Berlin . Deutschland folgt dem US-Beispiel und hilft der Ukraine mit schweren Waffen – indirekt, über Umwege. Die Lieferanten und ihre Tricks.

Im Ringtausch beliefert Slowenien die ukrainische Armee mit T-72-Kampfpanzern und bekommt von der Bundeswehr den Schützenpanzer Marder und den Radpanzer Fuchs. Die Ukraine hat einen doppelten Vorteil davon: Sie erhält schwere Waffen, die ihnen aus Sowjetzeiten vertraut sind; und ihre Soldaten müssen nicht neu ausbildet werden.

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Zu Beginn des Ukraine-Kriegs und im städtischen Raum benötigten die mobilen Einheiten im Kampf mit den Russen Panzerfäuste und tragbare Flugabwehrraketen. Russland konnte seine Feuerkraft nicht ausspielen. Jetzt tritt der Krieg in eine neue Phase ein. Im offenen Gelände brauchen die Verteidiger schwere Waffen: Panzer, Haubitzen, Kampfflugzeuge- und Hubschrauber. Genau das stellt der Westen der Regierung in Kiew zur Verfügung. Die treibende Kraft: Die USA. Sie liefern Material und sind das Vorbild für den Ringtausch. Genau so verfahren sie mit Tschechien und Polen. Sie geben altes Panzer ab, die USA füllen die Bestände neue auf.

Moderne und schwere Waffen

Zuletzt verriet der Sprecher des Pentagon, des US-Verteidigungsministeriums, John Kirby, die Ukraine habe „mehr Kampfjets als vor zwei Wochen“. Das Land habe „zusätzliche Flugzeuge und Flugzeugteile erhalten“.

Am Vorabend der russischen Ost-Offensive landeten an der Grenze zur Ukraine vier Flugzeuge. Im Frachtraum: Waffen aus den USA. Der Ukraine-Krieg geht weiter – und die Rüstungshilfen in die nächste Runde. Ein fünfter Flug werde in Kürze folgen, wie es heißt. Viele Staaten unterstützen die Regierung in Kiew im Abwehrkampf gegen die Russen.

Sie registrieren genau, was die westliche Führungsmacht tut. Es gleicht Tabubrüchen. Zum einen wird modernstes Gerät geliefert, etwa 18 Feldhaubitzen vom Typ 155mm. Es handelt sich um die modernste Version dieser Waffenart. Im Vergleich dazu muteten einige bislang gelieferte Waffen wie Vintage-Ware an, so etwa über 30 Jahre alte Raketen aus DDR-Beständen.

Waffenlieferungen: Auch Kampfpanzer- und Flugzeuge

Eine neue Qualität hat zum anderen, dass erste Staaten dazu übergehen, die Ukraine mit schweren Panzern und Flugzeugen zu beliefern. Dazu passt, dass der ukrainischen Botschafterin in den USA, Oksana Markarova, die Türen für Verhandlungen mit den Herstellern der modernesten Drohnen vom Typ Reaper- und Predator geöffnet wurden.

Der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte auf Twitter teilte mit, die Ukraine mit schwereren Waffen wie Panzerfahrzeugen zu unterstützen. Das habe er bei einem Telefongespräch mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj vereinbart.

Die Slowakei ist bereit, ihre sowjetischen Kampfflugzeuge vom Typ MiG-29 und Tschechien Kampfpanzer vom Typ T-72 abzugeben. Das tun beide Partner nur in Abstimmung mit den USA und mit der Nato.

Denn natürlich ziehen sie sich den Zorn von Russlands Präsidenten Wladimir Putin zu. Der Deal ist einfach: Die USA ersetzen die Verluste mit modernen Waffen und geben zugleich eine Sicherheitsgarantie ab..

Russlands Präsident Wladimir Putin hat kein leichtes Spiel mit der Ukraine. Sie verteidigt sich tapfer und wird vom Westen massiv aufgerüstet.
Russlands Präsident Wladimir Putin hat kein leichtes Spiel mit der Ukraine. Sie verteidigt sich tapfer und wird vom Westen massiv aufgerüstet.

Ukraine-Krieg: Panzerlieferungen als rüstungspolitische Eisbrecher

Nicht zu unterschätzen ist die Signalwirkung: "Es ist schwer, als Erster Panzer zu schicken. Aber wenn jemand das Eis gebrochen hat, wird es viel einfacher", kommentierte Litauens Vizeverteidigungsminister Margiris Abukevicius in der "Washington Post". Noch vor einem Monat haben die USA gezögert, ein vergleichbares (Panzer)Angebot Polens zu unterstützen.

Mithin hat sich die US-Haltung geändert. Das militärische Zutrauen in die ukrainischen Soldaten ist gestiegen, die Hoffnung auf ein baldiges Ende des Krieges nicht. Folge: Eine Hemmschwelle sinkt. Die Amerikaner liefern mehr und stärkere Waffen und richten sich auf eine lange Auseinandersetzung ein. Das US-Verteidigungsministerium hat vor einer Woche Führungskräfte der acht größten US-Waffenhersteller eingeladen, um eine Erhöhung der Produktion zu erörtern – die USA beugen für den Fall vor, dass der Krieg noch Jahre andauern könnte. Auch interessant: Ukraine-Krieg: Scheitert Putin mit der neuen Großoffensive?

