

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