Berlin. Gerhard Schröder bietet sich als Vermittler im Ukraine-Krieg an. Dafür ist er aber zu parteiisch und indiskret, meint Miguel Sanches.

In Deutschland ist Gerhard Schröder zur Unperson geworden. Neulich beim Golfclub in Hannover hat sich einer sogar offiziell beschwert: der Anblick Schröders störe. Prädikat: Unzumutbar. Seltsam, irgendwie auch bezeichnend. Die Deutschen haben zum Basta-Kanzler ein verkrampftes Verhältnis. Seine Partei, die SPD gehört beim Thema Schröder auf die Couch.

Schröder als Friedensstifter im Ukraine-Krieg nur zweite Wahl

Im Ausland wird Schröder kaum beachtet, ein "has-been". Er war mal wer. Lang her. Nun ist es nicht mehr relevant, ob er Verhandlungen für geboten und sich für den idealen Mittler hält, ob er sich Wladimir Putin warmhalten will oder nicht, für oder gegen die Pipeline Nord Stream 2 ist. Was den Lauf der Zeit überdauert hat, ist bloß seine Geltungssucht, aber bitte: Wer aus der Politik sollte mit dem ersten Stein werfen?

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Als Friedensstifter im Ukraine-Krieg ist Schröder nur zweite Wahl. Zum Vermittler fehlen ihm zwei Tugenden. Er ist weder unparteiisch noch diskret genug. Dass er ein Interview für die Mitteilung geben muss, dass der Kremlchef verhandeln will, zeigt sein Dilemma: Eine Stimme aus dem Off. Wenn Schröder anruft, nehmen offenbar viele nicht mehr ab.

Miguel Sanches, Politik-Korrespondent.
Miguel Sanches, Politik-Korrespondent.

Will Putin reden? Die Einschätzung lässt aufhorchen, zumal nach der Einigung über den Getreideexport. Man müsste Putin testen. Es sollte klar sein, dass der Krieg nicht militärisch, sondern nur durch Verhandlungen zu Ende gehen wird und die Europäer nichts unversucht lassen sollten, um vor ihrer Haustür ein abgedrehtes Regime – ein zweites Nordkorea? – zu verhindern.

Russland einzubinden, bleibt eine außenpolitische Priorität; auch dann, wenn sie von Schröder formuliert wird. Hingegen sind seine Äußerungen zu Nord Stream 2, nun ja, der Tagtraum eines Lobbyisten. Früher oder später wird er von der Regierung auch noch eine Abwrackprämie verlangen.

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Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de.