Doha. Deutschland wird an diesem Sonntag nicht bei der WM ausscheiden. Denn Costa Rica gewann überraschend 1:0 gegen DFB-Bezwinger Japan.

Wer hätte vor der WM gedacht, dass ein 28-jähriger Costa Ricaner, geboren in Puerto Limon, Spieler des CS Herediano, so viel Einfluss auf das Nervenkostüm der deutschen Nationalmannschaft nehmen würde. Keysher Fuller, ein Mann mit schmalen Schultern, hat die Ausgangslage in der Gruppe E durcheinandergewirbelt.

Denn am Sonntag zeigte sich im Ahmed-bin-Ali-Stadion in Doha mal wieder, dass im Fußball nicht immer die bessere Mannschaft gewinnen muss. Im Gegenteil. Costa Rica wirkte lange überfordert, lange verängstigt. Aber: Da war ja noch Keysher Fuller. Plötzlich stand der Angreifer frei am japanischen Sechzehnmeterraum, guckte sich die linke Ecke aus und nutzte die Gelegenheit, sich der Öffentlichkeit näher vorzustellen. Sein Schuss flog ins Netz (81.). Haltbar war dieser Ball, glücklich war der Sieg. Egal. Costa Rica feierte einen überraschenden 1:0 (0:0)-Erfolg über Japan. Alle vier Mannschaften können jetzt noch das Achtelfinale erreichen: Costa Rica, Japan, Spanien – und eben auch Deutschland.

Torschütze Keysher Fuller: "Das Tor hält uns am Leben"

„Ich habe das Tor geschossen, aber viel wichtiger sind die drei Punkte. Das Tor hält uns am Leben“, sagte Keysher Fuller. „Wir sind zusammengerückt. Wir sind nicht die Besten, aber niemals die Schlechtesten.“ Ein Motto, mit dem sich der Außenseiter ins Achtelfinale schlingern möchte. „Ich bin stolz auf diese Spieler“, meinte Trainer Luis Fernando Suárez. „Wir können immer noch träumen.“

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Dass es so weit kommen würde, daran war lange Zeit nicht zu denken. Costa Rica stabilisierte gegen Japan zwar seine Defensive, nachdem das kleine Land aus Mittelamerika im ersten Gruppenspiel noch 0:7 gegen Spanien untergegangen war. Nach vorne aber trauten sich die Costa Ricaner nicht. Pässe rutschten ins Aus, Zweikämpfe gingen verloren, die wenigen Schüsse flogen auf die Tribünen. Langeweile macht sich breit, denn auch Japan tat wenig, um diesem Spiel mehr Aufregung zu verleihen. „Wir haben versucht, das Spiel zu kontrollieren, hatte dabei jedoch Probleme“, sagte Japans Trainer Hajime Moriyasu.

Vielleicht lähmte seine Spieler, dass sie nach dem emotionalen Erfolg über Deutschland (2:1) diesmal etwas zu verlieren hatten. Vielleicht fehlte die Überzeugung. Vielleicht war es ein Fehler von Moriyasu, überraschend Ayase Ueda das Vertrauen im Sturm zu schenken und Takuma Asano vom VfL Bochum draußen zu lassen. In jeden Fall blieb das japanische Spiel seltsam dröge. Nur in einer kurzen Phase zu Beginn der zweiten Halbzeit schien sich das asiatische Land gefangen zu haben. Hidemasa Morita schoss aus rund 20 Metern, Torhüter Keylor Navas parierte (46.). Einige Minuten später dribbelte Yuki Soma von der linken Seite in die Mitte, sein Schuss geriet zu hoch (57.). Viel mehr gab es nicht zu notieren. „Wir müssen unseren Fußball weiterentwickeln“, sagte Moriyasu.

Schalke-Profi Yoshida wackelt beim Gegentor

Selbst ein Punkt hätte Japan geholfen und Deutschland zusätzlich unter Druck gesetzt. In der 81. Minute spielte der Schalker Maya Yoshida jedoch einen unkontrollierten Pass ins Zentrum. Yeltsin Tejeda erkannte die günstige Gelegenheit, eroberte den Ball, passte diesen auf Keysher Fuller. Dieser hatte viel Zeit, um seinen hohen Schuss in die linke Ecke vorzubereiten. Torhüter Shuichi Gonda hätte das Gegentor trotzdem verhindern können, wenn er passender in die Luft gesprungen wäre. So berührte er den Ball nur leicht mit den Fingerspitzen.

Costa Rica führte. Die Auswechselspieler stürmten von der Bank auf den Rasen, Keysher Fuller sprang umher. Irgendwie schienen sie selbst noch nicht glauben zu können, dass sie dieses Spiel jetzt gewinnen könnten. Am Ende rettete Torhüter Keylor Navas (35), der berühmteste Profi seines Landes, den Sieg. „Wir hören nie auf, an uns zu glauben“, meinte Keysher Fuller. „Das Wichtigste ist, wieder aufzustehen. Wir wollen kämpfen bis zum Ende und die Gelegenheit nutzen, uns für das Achtelfinale zu qualifizieren“, erklärte Stürmer Joel Campbell (30).

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2014 begeisterte Costa Rica schon einmal bei einer Weltmeisterschaft, Campbell oder Torhüter Navas standen damals im Kader. Erst im Viertelfinale scheiterte die Mannschaft im Elfmeterschießen (3:4) an den Niederlanden. Nun träumt das Land davon, noch einmal Ähnliches zu erleben.

Japan dürfte sich ärgern

Bloß deutete am Sonntag wenig darauf hin, dass dies erneut möglich sein könnte. Zu unterlegen war die Auswahl von Trainer Suárez, selbst wenn sie am Ende gewann. Trotzdem hofft der Trainer, gemeinsam mit seinen Spielern am Donnerstag (20 Uhr) auch Deutschland zu ärgern. Zeitgleich werden Spanien und Japan gegeneinander antreten. „Keiner darf uns vergessen, wir sind immer noch dabei“, sagte Suárez. „Ich habe immer gesagt, dass wir noch nicht tot sind. Das Spiel am Donnerstag wird genau so hart wie das heutige. Hoffentlich zeigt meine Mannschaft auch da, wozu sie in der Lage ist.“

Und Japan? Das Land aus Ostasien dürfte sich ärgern, eine große Chance vertan zu haben, bereits mit einem Bein im Achtelfinale zu stehen. Jetzt muss die Nation mit den vielen Bundesliga-Spielern gegen Spanien bestehen. „Unser Plan war es von Anfang an, nach drei Spielen die nächste Runde zu erreichen. Daher hat sich nichts geändert“, meinte Japans Trainer Hajime Moriyasu. Die Chancen seien gut, Spanien genauso wie Deutschland zu schlagen. „Wir gehen mit Selbstvertrauen in dieses Spiel.“