Berlin. Russland beginnt eine Offensive. Der Ukraine gehen Munition und Ersatzteile aus. Was das für den Krieg bedeutet, erklärt Carlo Masala.

Er zählt zu den bekanntesten Militärexperten in Deutschland: Carlo Masala. Der 54-Jährige lehrt Internationale Politik an der Universität der Bundeswehr München. Er beantwortet unserer Redaktion jede Woche die wichtigsten Fragen rund um den Ukraine-Krieg.

Herr Professor Masala, seit knapp einem Jahr wütet der Krieg in der Ukraine – wie beurteilen Sie die Lage heute?

Carlo Masala: „Wir erleben gerade den Beginn der russischen Offensive, die lange angekündigt und erwartet wurde. Sie zeichnet sich dadurch aus, dass die russischen Truppen nicht überall angreifen. Aber sie versuchen, an verschiedenen Punkten der 500 Kilometer langen Front im Donbass, Städte und Ortschaften zu erobern. Allerdings haben sie dabei nur mäßigem Erfolg. Die derzeitige Lage ähnelt der zwischen Mai und August 2022. Damals haben sich die russischen Verbände an verschiedenen Orten im Donbass jeden Tag nur 300 Meter weiter nach vorn bewegt.“

Lesen Sie auch die zweite Folge der Interview-Reihe: Wird die Ukraine die Krim erobern, Professor Masala?

Den Ukrainern geht die Munition aus, die ersten Leopard-Panzer treffen wohl erst Ende März ein. Erwarten Sie, dass die Russen weiter voranmarschieren und die Ukrainer ins Hintertreffen geraten?

Masala: „Ob die Ukrainer ins Hintertreffen geraten, kann man jetzt noch nicht sagen. In Wuhledar im Südosten gelang es ihnen zum Beispiel, mehrere Offensiven der Russen zurückzuschlagen. Sie halten noch Bachmut – auch wenn ich glaube, dass dies nicht mehr lange möglich sein wird. Aber: Das Problem der Ukraine sind vor allem Munition, aber auch Ersatzteile. Wenn hier nicht relativ schnell ein Weg gefunden wird, Kiew nachhaltig zu unterstützen, könnte es in wenigen Wochen oder Monaten sehr, sehr bitter für die ukrainischen Streitkräfte werden. Es drohen dann entscheidende Rückschläge.“

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Masala erklärt den Krieg Logo © picture alliance / Geisler-Fotopress; AFP (Montage ZRB) | ZRB

In Deutschland läuft eine Debatte darüber, dass die Ukraine und Russland verhandeln sollten. Wann würden solche Verhandlungen Sinn machen?

Masala: „Gespräche wären dann sinnvoll, wenn Russland befürchten muss, von einer Fortführung des Krieges mehr zu verlieren als zu gewinnen. Davon sind wir aber noch weit entfernt. Momentan ist die russische Position: Wir würden uns sofort an den Verhandlungstisch setzen, wenn man die ‚territorialen Realitäten‘ anerkennt. Das heißt: Die von Moskau annektierten vier Gebiete in der Ukraine plus die Krim wären für immer russisches Staatsterritorium. Das ist keine Verhandlungsposition, auf die sich die Ukrainer einlassen.“

LandUkraine
KontinentEuropa
HauptstadtKiew
Fläche603.700 Quadratkilometer (inklusive Ostukraine und Krim)
Einwohnerca. 41 Millionen
StaatsoberhauptPräsident Wolodymyr Selenskyj
RegierungschefMinisterpräsident Denys Schmyhal
Unabhängigkeit24. August 1991 (von der Sowjetunion)
SpracheUkrainisch
WährungHrywnja