Havanna. Seit Jahrzehnten hatte es nicht solche Massenproteste in Kuba gegen die Regierung gegeben. Viele Demonstranten wurden deswegen zu Haftstrafen verurteilt. Menschenrechtsaktivisten kritisieren dies.

Nach den jüngsten Massenprotesten gegen die sozialistische Regierung in Kuba werden nach Angaben von Menschenrechtsaktivisten zahlreiche festgenommene Demonstranten in Schnellverfahren zu Haftstrafen verurteilt.

Ihnen werde das Recht auf Verteidigung verweigert, schrieb der Regionalchef der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW), José Miguel Vivanco, auf Twitter.

"Die Berichte, die wir aus Kuba erhalten, sind trostlos", schrieb Vivanco. Hunderte Demonstranten seien inhaftiert. Polizei und Militär kontrollierten die Straßen der Karibikinsel. Zahlreiche Aktivisten und Journalisten stünden unter Hausarrest. Am 11. Juli hatten Tausende Kubaner in zahlreichen Städten für Freiheit, gegen Unterdrückung und Mangelwirtschaft demonstriert. Solche Proteste hatte es in dem Karibikstaat seit Jahrzehnten nicht mehr gegeben.

Der Fotograf Anyelo Troya, der in der Hauptstadt Havanna Aufnahmen für das Video des Protest-Songs "Patria y Vida" (Vaterland und Leben) gemacht hatte, wurde wegen "öffentlicher Unruhen" bei seiner Teilnahme an den Protesten zu einem Jahr Haft verurteilt, wie das regierungskritische Nachrichtenportal "14ymedio" unter Berufung auf Angehörige berichtete. Ein Dutzend weiterer junger Leute hätten die gleiche Strafe erhalten.

Die kubanische Regierung warf den Vereinigten Staaten vor, hinter den Demonstrationen zu stecken. Außenminister Bruno Rodríguez schrieb auf Twitter, die US-Regierung übe derzeit "einen brutalen Druck" auf eine Gruppe von Ländern der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) aus, damit diese eine Erklärung gegen das Vorgehen der kubanischen Regierung unterzeichneten. Kubas Wirtschaft leidet stark unter dem Einbruch des Tourismus in der Corona-Pandemie sowie unter US-Sanktionen. Es fehlt an Lebensmitteln und Medikamenten. Zudem stiegen die Corona-Zahlen zuletzt deutlich.

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