Berlin. Down-Syndrom oder nicht? Die gängige Diagnose dauert – die Folge sind Spätabtreibungen. Gut, wenn die Kasse den Gen-Schnelltest zahlt.

Bridget ist ein Wunschkind. Ihre biologischen Eltern – ein Paar aus den USA – hatten ihren Samen und ihre Eizellen einer ukrainischen Leihmutter einpflanzen lassen. Doch als Bridget auf die Welt kam, entsprach das Mädchen nicht den Vorstellungen seiner Eltern – weil es behindert war. Das Pärchen hatte sich ein Kind gewünscht, das ein „Hollywoodlächeln“ trägt, sollen sie gesagt haben, als sie es der Leihmutter zurückgaben.

Ein Kind nach Maß, bestellt wie aus dem Katalog – und wenn es nicht passt, wird die Annahme verweigert. Das sind sicher die Auswüchse einer Zeugungsmaschinerie, die nichts dem Zufall überlässt. Die Geschichte der kleinen Bridget, die nun in einem ukrainischen Kinderheim lebt, hat vor wenigen Wochen viele Menschen bewegt.

Pränataldiagnostik – wie sieht im Ultraschall die Nackenfalte aus?

In Deutschland ist ein derartiger Fall nicht vorstellbar – schon aufgrund der rechtlichen Hürden: Leihmutterschaft und Eizellenspende sind verboten. Doch auch hierzulande ist die pränatale Diagnostik Standard, mit der abgeklopft wird, ob alles in Ordnung ist mit dem Kind im Bauch. Es geht um Wahrscheinlichkeiten und Gewissheiten vor der Geburt.

Birgitta Stauber, Politik-Korrespondentin.
Birgitta Stauber, Politik-Korrespondentin. © Reto Klar | Reto Klar

Eine im Ultraschall entdeckte Transparenz in der Nackenfalte gilt als verdächtig, bestimmte Blutwerte der Mutter auch. Ist die Gefahr, ein behindertes Kind zu bekommen, erhöht, kann das die Freude an einer Schwangerschaft merklich eintrüben. Die Folge sind weitere Untersuchungen und Diagnosen, die entweder den Verdacht in Luft auflösen oder zur Gewissheit werden lassen.

Und nun soll ein Bluttest von der Kasse bezahlt werden, der es ermöglicht, einfach, schnell und sicher zu erfahren, ob ein Kind an bestimmten Behinderungen leiden wird oder nicht? Ist das nicht ein weiterer Schritt in Richtung Wunschkind aus dem Katalog, das man auch wieder abbestellen kann?

Diagnose Down-Syndrom – das überfordert viele werdende Eltern

Tatsache ist schon heute, dass die meisten Eltern die Diagnostik-Maschinerie durchlaufen. Ältere Frauen werden oft von ihren Ärzten regelrecht dazu gedrängt. Im Falle einer unerwünschten Diagnose, etwa Trisomie 21 (Down-Syndrom), fühlen sich viele nicht den Herausforderungen gewachsen, die die Erziehung eins behinderten Kindes mit sich bringen würde – auch wenn Kinder mit Down-Syndrom oft innig geliebt werden und glücklich in ihren Familien aufwachsen.

Wenn sich Eltern dann zu einer Abtreibung entscheiden, ist die Schwangerschaft weit fortgeschritten, denn das gängige Diagnoseverfahren, die Fruchtwasserentnahme mit einer Nadel durch die Bauchdecke, kann zum Beispiel nur zwischen der 14. Und 19. Schwangerschaftswoche ausgeführt werden.

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Bis das Ergebnis da ist, dauert es noch mal zwei bis drei Wochen. Im ungünstigsten Fall ist dann bei einer Abtreibung die Frau in der letzten Phase der Schwangerschaft. Dann wird eine sogenannte stille Geburt eingeleitet, bei der das Kind im Mutterleib getötet wird.

Der neue Bluttest kann Spätabtreibungen verhindern

Der neue Bluttest, der noch im ersten Drittel der Schwangerschaft Gewissheit bringt, wird helfen, dramatische Abbrüche nach medizinischer Indikation zu verhindern. Einen besseren Grund kann es nicht geben, wenn es um die Frage geht, ob er im Falle einer Risikoschwangerschaft von den gesetzlichen Krankenkassen bezahlt wird.

Die kleine Bridget übrigens kam in der 25. Schwangerschaftswoche als Frühchen zur Welt. Schon in der 22. Woche haben Babys Überlebenschancen. Der Kampf um das Leben dieser Kinder ist Alltag an den darauf spezialisierten Kliniken – ob sie behindert sind oder nicht. Wenn auf der anderen Seite in dieser Schwangerschaftsphase Kinder abgetrieben werden, weil die Krankenkasse nicht den besten zur Verfügung stehenden Test bezahlt, ist das mehr als makaber.