Berlin. Das Jahr 2015 hat Deutschland verändert - politisch und gesellschaftlich. Mehrere hunderttausend Flüchtlinge kamen damals ins Land. Was ist aus der Willkommensstimmung geworden?

Mehrere Jahre nach dem starken Flüchtlingszuzug von 2015 bleibt ein "harter Kern" an Willkommensinitiativen bestehen. Zu diesem Ergebnis kommt eine mehrjährige Studie.

Durchgeführt wurde die Studie vom Berliner Institut für Demokratische Entwicklung und Soziale Integration (Desi) im Auftrag des Bundesverbands für Wohnen und Stadtentwicklung (vhw). An der Befragung beteiligten sich im Jahr 2018 insgesamt 137 Willkommensinitiativen für Asylbewerber.

Knapp die Hälfte (48 Prozent) der befragten Initiativen schätzt die eigene Situation demnach als stabil ein, 13 Prozent als wachsend, 4 Prozent als stark wachsend. Das restliche Drittel stufte sich als schrumpfend (26 Prozent) oder gefährdet (7 Prozent) ein.

"Wir haben festgestellt, dass ein stabiler Kern geblieben ist", sagt der Sozialwissenschaftler Sebastian Beck, der Studienleiter aufseiten des vhw, mit Blick auf das damalige Engagement. Knapp 40 Prozent der befragten Initiativen wurden 2015 gegründet. Ihn selbst habe es überrascht, dass die große Mobilisierung zum Teil erhalten geblieben sei, sagt Beck.

Viele Initiativen berichten der Untersuchung zufolge allerdings von einer sinkenden Zahl Ehrenamtlicher. Indes kommen auch deutlich weniger Asylbewerber ins Land als noch 2015 oder 2016 - und es gibt mehr Angebote öffentlicher Stellen, die die Arbeit Ehrenamtlicher ersetzt haben. Dennoch ist Beck sich sicher: Wenn die Zahl Schutzsuchender in Deutschland erneut rapide ansteigen würde, gäbe es ein großes Reservoir erfahrener Ehrenamtler.

Bei manchen habe sich auch die Art der Hilfe verändert, berichtet Beck: "Die Frage ist, wie lange so ein Engagement für Geflüchtete ein Engagement für Geflüchtete bleibt." Zum Teil hätten Helfer ein Freundschaftsverhältnis zu Geflüchteten aufgebaut und engagierten sich weiter für Einzelne oder Familien, ohne das noch als ehrenamtliches Engagement zu betrachten.

Als Hindernis nennen die Initiativen sehr häufig Probleme mit Behörden oder bürokratischen Abläufen - etwa jede Vierte wies hier auf Schwierigkeiten hin. "Ehrenamtliche wenden für den Umgang mit Behörden einen großen Teil ihrer Kräfte auf, können jedoch selten Erfolgserlebnisse oder positive Veränderungen erkennen", schreiben die Autoren der Untersuchung. Ungefähr jede fünfte Initiative beklagte fehlende Möglichkeiten anhaltender finanzieller Förderung. Hier meldeten die Befragten am häufigsten Verbesserungsbedarf an.

Sehr hilfreich seien hier "Engagementbeauftragte", die viele Kommunen in der Flüchtlingskrise benannt hätten, sagt Beck. Diese könnten bei Anträgen für Fördermittel beraten und helfen, Zugang zur "Black Box Verwaltung" zu finden.

Der starke Zuzug von Flüchtlingen damals hat übrigens auch neue Bevölkerungsschichten als Helfer mobilisiert. Während in den 1990er und 2000er Jahren Unterstützung vor allem aus der antirassistischen und linken Bewegung kam, engagiert sich der Untersuchung zufolge nun auch die "bürgerliche Mittelschicht" stark.