Berlin. Was passiert, wenn das Gas knapp wird? Der Chef der Bundesnetzagentur hält Konsequenzen für Saunen und Singles durchaus für möglich.

Der anhaltende Angriffskrieg gegen die Ukraine heizt die Diskussion über einen Importstopp für Öl und Gas aus Russland weiter an. Zwar sträubt sich die Bundesregierung derzeit gegen ein Embargo – unabhängig von den Lieferungen will man aber trotzdem so schnell wie möglich werden. Aufgrund der Spannungen ist eine Gasversorgungskrise derzeit trotzdem ein mögliches Szenario. Davon wären dann auch Privathaushalte betroffen.

Das machte Bundesnetzagenturchef Klaus Müller am Mittwoch in einem Interview deutlich. Einschränkungen für bestimmte Privathaushalte wären in einer Krisensituation unumgänglich. Der Betrieb von Saunen oder die uneingeschränkte Versorgung von großen Singlewohnungen seien in einer Gasnotlage „auf gar keinen Fall mehr zu rechtfertigen“, sagte er der „Zeit“. Im Fall einer Krise müsste der „Verbrauch einzelner Privatpersonen“ beschränkt werden.

Ukraine-Krieg: Bundesnetzagentur rechnet mit weiteren Sanktionen gegen Russland

„Falls weitere Gräueltaten wie in Butscha ans Licht kommen, wird es Debatten über weitere Sanktionspakete geben“, betonte Müller. Im Fall einer Eskalation der Lage könnte die sogenannte Alarmstufe des deutschen Notfallplan Gas ausgerufen werden.

Der nach EU-Vorgaben erstellte mehrstufige Notfallplan regelt das Vorgehen bei akuten Versorgungskrisen. In der Alarmstufe übernehmen die Behörden die Gas-Zuteilung und können den Verbrauch notfalls beschränken.

Netzagenturchef zum Notfallplan Gas: Status von Privathaushalten muss diskutiert werden

Laut EU-Vorgaben genießt die Versorgung von privaten Wohnungen und wichtigen Einrichtungen der kritischen Infrastruktur in diesem Fall Priorität etwa gegenüber Unternehmen. Müller sprach sich in der „Zeit“ für eine „Diskussion“ über einen uneingeschränkten Schutz des privaten Verbrauchs aus. Diese Feststellung stamme aus einer Zeit, in der niemand die „Fantasie“ gehabt habe, sich eine Lage wie nach dem Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine auszumalen.

Klaus Müller, Chef der Bundesnetzagentur.
Klaus Müller, Chef der Bundesnetzagentur. © dpa

Müller forderte die Bevölkerung zugleich zum Gassparen auf. „Nicht nur die Unternehmen, auch die Bevölkerung betrachtet die jetzige Situation nicht mit der angemessenen Ernsthaftigkeit“, sagte er der Wochenzeitung. Bürgerinnen und Bürger verfolgten die „furchtbaren Ereignisse“ in der Ukraine, spendeten und zeigten Solidarität. „Aber im privaten Gasverbrauch sehe ich das nicht abgebildet.“

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Öl und Gas: Bundesnetzagentur bereitet sich auf verschiedene Szenarien vor

Im Falle einer Versorgungskrise kommt der Bundesnetzagentur eine zentrale Rolle bei der Koordinierung zu. Derzeit bereitet sich die Behörde nach eigenen Angaben intensiv auf mögliche Szenarien vor und sammelt Informationen aus der Industrie, um im Notfall über Abschaltungen entscheiden zu können. Vertreter der Bundesregierung rufen schon seit Wochen dazu auf, möglichst viel Energie zu sparen.

In einer Notlage müssen die wichtigsten Branchen und Unternehmen identifiziert werden, die weiter versorgt werden müssen. Das seien zum Beispiel Firmen aus dem Lebensmittel- und Pharmabereich, wie die Bundesnetzagentur zuletzt erklärte. (fmg/afp)

Dieser Artikel ist zuerst auf waz.de erschienen.