Köln/Berlin. Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker hat eine Morddrohung erhalten. Auch andere Politiker wurden offenbar eingeschüchtert.

Mehrere deutsche Politiker haben nach dem Mord an dem Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke Morddrohungen erhalten. Die Polizei bestätigte am Mittwochabend in Köln, dass es unter anderem eine Drohung gegen Henriette Reker gegeben habe, die Oberbürgermeisterin von Köln.

Ob es einen Zusammenhang mit dem Verbrechen gebe, könne er nicht sagen, so ein Polizeisprecher. Zuständig sei zentral das Landeskriminalamt Berlin, da neben Reker auch andere Politiker Drohungen erhalten hätten. Vom Landeskriminalamt Berlin war am Abend keine Stellungnahme zu erhalten. Ein Sprecher der Berliner Staatsanwaltschaft hatte zunächst keine Informationen zu dem Fall.

Drohungen gegen mehrere deutsche Bürgermeister

Nach Informationen des WDR gibt es innerhalb Deutschlands mehrere Drohungen gegen Politiker, sie sollen sich unter anderem noch gegen den Bürgermeister der westfälischen Stadt Altena, Andreas Hollstein, richten. Andreas Hollstein bestätigte auch der Deutschen Presse-Agentur, dass auch er bedroht wird. Er habe in der Vergangenheit immer wieder Morddrohungen erhalten. Zuletzt sei am Dienstag eine eingegangen, sagte er.

Bundesaußenminister Heiko Maas verurteilte solche Drohungen. „Morddrohungen gegen Kommunalpolitiker sind infame Versuche der Einschüchterung. Umso widerwärtiger die Hetze desto entschiedener müssen wir allen den Rücken stärken, die sich vor Ort engagieren“, sagte er unserer Redaktion.

Unsere Demokratie lebe vom Einsatz vieler mutigen kommunalen Politiker und Ehrenamtlichen. Sie bräuchten unseren Respekt und unsere Unterstützung. „Immer und in diesen Tagen ganz besonders.“

