Karlsruhe. Das Handelsabkommen der EU mit Kanada ist nach wie vor hochumstritten. Jetzt hat das Bundesverfassungsgericht ein erstes Urteil gesprochen. In trockenen Tüchern ist Ceta damit noch nicht.

Der Deutsche Bundestag ist seinen Mitwirkungspflichten beim vorläufigen Start des umstrittenen europäisch-kanadischen Handelsabkommens Ceta gerecht geworden.

Die Abgeordneten hätten sich 2016 über einen längeren Zeitraum intensiv mit Ceta auseinandergesetzt und in einer Stellungnahme auch inhaltliche Vorgaben gemacht, urteilte das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe am Dienstag. Eine Klage der Linksfraktion gegen den Bundestag wurde als unzulässig abgewiesen. (Az. 2 BvE 4/16)

In dem Verfahren ging es noch nicht um die weitaus brisantere Frage, ob Deutschland mit Abkommen wie Ceta auf verfassungswidrige Weise zu viele Kompetenzen aus der Hand gibt. Dazu sind noch verschiedene Verfassungsbeschwerden anhängig. Ein Bündnis der Verbraucherorganisation Foodwatch und der Vereine Campact und Mehr Demokratie hatte allein mehr als 125.000 Mitkläger mobilisiert. Auch die Linksfraktion hat noch eine zweite Klage gegen die Bundesregierung laufen. Wann darüber entschieden wird, ist offen.

Der Linke-Abgeordnete Andrej Hunko sagte nach der Urteilsverkündung, die Hauptklage komme noch. Seine Partei habe vor allem Bedenken gegen die vorgesehenen Investitionsschiedsgerichte, vor denen Konzerne auch Staaten verklagen könnten. "Wir halten das für grundfalsch."

Befürworter von Ceta sehen die Vorteile insbesondere im Wegfall von Zöllen und Handelshemmnissen. Die Parlamentarische Staatssekretärin im Wirtschaftsministerium, Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU), sagte, seit der vorläufigen Anwendung von Ceta habe sich das Handelsvolumen zwischen Kanada und der EU deutlich ausgeweitet. "Davon profitiert natürlich auch die Bundesrepublik." Das Urteil sah sie als "gutes Signal auch für die Frage, wie Ceta inhaltlich zu bewerten ist".

Ceta ist seit dem 21. September 2017 vorläufig in Kraft, allerdings nur in den Bereichen in unstreitiger EU-Zuständigkeit. Zuvor hatte das Bundesverfassungsgericht 2016 im Eilverfahren die deutsche Beteiligung erlaubt. Die Bundesregierung musste aber unter anderem sicherstellen, dass Deutschland im Zweifel aus dem Abkommen wieder herauskommt. Ein Stopp von Ceta ist also immer noch möglich.

Die Linksfraktion hatte beanstandet, dass der Bundestag im September 2016 zu Ceta auf Antrag von CDU/CSU und SPD nur eine Stellungnahme beschlossen hatte und kein Gesetz. Das sei für die Bundesregierung quasi ein Freibrief gewesen. Den Richterinnen und Richtern des Zweiten Senats war das aber nicht gut genug begründet. Es sei nicht substanziiert dargelegt worden, dass Rechte der Fraktion oder des Deutschen Bundestags verletzt sein könnten, sagte die Senatsvorsitzende und Vizegerichtspräsidentin Doris König.

Der SPD-Abgeordnete Axel Schäfer äußerte sich sehr zufrieden: "Wir haben unserer Integrationsverantwortung voll entsprochen in Europa und unsere Rechte politisch wahrgenommen." Der CDU-Abgeordnete Philipp Amthor sagte, er sehe das Urteil auch als eine Entscheidung zur Stärkung eines selbstbewussten Parlaments in der Europapolitik.

Damit das Abkommen vollständig in Kraft treten kann, muss es von den Parlamenten aller EU-Mitgliedstaaten ratifiziert werden. Das ist erst zum Teil passiert. In Deutschland kann Ceta erst ratifiziert werden, wenn das Bundesverfassungsgericht über alle Klagen entschieden hat.

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