Moskau. Xi Jinping besucht Wladimir Putin für in Moskau – ist das der „Teufelspakt der Diktatoren“ oder die Hoffnung auf einen Friedensstifter?

Xi Jinping ist nicht nur für drei Tage nach Moskau gereist. Chinas Staatschef hat seinen russischen Kollegen Wladimir Putin auch demonstrativ zum Gegenbesuch eingeladen. Jenen Mann also, der per internationalem Haftbefehl als Kriegsverbrecher gesucht wird. Ist das endgültig der „Teufelspakt der Diktatoren“, den Vertreter der reinen demokratischen Lehre längst an die Wand malen?

Es gibt auch andere Stimmen im Westen. Sie schüren Hoffnungen und sehen in Chinas starkem Mann einen möglichen Friedensstifter in der Ukraine. Sie wollen sich auch von den Hochglanzbildern nicht täuschen lassen, die der Kreml vom Xi-Besuch inszenierte. Diese Stimmen gehören meist jenen, die Verhandlungen über ein Ende des russischen Angriffskrieges in der Ukraine herbeisehnen.

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Tatsächlich sind beide Sichtweisen eindimensional verengt. Klar ist: China kann nicht der neutrale Vermittler sein, als der sich Xi kürzlich mit seinem Zwölf-Punkte-Plan präsentieren wollte. Denn selbstverständlich ist Peking Partei – aufseiten Moskaus. So wie Washington, Berlin und Brüssel ebenfalls Partei sind – aufseiten Kiews.

Peking hat in Moskau Einfluss wie niemand anderes

Allerdings geht es bei den Hoffnungen, die manche im Westen mit China verbinden, gar nicht um die Rolle eines „neutralen“ Vermittlers. Dass Xi und Putin strategische Partner sind, steht außer Zweifel. Die beiden Staatschefs haben das am Dienstag mit weiteren Abkommen über eine vertiefte Zusammenarbeit untermauert. Aber gerade wegen dieser Sonderbeziehung kann die Führung in Peking einen Einfluss in Moskau geltend machen, den weltweit sonst niemand hat.

China kann dem russischen Angriffskrieg zwar nicht den Stecker ziehen. Aber ein klares Stoppsignal an Putin würde mit Sicherheit nicht ohne Wirkung bleiben. Denn faktisch hängt Russland seit Kriegsbeginn wirtschaftlich am Tropf Chinas. Und auch in der globalen Politik würde Putin ohne Xi endgültig zum Paria.

Man erinnere sich nur an den G-20-Gipfel im November, als Russlands Außenminister Sergei Lawrow vorzeitig und fast fluchtartig abreiste. Jener Lawrow, den das Publikum in Indien kürzlich auslachte, weil er allzu absurde Propagandaparolen verbreitete.

In dieser Lage könnte Xi seinen „lieben Freund“ Putin also zweifellos zu Verhandlungen mit Kiew „überreden“. So wie der Westen dies mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj tun könnte. Denn gegen den Willen der USA und ihrer europäischen Verbündeten könnte auch Selenskyj nicht lange Krieg führen.

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Unter dem Strich ist daher alles eine Frage der Ziele. Und da passt (noch) nicht viel zusammen. Weder für China noch für den Westen. Aus Pekings Perspektive darf Putin nicht als Verlierer vom Schlachtfeld gehen – und schon gar nicht über ein Scheitern stürzen. Denn damit würde die Gefahr wachsen, dass Russland sich neu orientiert. Umgekehrt will der Westen verhindern, dass sich der Eroberungskrieg für Russland lohnt: Putin darf mit seinen Annexionen keinesfalls durchkommen.

Beide Ansätze zusammenzubringen, wäre die ganz hohe Kunst der Diplomatie. Gesucht wäre eine Formel, die den Rückzug der russischen Truppen aus der Ukraine garantiert – und Putin dennoch nicht zum Verlierer macht. Dabei ginge es nicht um persönliche Gesichtswahrung, sondern um belastbare Ergebnisse. Klingt weit hergeholt. Aber spätestens wenn die bevorstehenden militärischen Offensiven ins Leere laufen, werden all diese Fragen mit neuer Dringlichkeit auf den Tisch kommen. Und Xi Jinping wird dabei eine Rolle spielen.

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