Berlin. Pünktlich zum globalen Klimastreik hat sich die Bundesregierung auf ein Klimapaket verständigt. Ist Umweltschutz nur ein Elitenprojekt?

Dieses Klimapaket wird Deutschland verändern. In den Heizungskellern, in den Garagen, in den Köpfen. Das ist gut so. Es gibt keine Alternative. Der Planet ist krank. Jeder sieht, fühlt, spürt das. Allen voran die Hunderttausenden, die bei der größten Klimademo aller Zeiten unterwegs waren.

Bei den Politikern hat es gedauert. Jetzt ist der Groschen gefallen. Nicht ganz freiwillig. Weil in Brüssel Milliarden-Strafzahlungen drohen, sollte Deutschland die EU-Klimaziele 2030 verfehlen. Weil viele Bürger den Volksparteien bei der Europawahl einen Denkzettel verpassten.

Die Regierung wird schrittweise so tief in den Alltag eingreifen wie lange nicht mehr. Der Einbau von Ölheizungen wird von 2026 an verboten. Fliegen soll teurer, Bahnfahren billiger werden. An den Zapfsäulen ziehen die Preise erst einmal nur um ein paar Cent an. Aber die Tendenz nach oben ist klar.

Klimapaket: Prämien auf moderne Öko-Heizungen

Jene Autofahrer, die jeden Euro umdrehen, bei Wind und Wetter mit der Familienkutsche oder dem kleinen Gebrauchten zur Arbeit pendeln müssen, werden das im Geldbeutel merken. Für sie wird die steuerliche Pendlerpauschale von 30 auf 35 Cent ab dem 21. Kilometer angehoben. Das ist ökologisch zwar Quatsch. Aber nicht jeder auf dem Land kann sich mal eben ein neues, sauberes E-Auto leisten, höhere Kaufprämien hin oder her.

Außerdem werden Steuern auf Strom deutlich gesenkt, was direkt bei den Haushalten ankommen wird. Für moderne Öko-Heizungen gibt es eine Prämie von bis zu 40 Prozent der Einbaukosten. Das sind schnell ein paar Tausend Euro Zuschuss.

Erst höhere Preise sorgen für echte Lenkungswirkung

Tim Braune kommentiert das Klimapaket der Bundesregierung.
Tim Braune kommentiert das Klimapaket der Bundesregierung. © HA | Ha

Das Echo aus Wissenschaft und von der Straße ist verheerend. Luisa Neubauer, das Covergirl der deutschen „Fridays for Future“-Bewegung, verdammte das Paket als „Skandal“. Klimaguru Ottmar Edenhofer sprach von einem „Dokument der politischen Mutlosigkeit“, weil die Regierung zum Start nur ein Minipreisschild auf jede Tonne Kohlendioxid klebt. Eine echte Lenkungswirkung wird sich erst bei höheren Preisen entfalten.

Der Einstieg in eine CO2-Bepreisung bleibt ein Meilenstein. Man kann der viertgrößten Volkswirtschaft der Welt nicht über Nacht den fossilen Saft abdrehen. Atomausstieg bis 2022, Kohle-Aus bis 2038 sind gewaltige Herausforderungen. Es würde die Industrie zerreißen, wenn übermorgen VW, BMW und Daimler dichtmachen, Hunderttausende Väter und Mütter arbeitslos würden. Die ungeduldige Greta-Generation muss akzeptieren, dass Kompromisse das Lebenselixier der Demokratie sind.

Umweltschutz darf aber kein Elitenprojekt sein

Gutverdiener können sich steigende Energiepreise leisten. Umweltschutz darf aber kein Elitenprojekt sein, darf nicht zu einem „Klima-Hartz-IV“ werden. Insofern ist es klug, dass die Koalition versucht, die richtigen Lehren aus den vor 15 Jahren von Gerhard Schröder durchgepeitschten Arbeitsmarktreformen zu ziehen.

Spritpreise auf einen Schlag um 30 Cent hoch? Wollen wir „Gelbwesten“ am Brandenburger Tor? Die AfD versucht bereits, ein giftiges Klimasüppchen aufzukochen. Die Bürger würden „gnadenlos für eine Ideologie ausgepresst“. Das sind keine Argumente. Das ist Vogelschiss.

Ein echter Durchbruch ist die jährliche Kontrolle, dass alle Ministerien die CO2-Einsparziele einhalten müssen. Dieser Mechanismus muss ein Folterinstrument mit harten Sanktionen werden. Reicht das 54-Milliarden-Paket aus, damit Merkel bis 2021 Kanzlerin bleiben kann? Die SPD-Mitglieder werden ihr das zu Nikolaus beantworten.

Fällt Olaf Scholz im Rennen um den SPD-Vorsitz mit dem Klimavertrag durch, werden die GroKo-Gegner das ungeliebte Bündnis im Dezember platzen lassen. Vollendet dann Grün-Schwarz die Klimawende?