Washington. Joe Biden positioniert sich bei seiner Rede in Polen als Führer des Westens gegen Russlands Krieg. An Putin richtet er klare Worte.

Joe Biden, der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine – und eine Rede in Polen. Da denkt man unweigerlich an den 26. März des vergangenen Jahres. Vier Wochen nach dem Einfall der Putin-Armee beim Nachbarn positionierte sich der amerikanische Präsident am Warschauer Schloss als der Führer und Koalitionsbildner des Westens gegen die Aggression des Kreml.

Bidens außenpolitische Weitsicht ließ ihn, während selbsternannte Militär-Experten damals noch von einem Turbo-Sieg Russlands fabulierten, heute Bestätigung findende Sätze sagen wie diesen: „Wir müssen uns für den langen Kampf, der vor uns liegt, wappnen.”

Biden mit klarer Ansage in Richtung Putin

In Erinnerung geblieben ist aber vor allem der Schluss der Rede. Biden verließ kurz das Manuskript, um seine Haltung gegen den „mörderischen Diktator” in Moskau zu bekunden. „Um Gottes willen, dieser Mann darf nicht an der Macht bleiben.” Umgehend rückte die Putzkolonne des Washingtoner Diplomatie an. Der Eindruck vom gewollten Regime-Change an der Moskva musste unbedingt aus der Welt.

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Elf Monate später, kurz vor dem ersten Jahrestag des verlustreichen Abnutzungskrieges mit verhärtetem Frontverlauf, hat Biden seine tiefsitzende Abneigung gegen Putin am gleichen Ort in diplomatischere Worte gepresst. „Der Appetit von Autokraten kann nie befriedet werden. Man muss ihnen entgegentreten und Nein, Nein, Nein sagen.”

Biden appelliert an Putin den Krieg zu beenden

Biden verzichtete in seiner gut 20 Minuten langen Ansprache vor Zehntausenden Bürgern in Warschau auf militärisch-technische Strategiespiele. Auch ein Ausblick auf die Frage, wann und wie der Krieg enden wird, versagte sich der 80-Jährige, der am Vortag weltweite Schlagzeilen durch seinen Blitzbesuch in Kiew bei Präsident Wolodymir Selenskji erzeugt hatte.

Biden betonte einmal mehr, dass ein „einziges Wort” von Wladimir Putin reiche, um das Sterben zu beenden. Wiederholt hielt Biden seinem Widersacher vor, die „Entschlossenheit" und das „Stehvermögen” der USA und der westlichen Allianz unterschätzt zu haben. Kiew sei „frei, stark und stolz” zwölf Monate nach Kriegsausbruch. Putin habe den „eisernen Willen Amerikas und der freie Welt” zu gespürt: „Die Welt hat nicht weggesehen!”

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US-Präsident: Sanktionen sollen verschärft werden

Ungewollt habe Putin „die Nato-isieriung von Finnland und Schweden bekommen”. In diesem Zusammenhang betonte Biden mit mahnendem Unterton die Beistandsverpflichtung der Nato: „Es besteht kein Zweifel: Das Bekenntnis der Vereinigten Staaten zu unserem Nato-Bündnis und zu Artikel Fünf ist felsenfest. Jedes Mitglied der Nato weiß es, und Russland weiß es auch: Ein Angriff gegen einen ist ein Angriff gegen alle. Es ist ein heiliger Eid, jeden Zoll Nato-Gebiets zu verteidigen.”

Mehrfach bekräftigte Biden in seiner wie eine staatsmännische Durchhalte-Parole wirkenden Rede, dass Amerika und der Westen – „egal, was kommt” - für die Freiheit und Unabhängigkeit der Ukraine eintreten werden. Um dies zu unterstreichen, werde noch in dieser Woche das wirtschaftlichen Sanktions-Regime gegen Moskau weiter verschärft.

Wie schon 2022 nutzte Biden das Forum in der osteuropäischen Metropole, um sich direkt an das russische Volk zu wenden, dem nach Überzeugung Washingtons durch eine monopolisierte Lügen-Presse ein falsches Bild von den Ereignissen in der Ukraine vermittelt wird. „Der Westen plant nicht, heimlich Russland anzugreifen, wie Putin heute gesagt hat. Wir wollen Russland nicht kontrollieren oder gar zerstören.” Aber: „Die Ukraine wird nie ein Sieg für Russland werden - nie.”