Berlin. Union und SPD haben sich auf ein Klimaschutzpaket verständigen können. Unter anderem sollen ab 2021 Diesel und Benzin teurer werden.

Nach mehr als 18 Stunden Verhandlung haben CDU, CSU und SPD einen Durchbruch bei den Verhandlungen um ein Klimaschutzpaket erzielt. Das erfuhr unter anderem die Deutsche Presse-Agentur aus Teilnehmerkreisen. Ein umfangreiches Maßnahmenbündel zur Einhaltung der für 2030 gesetzten Klimaziele war das Ziel der Verhandlungen.

Vor allem Autofahrer müssen tiefer in den Geldbeutel greifen – zumindest, wenn sie einen Diesel oder Benziner fahren. Dafür will der Staat Elektromobilität weiter fördern, so dass sich mehr Autofahrer für ein Elektro-Auto entscheiden. Bei der Opposition zeigt man sich enttäuscht von den Maßnahmen. „Ich bin bitter enttäuscht“, twittert die Grünen-Co-Chefin Annalena Baerbock.

„Nötig war fürs Klima: schnell, kraftvoll, verbindlich. Was wir bekommen, ist langsam, lasch, unverbindlich. Das ist eine Abkehr von den Pariser Klimazielen und von unserer Zukunft #AlleFürsKlima #Klimastreik.“

Klimapaket der Bundesregierung - Das Wichtigste in Kürze:

  • Die Bundesregierung hat sich auf ein Klimapaket geeinigt
  • Die Einigung gab es nach einer langen Nacht
  • Unter anderem sollen die Preise für Benzin steigen und Bahntickets günstiger werden
  • Die Grünen sind entsetzt
  • Das Klimapaket im Wortlaut

Vorgesehen ist, dass künftig nachgesteuert wird, wenn Deutschland beim CO2-Sparen weiterhin nicht schnell genug vorankommt, um das Klimaziel für das Jahr 2030 zu schaffen. Dies soll ein unabhängiges Gremium prüfen. „Die Ergebnisse können sich aus meiner Sicht sehen lassen“, sagt CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer bei der Pressekonferenz.

Bundeskanzlerin Angela Merkel sagt mit Blick auf das beschlossene Paket: Dies sei das in der Politik mögliche gewesen. Die Maßnahmen seien die Grundlage, um die Klimaziele für 2030 erreichen zu können. Vor allem im Verkehr und bei der Gedäudedämmung gebe es viele Anreize für ein klimafreundlicheres Verhalten der Bürger.

Klimapaket der Bundesregierung – die geplanten Maßnahmen

  • Nach Informationen unserer Redaktion hat das Klimapaket ein Gesamtvolumen von mehr als 50 Milliarden Euro bis 2023. Zur Finanzierung soll es weder neue Schulden noch eine zeitweise diskutierte Klimaanleihe geben, heißt es aus Koalitionskreisen
  • 2021 sollen Benzin und Diesel um 3 Cent teurer werden, bis 2026 dann 10 Cent
  • Zum 1. Januar 2020 wird die Mehrwertsteuer auf Bahntickets im Fernverkehr gesenkt und die Luftverkehrssteuer angehoben
  • Der Preis für den Ausstoß des klimaschädlichen Treibhausgases CO2 im Verkehr und bei Gebäuden sollen über einen Handel mit Zertifikaten geregelt werden
  • Der Einbau neuer Ölheizungen soll bereits ab dem Jahr 2026 verboten sein
  • Wer seine alte Ölheizung gegen ein klimafreundlicheres Modell auswechselt, soll mit bis zu 40 Prozent der Kosten gefördert werden
  • Als Entlastung für einen CO2-Preis im Verkehr haben sich die Koalitionsspitzen auf eine Erhöhung der Pendlerpauschale um fünf Cent pro Kilometer von 2021 an geeinigt. Das gilt allerdings erst ab dem 21. Kilometer. Solche Fernpendler können demnach künftig 35 statt 30 Cent von der Steuer absetzen
  • Außerdem soll die EEG-Umlage zur Förderung des Ökostroms ab 2021 gesenkt werden. Der Ausbau des Ökostroms soll beschleunigt werden. Beim Ausbau von Photovoltaik soll eine bisherige Förder-Begrenzung aufgehoben werden

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Der CO2-Preis war ein Knackpunkt in den fast 19-stündigen Verhandlungen im Kanzleramt. Ein weiterer Knackpunkt war der Ausbau der erneuerbaren Energien. Vor allem der Ausbau der Windkraft an Land war ins Stocken geraten. Der Ausbau von Windrädern und Solaranlagen für mehr Ökostrom soll dem Vernehmen nach beschleunigt werden.

