Berlin. Die Gäste von „Maybrit Illner“ beschäftigten sich mit den Landtagswahlen im Osten. Es gab: eine traurige und eine kontroverse These.

Bei „Maybrit Illner“ ging es am Donnerstagabend um den nächsten Härtetest für die Groko: Im zweiten Halbjahr wird in Brandenburg, Sachsen und Thüringen gewählt. Die AfD droht zu erstarken – Union sowie SPD werden wohl deutlich verlieren. „Geht die Groko im Osten unter?“, lautete vor diesem Hintergrund der Titel der Sendung.

In der Debatte ging es vor allem um die Dinge, an denen Union und SPD derzeit kranken. Dazu arbeitete die Runde durchaus Unterschiede zwischen den Groko-Parteien heraus: Während die CDU mit einer geschwächten Parteichefin und dem Kampf zwischen dem rechten und dem progressiven Flügel umgehen muss, ist die SPD führungslos.

„Maybrit Illner“ – das waren die Gäste:

  • Paul Ziemiak (CDU), Generalsekretär
  • Karl Lauterbach (SPD), stellv. Vorsitzender der Bundestagsfraktion
  • Jana Hensel, Autorin für „Zeit Online“ und „Die Zeit“
  • Richard David Precht, Philosoph und Publizist
  • Nikolaus Blome, stellv. Chefredakteur „BILD“-Zeitung
  • Karl-Rudolf Korte, Politikwissenschaftler, Direktor der NRW School of Governance

Hinzu kommt bei den Sozialdemokraten, dass der Chef-Findungsmodus nicht so richtig überzeugt. Immer mehr Bewerberpaare gibt es, wofür diese im Einzelnen – und insbesondere beim Thema Groko Ja/Nein – stehen, ist aber noch nicht so recht klar.

Richard David Precht monierte bei „Maybrit Illner“, die Suche nach neuen SPD-Chefs gleiche einer beschädigenden Castingshow.
Richard David Precht monierte bei „Maybrit Illner“, die Suche nach neuen SPD-Chefs gleiche einer beschädigenden Castingshow. © Svea Pietschmann | ZDF

Und überhaupt: „Stellen Sie sich mal vor, jemand wie Schmidt oder Brandt hätten da antreten müssen“, kritisierte Richard David Precht den Prozess, den er einen „großen Ausverkauf“ und eine beschädigende „Castingshow“ nannte.

Der traurige Gedanke

Doch warum sind Union und SPD, warum ist die Groko eigentlich so unbeliebt? Einen richtigen, aber auch deprimierenden Punkt machte zu dieser Frage Nikolaus Blome: „Gute Arbeit reicht nicht mehr“, stellte der „Bild“-Journalist fest.

Es sei die bloße Form der großen Koalition, die die beiden Parteien schwach mache. Daher sei es faktisch egal, was Union und SPD jetzt inhaltlich noch abliefern würden. Ein bedrückender Gedanke, bedeutet das doch: Effizient viele gute Gesetze machen alleine reicht nicht.

Der kontroverse Gedanke

Autorin Jana Hensel sieht AfD und Pegida als eine Art Emanzipationsbewegung der Rechten.
Autorin Jana Hensel sieht AfD und Pegida als eine Art Emanzipationsbewegung der Rechten. © Svea Pietschmann | ZDF - Bilderdienst

Provokativ war in diesem Zusammenhang eine Analyse von Jana Hensel, die in AfD und Pegida im Osten eine Art Emanzipationsbewegung der Rechten sieht. Diese sei aus Sicht ihrer Verfechter durchaus erfolgreich: „Der Rechtsruck hat Ostdeutschland sichtbar gemacht“, stellte die Autorin fest. Zugleich habe die Entwicklung dazu geführt, dass stärker über die Nachwende-Verletzungen gesprochen werde, die viele Menschen erlebt hätten.

Das klang plausibel. Stellt sich nur die Frage, warum man mit rechtsaußen liebäugelt, um endlich gesehen und verstanden zu werden. „Warum wählen die Abgehängten in Westdeutschland nicht die AfD“, fragte Blome überspitzt, aber nicht unpassend.

Der wohlfeile Gedanke

Ein Paradebeispiel für übertriebene Kritik an der Politik lieferte Precht. Union und SPD hätten keine Antworten auf die Klimakrise und die Digitalisierung, befand der Philosoph. Stattdessen würde man sich mit Stückwerk wie der Grundrente befassen.

Der Vorwurf war abgedroschen, naiv und ja, auch unfair. Schließlich braucht es, erstens, natürlich gerade dieses Stückwerk, damit etwas vorangeht. Zudem ist Politik, zweitens, ein Reaktionsgefäß, in dem Input, zum Beispiel gesellschaftliche oder technologische Veränderung, Stück für Stück verarbeitet wird. Will heißen: Da kommt schon was, es dauert aber ein bisschen.

Das Fazit

Diese Ausgabe von „Maybrit Illner“ funktionierte gut, weil sie zwei entscheidende Perspektiven vermengte: Die internen Probleme der Groko-Parteien und die grundsätzliche Situation in Ostdeutschland.

Ermöglicht wurde das durch Gäste, die nicht direkt in der Politik tätig sind. Weniger Politiker in den Talkshows: Vielleicht ist das ein neues Erfolgsrezept.

Zur Ausgabe von „Maybrit Illner“ in der ZDF-Mediathek