Berlin. Justizministerin Katarina Barley will Kunden mit einem neuen Gesetz besser vor Kostenfallen schützen. Was sieht dieses im Detail vor?

Wenn tagsüber das Telefon klingelt, mit unbekannter Anrufernummer, dann heben viele gar nicht mehr ab. Zu groß ist die Sorge, in eine Kostenfalle zu tappen. Mit einem neuen Gesetz will Justizministerin Katarina Barley in solchen und ähnlichen Fällen Abhilfe schaffen.

„Alle kennen diese kleinen Ärgernisse im Verbraucheralltag“, sagte die SPD-Ministerin unserer Redaktion, „unerlaubte Telefonwerbung, die einem auf die Nerven geht, die Kündigungsfrist vergessen, und gleich verlängert sich der Vertrag um ein Jahr. Oder mal eine Rechnung aus dem Blick verloren, und schnell kommen oft sehr hohe Inkassokosten auf einen zu.“ Die Eckpunkte für ein neues Gesetz zum Schutz gegen Kostenfallen lagen unserer Redaktion exklusiv vorab vor.

Telefonische Verträge mit Energieanbietern: „Immer wieder werden Verbrauchern mit unseriösen Geschäftspraktiken telefonisch Verträge aufgedrängt oder untergeschoben, die sie im Ergebnis nicht wollen“, heißt es in Bar­leys Papier. Auf diese Weise erreichten etwa Strom- und Gasanbieter einen vom Verbraucher nicht gewünschten Wechsel des Lieferanten.

Die Verbraucher hätten entweder in einen Anbieterwechsel überhaupt nicht eingewilligt oder würden am Telefon zu einem Vertragsschluss gedrängt, der ihren Interessen nicht entspreche. Dabei spiele auch eine Rolle, dass zwischen Neu- und Altlieferant in der Regel auf die Vorlage einer Vollmacht des Verbrauchers zur Kündigung des Altvertrags verzichtet werde, um ein schnelles und automatisiertes Wechselverfahren zu ermöglichen.

SPD-Ministerin Katarina Barley.
SPD-Ministerin Katarina Barley. © Getty Images | Sean Gallup

Barley will nun für solche Fälle eine Bestätigungslösung im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) einführen: Die Wirksamkeit eines telefonischen Vertragsschlusses mit dem neuen Energielieferanten soll davon abhängig gemacht werden, dass der Lieferant dem Verbraucher sein Angebot in Textform bestätigt und der Verbraucher den Vertrag schriftlich oder per Mail genehmigt.

Die Verbraucher bekämen so Zeit, „sich in Ruhe zu überlegen, ob und unter welchen Bedingungen sie den Anbieter wechseln wollen“. Zudem können sie bei Zweifeln weiterhin von ihrem Widerrufsrecht Gebrauch machen.

In Fällen, in denen der telefonische Kontakt nicht auf einen Vertragsschluss gerichtet sei und ein Lieferantenwechsel im Anschluss ohne Kenntnis und Vollmacht des Verbrauchers eingeleitet werde, erschwere diese Bestätigungs­lösung den Nachweis des angeblichen Vertragsschlusses und dürfte die Hemmschwelle für diese unseriöse Vorgehensweise erheblich erhöhen, heißt es im Eckpunktepapier.

Unerlaubte Telefonwerbung: Bereits jetzt ist Telefonwerbung gegenüber Verbrauchern unzulässig, wenn dazu keine ausdrückliche Zustimmung vorliegt. Solche Praktiken können mit Bußgeld von bis zu 300.000 Euro bestraft werden. Trotzdem gibt es zunehmend Beschwerden wegen solcher Fälle.

• Hintergrund: Telefonieren ins EU-Ausland wird ab Mai 2019

Kommen sie vor Gericht, muss in oft komplizierten Verfahren geklärt werden, ob eine Einwilligung vorlag oder nicht. Um das zu vereinfachen, schlägt Barley eine neue einheitliche Dokumentationspflicht für die werbenden Unternehmen vor. Wer sich daran nicht hält, soll ebenfalls mit einem Bußgeld bestraft werden.

Kürzere Vertragslaufzeiten:Weil sich Verbraucher immer wieder über zu lange Vertragslaufzeiten etwa bei Fitnesscentern, Telefonverträgen oder Energieanbietern beklagen, will Barley diesen Bereich neu regeln. In vielen Fällen würden Verbrauchern heute zweijährige Verträge angeboten – mit einer automatischen Verlängerung um jeweils ein weiteres Jahr.

Gerade dieser Automatismus aber sorge bei vielen für Ärger – weil die Kunden die Laufzeiten aus dem Blick verlören und so oft länger in Verträgen gebunden wären als ursprünglich gewollt. Künftig sollen Kunden grundsätzlich immer auch einjährige Verträge angeboten werden – eine automatische Verlängerung des Vertrags soll nur noch um jeweils drei Monate möglich sein.

Neue Regeln für Inkassofälle: Das Verbraucherministerium beklagt, dass viele Inkassounternehmen auch dann, wenn Kunden nur einen geringen Betrag schulden, grundsätzlich Kosten von über 70 Euro geltend machen. Sie beriefen sich dabei auf einen Gebührenrahmen, der derzeit solche Spielräume zulasse.

So hohe Beträge seien jedoch insbesondere dann unangemessen, wenn sich die Tätigkeit des Inkassounternehmens im Versenden eines Mahnschreibens erschöpft habe. Verbraucher sähen sich zudem häufig Inkassoforderungen gegenüber, obwohl sie sich selbst gar nicht darüber bewusst wären, dass sie in Verzug geraten seien.

In Zukunft, so Barleys Vorschlag, soll die Berechnung der Inkassokosten deutlich enger geregelt werden – und die Verbraucher spürbar entlastet. Und nicht nur das: „Wir wollen, dass dem Verbraucher deutlicher gemacht wird, bis wann eine Rechnung zu bezahlen ist und welche Folgen eine Fristüberschreitung hat“, so Barley.