Damaskus. Die IS-Terrormiliz hat mit Baghus ihre letzte Bastion in Syrien verloren. Ein erneutes Erstarken des IS ist aber nicht ausgeschlossen.

Nach fast fünf Jahren erreicht der Krieg gegen den IS in Syrien und im Irak sein vorläufiges Ende. Wie die Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF) auf Twitter mitteilten, soll der syrische Ort Baghus von Truppen kurdischer Führung eingenommen worden sein. „Die Syrischen Demokratischen Kräfte erklären die vollständige Zerstörung des so genannten Kalifats und die territoriale Niederlage des IS zu 100 Prozent.“ Die Terrormiliz IS hat damit ihre letztes Herrschaftsgebiet verloren.

Die Extremisten hatten im Sommer 2014 den Höhepunkt ihrer Macht erreicht, als sie die nordirakische Millionenstadt Mossul überrennen konnten. Kurz darauf rief die Terrormiliz ein „Kalifat“ unter Führung von IS-Chef Abu Bakr al-Bagdadi aus, der sich in einer Moschee Mossuls bei einer Freitagspredigt das bisher einzige Mal öffentlich zeigte.

Wiederaufbau wird Milliarden kosten

Die Dschihadisten kontrollierten damals eine riesige Region, die sich über große Teile Syriens und des Iraks erstreckte. Mit dem Beginn der internationalen Militärintervention unter US-Führung verlor der IS sein Herrschaftsgebiet jedoch nach und nach. Mit Unterstützung aus der Luft brachten es lokale Bodentruppen unter ihre Kontrolle.

Im Sommer 2017 konnte die irakische Armee Mossul nach monatelangen heftigen Kämpfen vollständig befreien. Im Herbst desselben Jahres verloren die Dschihadisten die nordsyrische Stadt Al-Rakka, die inoffizielle Hauptstadt des IS. Ende 2017 erklärte der Irak den militärischen Sieg über die Terrormiliz. Zurück bleiben zerstörte Städte und Regionen, deren Wiederaufbau Milliarden kosten wird.

Neues Leben im Osten Mossuls

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    Al-Baghdadi in Wüstengebiete geflohen

    In Baghus nahe der Grenze zum Irak waren bis zuletzt noch IS-Anhänger auf engstem Raum am Ufer des Euphrat-Flusses in einem Zeltlager eingeschlossen, wo sie sich in Gräben und Tunnel eingegraben hatten. Bis zum Schluss leisteten sie Widerstand. Auch IS-Chef Abu Bakr al-Baghdadi soll Medienberichten zufolge in Baghus gewesen, vor Beginn der kurdischen Offensive aber in die umliegenden Wüstengebiete geflohen sein.

    In den vergangenen Wochen hatten Tausende IS-Kämpfer aufgegeben und sich den SDF-Truppen gestellt. Sie wurden in Gefangenenlager gebracht und verhört. Auch Zehntausende Zivilisten, darunter Angehörige der IS-Kämpfer, verließen den Ort. Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte warf den Extremisten vor, Zivilisten als menschliche Schutzschilde zu missbrauchen.

    Mehr zum Thema: Ausbürgerung von IS-Kämpfern: Das sind die Kriterien

    IS noch nicht endgültig besiegt

    Mit dem Sieg über den IS wird auch ein baldiger Abzug der US-Truppen aus Syrien wahrscheinlicher, den US-Präsident Donald Trump im Dezember angekündigt hatte. Allerdings soll nach letzten Plänen des Weißen Hauses noch ein Truppenkontingent im Land bleiben. Die Abzugspläne Amerikas haben international massive Kritik ausgelöst.

    Militärs und Beobachter warnen, der IS sei trotz der Niederlage noch nicht besiegt und könne wieder erstarken. In einem vor einigen Wochen vom Pentagon veröffentlichten Bericht heißt es, der IS bleibe aktiv und könne in sechs bis zwölf Monaten wieder aufleben. Bei einem US-Abzug droht auch ein Angriff der Türkei auf die Kurdenmiliz YPG, die die SDF anführt. Die Regierung in Ankara sieht in der Miliz einen Ableger der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK und hat sie als Terrororganisation eingestuft.

    Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat einen Offensive gegen die YPG angekündigt. Die Kurden kontrollieren in Nordsyrien ein großes Gebiet an der Grenze zur Türkei und haben dort eine Selbstverwaltung errichtet. Die YPG ist der wichtigste Verbündete der USA in Syrien. Unter Führung der Miliz konnten die SDF die größten Teile des IS-Gebietes in dem Bürgerkriegsland einnehmen, darunter wichtige Ölquellen. (dpa/jb)