Attentate auf deutsche Politiker

Immer wieder erfolgen Angriffe auf Politiker. Mal lagen politische Motive zugrunde, mal waren die Täter psychisch gestört. Zuletzt attackierte ein offenbar alkoholisierter Mann den Bürgermeister von Altena, Andreas Hollstein (CDU).
Immer wieder erfolgen Angriffe auf Politiker. Mal lagen politische Motive zugrunde, mal waren die Täter psychisch gestört. Zuletzt attackierte ein offenbar alkoholisierter Mann den Bürgermeister von Altena, Andreas Hollstein (CDU). © dpa | Bernd Thissen
Laut Behörden ist die Tat politisch motiviert gewesen. Hollstein, der bei dem Messerangriff nicht lebensgefährlich verletzt wurde, gilt als besonders liberal in der Flüchtlingspolitik.
Laut Behörden ist die Tat politisch motiviert gewesen. Hollstein, der bei dem Messerangriff nicht lebensgefährlich verletzt wurde, gilt als besonders liberal in der Flüchtlingspolitik. © imago/Metodi Popow | imago stock&people
Auch die Bürgermeisterin von Köln, Henriette Reker, wird am 17. Okober 2015 mit einem Messer angegriffen. Das Oberlandesgericht Düsseldorf verurteilte den Täter Frank S. später zu 14 Jahren Haft.
Auch die Bürgermeisterin von Köln, Henriette Reker, wird am 17. Okober 2015 mit einem Messer angegriffen. Das Oberlandesgericht Düsseldorf verurteilte den Täter Frank S. später zu 14 Jahren Haft. © imago/Future Image | Christoph Hardt
Der 45-Jährige hatte Reker (parteilos) während ihres Wahlkampfes ein Jagdmesser in den Hals gerammt.
Der 45-Jährige hatte Reker (parteilos) während ihres Wahlkampfes ein Jagdmesser in den Hals gerammt. © imago/Horst Galuschka | Horst Galuschka
Ein geistig verwirrter Mann schießt bei einer Wahlkampfveranstaltung im badischen Oppenau im Oktober 1990 auf den Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU).
Ein geistig verwirrter Mann schießt bei einer Wahlkampfveranstaltung im badischen Oppenau im Oktober 1990 auf den Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU). © imago/sepp spiegl | imago stock&people
Der CDU-Politiker sitzt seitdem querschnittsgelähmt im Rollstuhl – das Attentat überlebte er nur knapp.
Der CDU-Politiker sitzt seitdem querschnittsgelähmt im Rollstuhl – das Attentat überlebte er nur knapp. © imago/Gustavo Alabiso | imago stock&people
Zwei Tage vor der Bundestagswahl im September 2002 schlägt ein Rechtsextremist dem Bundestagsabgeordneten Hans-Christian Ströbele (Grüne) an einem Berliner Wahlstand mit einem Schlagstock auf den Kopf.
Zwei Tage vor der Bundestagswahl im September 2002 schlägt ein Rechtsextremist dem Bundestagsabgeordneten Hans-Christian Ströbele (Grüne) an einem Berliner Wahlstand mit einem Schlagstock auf den Kopf. © REUTERS | Tobias Schwarz
Hans-Christian Ströbele erlitt damals Verletzungen am Kopf, die Polizei konnte den Täter festnehmen.
Hans-Christian Ströbele erlitt damals Verletzungen am Kopf, die Polizei konnte den Täter festnehmen. © imago/Future Image | imago stock&people
Während einer Debatte auf einem grünen Sonderparteitag in Bielefeld wird der Außenminister Joschka Fischer im Mai 1999 mit einem Farbbeutel beworfen. Er erleidet einen Trommelfellriss.
Während einer Debatte auf einem grünen Sonderparteitag in Bielefeld wird der Außenminister Joschka Fischer im Mai 1999 mit einem Farbbeutel beworfen. Er erleidet einen Trommelfellriss. © imago | Sven Simon
Der Farbbeutel-Werfer wollte damit gegen den Kosovo-Einsatz der Nato protestieren, den die Grünen billigten.
Der Farbbeutel-Werfer wollte damit gegen den Kosovo-Einsatz der Nato protestieren, den die Grünen billigten. © imago/Mauersberger | imago stock&people
In Berlin schlagen Vermummte den Regierenden Bürgermeister Walter Momper im August 1991 mit einem Holzknüppel und sprühen ihm Reizgas ins Gesicht.
In Berlin schlagen Vermummte den Regierenden Bürgermeister Walter Momper im August 1991 mit einem Holzknüppel und sprühen ihm Reizgas ins Gesicht. © imago/Rainer Unkel | imago stock&people
Zuvor hatte Momper gemeinsam mit seiner Frau eine Ausstellung besucht. Auf dem Rückweg schlugen die Täter zu. Die Narbe auf seiner Stirn erinnert nach wie vor an die Attacke der fünf Vermummten.
Zuvor hatte Momper gemeinsam mit seiner Frau eine Ausstellung besucht. Auf dem Rückweg schlugen die Täter zu. Die Narbe auf seiner Stirn erinnert nach wie vor an die Attacke der fünf Vermummten. © imago | Christian Schroth
Ein Unbekannter greift die Parlamentarierin Angelika Beer (Grüne) in Berlin im Juni 2000 mit einem Messer an und verletzt sie am Arm.
Ein Unbekannter greift die Parlamentarierin Angelika Beer (Grüne) in Berlin im Juni 2000 mit einem Messer an und verletzt sie am Arm. © imago | Sven Simon
Sie hatte zuvor mehrere Morddrohungen erhalten. Die Drohungen stammten vor allem aus der linksextremen Szene, weil Beer den Nato-Angriffen auf Jugoslawien zugestimmt hatte.
Sie hatte zuvor mehrere Morddrohungen erhalten. Die Drohungen stammten vor allem aus der linksextremen Szene, weil Beer den Nato-Angriffen auf Jugoslawien zugestimmt hatte. © imago/Christian Ditsch | imago stock&people
Eine geistig verwirrte Frau verletzt den Hamburger Justizsenator Roger Kusch (CDU) bei einem Wahlkampfauftritt im Februar 2004 mit einem Messer.
Eine geistig verwirrte Frau verletzt den Hamburger Justizsenator Roger Kusch (CDU) bei einem Wahlkampfauftritt im Februar 2004 mit einem Messer. © imago stock&people | imago stock&people
Die Frau ging mit den Worten „Du schwule Sau“ auf den Politiker zu und griff ihn mit einem Klappmesser an. Später kam sie in die Psychiatrie.
Die Frau ging mit den Worten „Du schwule Sau“ auf den Politiker zu und griff ihn mit einem Klappmesser an. Später kam sie in die Psychiatrie. © imago | Sven Simon
Eine ebenfalls geistig verwirrte Frau greift den damaligen saarländischen Ministerpräsidenten Oskar Lafontaine und Kanzlerkandidaten (damals SPD) im April 1990 auf einer Wahlkampfveranstaltung in Köln mit einem Messer an.
Eine ebenfalls geistig verwirrte Frau greift den damaligen saarländischen Ministerpräsidenten Oskar Lafontaine und Kanzlerkandidaten (damals SPD) im April 1990 auf einer Wahlkampfveranstaltung in Köln mit einem Messer an. © imago/Becker&Bredel | BeckerBredel
Sie verletzt ihn lebensgefährlich und verfehlte die Halsschlagader nur knapp. Mehr als 25 Jahre später ist die Attentäterin Adelheid S. wieder aus der Psychiatrie entlassen und auf freiem Fuß.
Sie verletzt ihn lebensgefährlich und verfehlte die Halsschlagader nur knapp. Mehr als 25 Jahre später ist die Attentäterin Adelheid S. wieder aus der Psychiatrie entlassen und auf freiem Fuß. © dpa Picture-Alliance / DB
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Präsident des Deutschen Städtetags spricht von flächendeckendem Problem

