Tel Aviv/Berlin. Seit Ende Dezember ist erneut Benjamin Netanjahu Ministerpräsident. Am Samstagabend gab es Proteste gegen die neue Regierung.

Heftige Proteste in Israel: In Tel Aviv demonstrierten am Samstagabend zehntausende Menschen gegen die neue israelische Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu (73). Auch in Haifa und Jerusalem gingen israelische Bürgerinnen und Bürger auf die Straße.

Laut israelischen Medien, die sich auf die Polizei beriefen, versammelten sich 80.000 Menschen auf dem zentralen Habima-Platz in Tel Aviv. Die Demonstrantinnen und Demonstranten hielten Schilder hoch, auf denen beispielsweise zu lesen war: "Regierung der Schande" oder "Stürzt den Diktator". Anschließend zogen sie trotz Regenwetters durch die Straßen und zeigten blau-weiße israelische Flaggen.

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An Israels neuer Regierung sind Ultrarechte und Ultraorthodoxe beteiligt

Erst Ende Dezember hatte Netanjahu nach eineinhalb Jahren in der Opposition seine dritte Amtszeit als Ministerpräsident begonnen. Dieses Mal allerdings mithilfe von ultrarechten und ultraorthodoxen Parteien. Es ist damit die am weitesten rechts stehende Regierung in der israelischen Geschichte. Ein Projekt der neuen Koalition ist der Ausbau israelischer Siedlungen im besetzten Westjordanland. Dieser gilt als völkerrechtlich illegal.

Zum dritten Mal Ministerpräsident Israels: Benjamin Netanjahu. Seine ersten beiden Amtszeiten dauerten von Juni 1996 bis Juli 1999 und von März 2009 bis Juni 2021.
Zum dritten Mal Ministerpräsident Israels: Benjamin Netanjahu. Seine ersten beiden Amtszeiten dauerten von Juni 1996 bis Juli 1999 und von März 2009 bis Juni 2021. © Ronen Zvulun/Pool Reuters/AP/dpa

Erst in der letzten Woche präsentierte Israels Justizminister Jariv Levin ein umstrittenes Reformprojekt. Zu den Vorschlägen gehört eine "Ausnahmeklausel", die dafür sorgen soll, dass das Parlament eine Entscheidung des Obersten Gerichts mit einfacher Mehrheit wieder kassieren kann. Die Vorsitzende des Höchsten Gerichts in Israel, Esther Chajut, hatte am Donnerstag vor einem "tödlichen Schlag" gegen die Unabhängigkeit der Richter gewarnt. Netanjahu steht aktuell wegen Korruptionsvorwürfen vor Gericht. Er weist diese nach wie vor zurück.

Kritik der Opposition an Israels neuer Regierung: "Demokratie verlieren"

Oppositionsführer Jair Lapid, von Juli bis Dezember 2022 Ministerpräsident Israels, äußerte scharfe Kritik an den Reformplänen. Diese könnten "das gesamte Rechtssystem des Staates Israel gefährden". Demo-Teilnehmerin Hewi Boem sagte zur dpa: "Wenn wir nicht auf die Straße gehen, werden wir unsere Demokratie verlieren." Die neue Regierung sei korrupt und kriminell.

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Die Menschen auf den Straßen folgten einem Aufruf einer Anti-Korruptions-Organisation, den auch die Oppositonsparteien unterstützten. Der ehemalige Verteidigungsminister Benny Gantz forderte bereits am Freitag "alle Israelis, von rechts und links" auf, sich an der Protestkundgebung zu beteiligen und "für den Erhalt der israelischen Demokratie zu demonstrieren". Neben Gantz nahmen auch Ex-Außenministerin Zipi Livni und Vorsitzende der Arbeiterpartei, Merav Michaeli, an der Demonstration teil. (AFP/dw)