Washington/Peking. Erstes Treffen seit zehn Jahren: Der US-Präsident und der chinesische Staatschef wollen über Taiwan und den Ukraine-Krieg sprechen.

Es ist nur zehn Jahre her – aber es war eine völlig andere Zeit. Als Joe Biden und Xi Jinping noch Vize-Präsidenten waren, reisten der Amerikaner und der Chinese gemeinsam durch ihre Länder. Sie sprachen stundenlang unter vier Augen, lernten sich kennen. Ob die inzwischen zur Nummer eins ihrer Länder avancierten Staatsmänner an den Gesprächsdraht von damals anknüpfen können, darf bezweifelt werden. An diesem Montag kommen Biden und Xi am Rande des G20-Gipfels in Indonesien zusammen.

Es ist der erste persönliche Austausch seit Amtsantritt des US-Präsidenten vor fast zwei Jahren. Die informelle Themenliste des Mini-Gipfels ist üppig und voller Konfliktpunkte: Ukraine-Krieg, Pekings Territorialansprüche im Südchinesischen Meer und seine Machtgelüste in Richtung Taiwan, Menschenrechtsfragen – nicht nur bei den Uiguren –, Aufrüstung, Handelskrieg mit Strafzöllen, Protektionismus, Produktpiraterie, Internet-Spionage.

Ukraine-Krieg – Hintergründe und Erklärungen zum Konflikt

USA: Generäle warnten vor der Gefahr einer kriegerischen Auseinandersetzung

Vor dem Abflug aus Washington skizzierte Biden seinen Plan – es ist der Versuch eines machtpolitischen Arrangements zweier großer geopolitischer Akteure. Er wolle „rote Linien“ im Umgang miteinander bereden, so Biden. Für ihn gehe es darum zu verstehen, was Xi für die „entscheidenden nationalen Interessen Chinas hält“ und wo sich hier Konflikte mit den USA auftun. Wäre diese Schnittmenge einmal definiert, müsse man versuchen, die Spannungen rechtzeitig zu entschärfen. Es gehe ihm um „fairen Wettbewerb, nicht um Konfrontation”, betonte Biden.

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Washington schaut argwöhnisch auf das wirtschaftliche und militärische Expansionsstreben der Supermacht in Fernost. US-Generäle hatten zuletzt die Gefahr einer kriegerischen Auseinandersetzung thematisiert. Dabei kamen sie zu dem Schluss, dass die Vereinigten Staaten trotz eines Jahresbudgets von 800 Milliarden Dollar militärisch gegenüber Peking stark ins Hintertreffen geraten seien. China wiederum wirft den USA vor, seinen Aufstieg in der Welt behindern zu wollen.

Peking: Die Beziehungen zwischen China und Russland sind „felsenfest“

Dennoch gab sich Peking vor dem Treffen zwischen Biden und Xi zumindest in der Rhetorik verbindlich. Man wolle die Beziehungen auf den Grundsätzen gegenseitigen Respekts, friedlicher Koexistenz und Kooperation zum gegenseitigen Nutzen entwickeln, sagte Außenamtssprecher Zhao Lijian. „Gleichzeitig verteidigen wir entschlossen unsere legitimen Rechte und Interessen.“

Ein unmissverständlicher Hinweis, dass die Volksrepublik nicht davon ablassen wird, Taiwan mit China zu vereinigen – „notfalls mit Gewalt“. Für Peking ist die demokratische Insel eine „abtrünnige Provinz“. Biden hatte mehrmals erklärt, Taiwan im Falle eines Angriffs militärisch beizustehen.

Dem Amerikaner dürfte es kaum gelingen, Xi in die Anti-Putin-Front des Westens einzureihen. Die Beziehungen zwischen China und Russland seien „felsenfest“, erklärte Außenamtssprecher Zhao. Beide Länder seien „umfassende strategische Partner“. Seit der russischen Invasion in die Ukraine hat Peking Wladimir Putin Rückendeckung gegeben. Für China sei der russische Einmarsch in die Ukraine eine Blaupause für einen möglichen Überfall auf Taiwan, betonen westliche Experten. Viel Gesprächsstoff für Bali.

Dieser Artikel erschien zuerst bei morgenpost.de.