Der Leipziger Oberbürgermeister und Präsident des Deutschen Städtetags, Burkhard Jung (SPD), verurteilte die Drohungen gegen Kommunalpolitiker und sprach im ARD-Mittagsmagazin am Donnerstag von einem flächendeckenden Problem: „In ganz Deutschland beobachten wir das. Von Aachen bis Görlitz, dass versucht wird, Kommunalpolitiker und Politikerinnen, ehrenamtliche Kreisräte, Stadträte zu beeinflussen. Zu mobben, zu haten.“

Jung forderte, das bestehende Recht sehr konsequent anzuwenden. Äußerungen gerade aus der rechten Szene seien strategisch gut durchdacht. Gewalttaten seien in jedem Fall inakzeptabel, auch wenn es um einen Überfall auf einen AfD-Politiker gehe: „Gewalt kann kein Mittel der Auseinandersetzung sein.“

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Künftige Justizministerin Lambrecht warnt vor Rechtsextremismus

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    Reker wurde von Rechtsradikalem beinahe getötet

    Sowohl Reker als auch Hollstein waren in den vergangenen Jahren zum Ziel von Attentätern geworden. Reker entging 2015 vor ihrer Wahl zur Oberbürgermeisterin nur knapp dem Tod, als ihr ein Rechtsradikaler mit einem Messer in den Hals stach. Auch Hollstein wurde im November 2017 von einem Mann mit einem Messer attackiert, er erlitt eine Verletzung am Hals.

    Walter Lübcke war in der Nacht zum 2. Juni auf der Terrasse seines Wohnhauses im hessischen Wolfhagen-Istha niedergeschossen worden. Unter dringendem Tatverdacht sitzt ein 45-Jähriger in Untersuchungshaft.

    Die Bundesanwaltschaft stuft das Verbrechen als politisches Attentat mit rechtsextremem Hintergrund ein. Der dringend Tatverdächtige, Stephan E. aus Kassel, hatte Verbindung zu Rechtsextremisten, ist einschlägig vorbestraft und äußerte im Internet ebenfalls Drohungen.

    Bouffier verspricht umfassende Aufklärung im Fall Lübcke

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      (ba/les/dpa)