Washington. Kritiker des Gouverneurs glauben, der Republikaner aus Florida sei als US-Präsident gefährlicher als sein politischer Ziehvater. Warum?

Für jemanden, der seine Präsidentschafts-Ambitionen offiziell noch nicht verkünden will, hat Ron DeSantis wie bei einer Schnitzeljagd viele Hinweise hinterlassen. Er betrat vor zehn Jahren als Unbekannter die politische Bühne und will 2024 ganz offensichtlich für die Republikaner ins Weiße Haus einziehen. In Schlüssel-Reden wie gerade in der Ronald Reagan-Bibliothek in Simi Valley/Kalifornien oder in seinem frisch erschienenen Quasi-Bewerbungs-Buch „Der Mut frei zu sein” variiert der 44 Jahre alte Gouverneur des Bundesstaats Florida zwei Stränge:

Er verkauft sich in den USA trumpistischer als Donald Trump. Etwa wenn es um den Kampf gegen illegale Einwanderung oder die politische Linke geht. Und er preist seine umstrittene Arbeitsbilanz im „Sunshine State” offensiv als Blaupause für ganz Amerika an.

USA: DeSantis lobt sich und die Entwicklung Florida

Wie systematisch, ja kaltblütig er das tut, ganz ohne Firlefanz und Trara in Sozialen Medien, macht DeSantis aus Sicht von Kritikern in US-Medien „weitaus gefährlicher als Donald Trump”. Was der dreifache Vater, dessen Gattin Casey seine engste Beraterin ist, seit 2018 in Floridas Hauptstadt Tallahassee geschaffen haben will, strotzt vor Superlativen.

Er nimmt für sich in Anspruch, Florida in allen relevanten Fragen landesweit zum Trendsetter und Vorbild gemacht zu haben. Nur zwei Facetten: Wäre Florida ein eigenständiger Staat, läge es vor Indonesien und Mexiko an Nr. 15 der weltgrößten Volkswirtschaften. Florida hat New York den Platz mit der drittgrößten Einwohner-Zahl nach Kalifornien und Texas abgerungen. 2021 und 2022 hatte der Bundesstaat im Südost-Zipfel der USA über 550.000 mehr Zugänge als Abgänge. Trotz ausgeprägter Gefahren, wie die schweren Verwüstungen in Küsten-Nähe durch die jüngsten Hurrikans zeigen.

Viele milliardenschwere Spender unterstützen DeSantis

Das Prahlen in eigener Sache trägt Früchte. Niemand außer DeSantis und Donald Trump, der seine erneute Kandidatur für das Weiße Haus bereits angemeldet hat, besitzt in Umfragen im konservativen Lager heute Chancen, bei den im Februar 2024 im Bauern-Bundesstaat Iowa beginnenden partei-internen Vorwahlen zu punkten.

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Viele milliardenschwere Spender wollen Trump bis dahin ausgemustert sehen und pushen DeSantis. Auch einflussreiche, rechtspopulistische Medien wie Fox News versammeln sich hinter dem in Jacksonville geborenen Juristen, der in Yale und Harvard studiert hat, aber konsequent auf Anti-Elite macht.

Kritiker sehen DeSantis-Land als Laboratorium für Illiberalismus

DeSantis hat sich die Rolle des autoritären Kulturkämpfers zugelegt. Alles Links-Progressive, das in den USA mit dem Begriff „woke” (gleich: wach) verächtlich gemacht und in die Nähe von Marxismus geschoben wird, bekommt seinen inquisitorischen Furor zu spüren. Sein Signatur-Spruch: „Florida ist da, wo das Woke sterben wird.”

Kritiker sehen DeSantis-Land dagegen längst als Laboratorium für Illiberalismus, in dem Schwule und Lesben, Transgender und andere Minderheiten an den Rand gedrängt werden. Und in dem bis in die Lehrpläne von Schulen und Universitäten von oben hineinregiert wird. Auf dass etwa eine kritische Auseinandersetzung mit Themen wie Sklaverei und Rassismus weitgehend unterbleibt. Oder ideologisch so gelenkt wird, dass Weißen dabei nicht unwohl wird.

Kritiker sehen DeSantis-Land als Laboratorium für Illiberalismus

Wie weit der gedrungen und von Natur aus latent verkrampft wirkende Politiker, der zuweilen Cowboy-Stiefel mit hohen Absätzen trägt, dabei geht, musste gerade der Disney-Konzern erfahren. Der für Mickey Mouse & Co. bekannte Unterhaltungs-Multi büßte per Gesetz seine Quasi-Regierungs-Autonomie rund um den Vergnügungspark Magic Kingdom in Orlando ein. DeSantis sanktionierte damit autoritär Kritik des früheren Disney-Chefs Bob Chapek. Der hatte auf Drängen seiner diversen Belegschaft Kritik an einem von DeSantis vorangetriebenen Schulgesetz geäußert.

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Danach darf in öffentlichen Lehr-Einrichtungen vom Kindergarten bis zur 3. Klasse nicht mehr über sexuelle Orientierung und Geschlechtsidentität gesprochen werden. Im Volksmund firmiert der Ukas unter „Don’t Say Gay“-Gesetz - „Sag nicht schwul”. DeSantis spricht von „sexueller Indoktrinierung”, die es zu stoppen gelte.

Kritiker sehen DeSantis-Land als Laboratorium für Illiberalismus

Am meisten bildet sich der ehemalige Baseball-Spieler etwas auf seine Corona-Strategie ein. Hier ist der Kontrast zu Trump, mit dem ihn inhaltlich sonst sehr viel verbindet, am größten. Während der Ex-Präsident für „shutdowns” und beschleunigte Impfstoff-Entwicklung verantwortlich ist, hielt DeSantis Florida weitgehend offen, wehrte sich gegen Impf-Mandate und schimpft Trumps „Seuchen-Papst” Tony Fauci als Totengräber Amerikas.

DeSantis straft seinen gegen ihn rempelnden Widersacher mit Nicht-Erwähnung, verteilt aber Seitenhiebe. So gibt DeSantis vor, Umfragen (Trumps Lebenselixier) zu ignorieren. „Wir haben die Menschen in unsere Richtung gezogen, weil sie auf Führungsstärke reagieren”, sagt er selbstbewusst.

DeSantis hat - anders als Trump - das Image des unbefleckten Gewinners

Auch unterscheidet sich sein politbüroartig abgeschirmter Regierungsstil von dem seines politischen Ziehvaters. „Es gibt kein Drama in meiner Regierung”, sagt DeSantis, „es gibt keine Palast-Intrigen.” Jedenfalls weiß man nichts davon. DeSantis zeigt Mainstream-Medien die kalte Schulter. Er gewährt nur ehrerbietigen Publikationen Interviews.

Anders als Trump hat Ron DeSantis seit seiner (von maßgeblicher Fürsprache Trumps begleiteten) ersten Wahl 2018 zum Gouverneur das Image des unbefleckten Gewinners. Bei seiner Wiederwahl im November setzte er sich selbst in demokratischen Hochburgen wie Miami-Dade mit 20 Prozent Vorsprung an die Spitze. Start-Kapital für mehr.