Wenn die Amerikaner ihre Unterstützung verstärken, folgen andere westliche Staaten ihrem Beispiel. So sprach ein Beamter des US-Verteidigungsministeriums von Panzern, "die von einigen Ländern an die Ukraine geliefert" worden seien. Es handele sich um Gerät, das ukrainische Soldaten bereits kennen und reparieren könnten, und das in ost- und mitteleuropäischen Ländern in großer Stückzahl vorhanden sei. Das lässt vermuten, dass das Vorbild Tschechiens insgeheim längst Schule gemacht hat. Aber nicht jeder tritt kommunikativ aus der Deckung. Gleichwohl werden die Russen ziemlich genau wissen, wer welches Großgerät bereitstellt. Solche Lieferungen lassen sich kaum verbergen.

Ukraine: Mehr als 30 Waffenlieferanten

Wer auf die Internetseite "Forum on the Arms Trade" geht, findet eine Liste von 30 Staaten, die neben den USA Waffen liefern. Darunter ist mit Finnland sogar ein neutraler Staat, und auch kleinere Länder wie Luxemburg, Nord-Mazedonien und Portugal lassen sich nicht lumpen; und sei es, dass sie nur Granaten, Munition und Sturmgewehre bereitstellen. Die Iren und Rumänen lieferten Benzin, auch wichtig.

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Die Briten betreiben eine offensive Kommunikationspolitik und lieferten unter anderem Anti-Schiffsraketen und gepanzerte Fahrzeuge. Frankreich bleibt zumeist vage. Man liefere Waffensysteme, die den von der Ukraine geäußerten Bedürfnissen entsprechen, heißt es in Paris. Die Türkei bestätigt die Lieferung von Drohnen, nennt aber keine Stückzahl (woran auch die Ukraine kein Interesse haben kann). Es ist davon auszugehen, dass viele Verkäufe geheim abgewickelt werden. Das Gros kommt von Nato-Mitgliedern. Drei ferne Ausnahmen sind Japan (schusssichere Westen und Helme), Korea (persönliche Ausrüstung) und Australien (Raketen).

Nach einer Studie des Kieler Instituts für Weltwirtschaft liegt Deutschland bei den Regierungshilfen für die Ukraine an vierter Stelle nach den USA, Polen und Großbritannien. Anders sieht es aus, wenn man die bilateralen Hilfen im Vergleich zur Wirtschaftsleistung stellt, zum Bruttoinlandsprodukt. Dann leisten Estland, Polen und Litauen die größte Hilfe.

Verkaufsschlager im Ukraine-Krieg: Panzerabwehrraketen

Beinahe täglich kommen im Kriegsgebiet kleinere, aber bislang sehr nützliche Waffen wie Javelin-Panzerabwehrraketen und Stinger-Flugabwehrraketen an, mit denen die ukrainischen Soldaten Hunderte russische Panzer und gepanzerte Fahrzeuge zerstört haben. Auch Deutschland half mit Panzer- und Flugabwehrraketen.

Lesen Sie auch: Scholz zu Waffenlieferungen: Keine deutschen Alleingänge

Die Bundesregierung glaubt aber, nichts mehr aus Bundeswehr-Beständen abgeben zu können. Die Möglichkeiten seien "weitgehend erschöpft“, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) im "Spiegel". Er versicherte, "was noch verfügbar gemacht werden kann, liefern wir aber auf jeden Fall noch – Panzerabwehrwaffen, Panzerrichtminen und Artilleriemunition.“ Ansonsten will der Kanzler der Ukraine vor allem mit Geld helfen, mit immerhin einer Milliarde Euro für Waffenbestellungen.

Ukraine-Krieg – Hintergründe und Erklärungen zum Konflikt

Entscheidend ist die Hilfe aus den USA, die schon vor der Invasion mindestens drei Milliarden US-Dollar investiert und ihre Hilfe gerade nochmal um 800 Millionen US-Dollar aufgestockt haben. Zum neuem Hilfspaket gehören neben den Haubitzen 200 gepanzerte Personentransporter vom Typ M113, elf Mi-17-Hubschrauber, 100 weitere Panzerfahrzeuge sowie Artilleriemunition. Sie lieferten zuvor schon unter anderem lasergelenkte Raketensysteme, Drohnen, Stinger- und Javelin-Raketen, Kleinwaffen und verschiedene Munition.

Experten gehen davon aus, dass die USA bis zu einem Drittel ihrer Javelin-Raketen aus ihren Beständen abgegeben haben. Die Regierung drängt die Hersteller, die Jahres-Produktion von 1000 auf 6480 Stück hochzufahren; sei es, um die Ukraine zu beliefern, sei es, um die eigenen Bestände wieder aufzufüllen.

Dieser Artikel erschien zuerst auf www.waz.de.