Berlin/Karlsruhe. Hessen hat Rechtsreferendarinnen verboten, im Gericht Kopftuch zu tragen. Das Verfassungsgericht entschied: Das Verbot kann bleiben.
Juristen im Vorbereitungsdienst sollen sich im Gerichtssaal auch in praktischen Aufgaben üben. Dürfen Kopftuchträgerinnen davon ausgeschlossen werden? Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hat entschieden: ja. (Az. 2 BvR 1333/17)
Die Entscheidung für eine Pflicht, sich in weltanschaulich-religiöser Hinsicht neutral zu verhalten, sei zu respektieren, heißt es im Beschluss der Richter.
Im konkreten Fall ging es um die Vorschriften für Rechtsreferendarinnen. Geklagt hatte eine in Frankfurt geborene Deutsch-Marokkanerin. Sie hatte im Januar 2017 in Hessen ihren juristischen Vorbereitungsdienst angetreten.
Kopftuchverbot: Referendarinnen dürfen nicht auf die Richterbank
In Hessen können Referendarinnen ihre Ausbildung zwar grundsätzlich mit Kopftuch machen. Sie dürfen damit aber keine Tätigkeiten ausüben, bei denen sie als Repräsentantinnen der Justiz oder des Staates wahrgenommen werden können.
Das bedeutet zum Beispiel, dass sie Verhandlungen nicht wie die anderen Referendare von der Richterbank verfolgen dürfen, sondern sich in den Zuschauerraum setzen müssen. Sie dürfen auch keine Sitzungen leiten oder Beweise aufnehmen. Dagegen hatte die Frau erst vergeblich Beschwerde eingelegt und dann vor den Verwaltungsgerichten geklagt.
Einige andere Bundesländer wie Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Berlin haben ähnliche Vorschriften. In anderen Ländern ist die Frage gar nicht geregelt, weil sich das Problem entweder noch nie stellte oder sich im Einzelfall eine einvernehmliche Lösung fand.
Bundesverfassungsgericht beschäftigte sich mit Kopftuch bei Lehrerinnen
Das Bundesverfassungsgericht hat sich schon zweimal mit dem Kopftuch bei Lehrerinnen befasst. Das Bundesverfassungsgericht hatte 2015 ein pauschales Kopftuchverbot an nordrhein-westfälischen Schulen gekippt und die Bedeutung der Religionsfreiheit betont. Doch das wird nicht überall so gehandhabt. Deshalb klagte eine Muslimische Lehrerin in Berlin gegen das dortige Kopftuch-Verbot.
Nun ging es um das Kopftuch bei Gericht. Die Frau hatte 2017 auch einen Eilantrag eingereicht. Diesen wiesen die Verfassungsrichter ab. Damals ging es nur darum, ob die Referendarin bis zur eigentlichen Entscheidung Kopftuch tragen darf oder nicht. Der Beschluss enthielt trotzdem schon einige inhaltliche Erwägungen.
In ihrer Ausbildung dürfen Rechtsreferendarinnen Kopftuch tragen
So führten die Richter aus, dass die Frau lediglich von der Repräsentation der Justiz oder des Staates ausgeschlossen werde und die übrigen Ausbildungsinhalte unberührt blieben. Gleichzeitig könne „das Einbringen religiöser oder weltanschaulicher Bezüge (...) den in Neutralität zu erfüllenden staatlichen Auftrag der Rechtspflege und der öffentlichen Verwaltung beeinträchtigen“.
Die Richter sahen damals aber auch eine Reihe von Fragen, die erst im eigentlichen Verfahren geklärt werden könnten. Das ist nun passiert.
Unterschiede von Burka, Niqab und Co.
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(dpa/bef)