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    Das Klimakabinett der Bundesregierung muss das Eckpunkte-Papier für die Klimapolitik bis 2030 noch endgültig besiegeln. Ein ausführliches Klimaschutzprogramm soll dann in den kommenden Wochen folgen. Für das milliardenschwere Klimapaket will die Regierung keine neuen Schulden aufnehmen. Die „schwarze Null“ solle bleiben, hieß es.

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      Die Verhandlungen waren „sehr hart“, wie es zuvor aus Koalitionskreisen hieß. Kurz vor 8 Uhr war bekanntgegeben worden, dass die Sitzung des sogenannten Klimakabinetts, ursprünglich angesetzt für 11 Uhr, um zwei Stunden nach hinten verschoben wurde. Am Freitagmorgen hieß es aus Teilnehmerkreisen, es werde vor allem noch um den Preis für den Ausstoß des klimaschädlichen Treibhausgases Kohlendioxid gerungen.

      Klingbeil wirbt um Verständnis für lange Verhandlungen

      SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil hatte in einem Interview mit dem Deutschlandfunk am Freitag um Verständnis für die langen Verhandlungen geworben. „Da ist es mir lieber, dass eine Stunde länger verhandelt wird – aber dafür ist es dann ambitioniert“, sagte Klingbeil, während Union und SPD noch immer im Kanzleramt berieten.

      Der Klimaschutz werde der Gesellschaft etwas abverlangen, die Herausforderungen seien „gewaltig“, wenn es um den Kohleausstieg oder beispielsweise den Ausbau erneuerbarer Energie gehe. „Das macht man mal nicht eben so“, sagte Klingbeil.

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        Kritik von FDP und Linke

        Die FDP kritisierte das Klimapaket hingegen als ziel- und mutlos. „Hier und dort wird mit viel Geld an Stellschrauben gedreht. Es fehlt allerdings eine große Vision für einen wirksamen Klimaschutz“, sagte der bau- und wohnungspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Daniel Föst.

        Die Linke nannte die Maßnahmen „unsozial und ineffektiv“. Es würden vor allem kleine und mittlere Einkommen belastet, erklärten die Fraktionsvorsitzenden Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch: „Dieser weitgehend ineffektive Flickenteppich an Maßnahmen wird dem Klimawandel nicht ansatzweise gerecht.“

        Städte- und Gemeindebund: Kommunen müssen zentrale Rolle spielen

        Der Deutsche Städte- und Gemeindebund lobte das Klimapaket als „wichtigen Schritt“ zum Erreichen der deutschen Klimaziele. Die Finanzierung der Beschlüsse der großen Koalition werde aber „zu erheblichen Steuerausfällen der öffentlichen Hand führen“, sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg unserer Redaktion.

        Die Kommunen erwarteten deshalb, größere Unterstützung vom Bund: Die Verkehrswende und der klimagerechte Umbau der Städte und Gemeinden sei „ein Kraftakt, der Milliarden kosten wird und Zeit braucht.“ Notwendig sei deshalb eine nachhaltige Finanzierung.

        „Wir erwarten, dass die zentrale Rolle der Kommunen im Klimaschutz stärker gewichtet wird“, so Landsberg. Eine stärkere Beteiligung der Kommunen an den Erträgen der Energiewende sei ein wichtiges Signal.

        „Wenn der Bürger sieht, dass mit den Mitteln die Einrichtungen der Daseinsvorsorge vor Ort ertüchtigt werden (Kindergärten, Schulen, Wege und Plätze), wird dies die Akzeptanz erhöhen.“ Der notwendige schnellere Ausbau der erneuerbaren Energien wird nur gelingen, wenn die Planungsverfahren tatsächlich beschleunigt werden und die Akzeptanz der Bürger zunehme.

        Während die Regierung noch berät, läuft bereits der weltweite Klimastreik

        Die Entscheidung für das Klimapaket fällt auf den Tag der womöglich größten Demonstration für den Klimaschutz in der Geschichte. In mehr als 160 Staaten haben Menschen angekündigt, den Aufrufen der von Greta Thunberg inspirierten Bewegung „Fridays for Future“ zu folgen und für besseren Klimaschutz auf die Straße zu gehen. Allein in Deutschland werden Hunderttausende Demonstranten an mehr als 500 Standorten erwartet.

        (br/dpa/rtr/tb)