Am 13. Mai 1903 gründete sich der Fußballclub der Firma Carl Zeiß. Für unsere Sport-Redakteure ist das 110. Jubiläum eine gute Gelegenheit, in der elfteiligen Serie “110 Jahre FC Carl Zeiss Jena“ auf mehr als ein Jahrhundert Jenaer Fußballgeschichte zurückzublicken. Im ersten Serienteil geht es um den Gymnasial-Lehrer Hermann Peter. Er gründete 1890 den “Fußballverein Jena“.

Jena. Der Engländer hat das Spiel, der Deutsche das Turnen. Dabei ist die Eigenthümlichkeit zu beobachten, daß viel mehr Engländer spielen, als Deutsche turnen. - Jenaische Zeitung, 8. August 1893. Als Autor ist ein gewisser "P." angegeben. Hermann Peter. So darf vermutet werden.

1884 kam der Volksschullehrer aus Graitschen nach Jena ans "Carolo Alexandrinum"-Gymnasium. Im Jahr zuvor wurde dort die "Spielbewegung" eingeführt. Die Stadt Jena stellte bereitwillig das "kleine Paradies" zur Verfügung. Der Blick zurück von 1893: "Dort ist das Spielbedürfniß auch in Erwachsenen rege geworden.

Im Jahre 1890 versuchten sich einige Herren im Spiel mit dem großen Stoßballe. Sie entschlossen sich, zunächst die Einübung des schwierigen, aber äußerst interessanten Fußballspiels in Angriff zu nehmen; es bildete sich ein Fußballverein, der ursprünglich 8, dann 16, jetzt über 30 Mitglieder zählt". 1890 gründete Hermann Peter den Fußballverein Jena. Die Mitgliederschar war bunt gemischt. Studenten. Lehrer. Kaufleute.

Und ja: belegt sind ebenfalls junge Angestellte einer Firma names Carl Zeiß. "Die ganze Angelegenheit wurde wesentlich gefördert durch ein Mitglied aus England, den Herr (Magister Joseph John) Findlay, der von Jugend auf sich an diesem Spiele beteiligt hat und mehrere Jahre in seinem Vaterlande als Leiter einer Knabenschule seine Zöglinge das Spiel zu lehren hatte."

Auszug aus der Jenaischen Zeitung vom 8.8.1893 mit dem Spielbericht Fußballverein Jena gegen ATV Leipzig. Foto: Frank Döbert
Auszug aus der Jenaischen Zeitung vom 8.8.1893 mit dem Spielbericht Fußballverein Jena gegen ATV Leipzig. Foto: Frank Döbert © zgt

Für den 8. Januar 1893 ist die Einschreibung des Engländers J.J. Findlay an der Jenaer Universität nachgewiesen. Etwa ein halbes Jahr später kam es dann endlich zum ersten offiziellen Wettspiel einer Jenaer Mannschaft. Bis dato frönten die Schüler und Studenten der Stadt eher lose und unkoordiniert dem neuen Sport.

Die Jenaer Männer des Fußballvereins fuhren extra nach Leipzig, um dort einem Spiel gegen Berlin beizuwohnen, sich Anregungen zu holen. Eine Partie gegen Jena wurde für den 30. Juli vereinbart, "um den für die Entwicklung der Bewegungsspiele in Jena Interessierten auch in spieltechnischer Beziehung einen Anhalt zur Beurtheilung zu verschaffen".

Am Tage vor dem großen Spiel aber regnete es unaufhörlich. Dazu die Jenaische Zeitung: "Die Leipziger fragten sich, ob sie nicht das Wettspiel telegraphisch abbestellen sollten. Sie unterließen es auf gut Glück, und der 30. Juli wurde ein Tag mit vorzüglich geeignetem Wetter: die Wiese war weder staubig noch naß, die Temperatur niedrig, der Himmel bedeckt, die Luft rein". Es war der "erste Wettkampf, der in Thüringen nach englischem Muster ausgefochten wurde".

"Zwischen den Stäben und unter der Leine ..."

Mit dieser Grafik würdigte die Jenaer Studentenzeitung
Mit dieser Grafik würdigte die Jenaer Studentenzeitung "Akrützel" die seit 1896 gültigen Jenaer Regeln. Grafik: Akrützel © zgt

Zehn gegen zehn sollte gespielt werden. Ganz hinten der Malwärter, heutzutage der Torwart. Die Abwehrreihe hieß Hinterspieler, man war zu zweit. Drei Mittelspieler folgten in der Aufstellung, es stürmten vier Vorderspieler. "Jede Partei vertheidigte ein Mal - das aus 2 senkrecht stehenden Stangen gebildet wurde, die in der Mitte der kurzen Seite standen und oben durch eine Leine verbunden waren - und beabsichtigte den Ball durch das Mal der Gegner zu stoßen, also zwischen den Stäben und unter der Leine hin." - so beschrieb "P." das Spiel in der Jenaischen Zeitung. Leipzig siegte übrigens 1:0 - zeitgenössisch: "Die Leipziger haben demnach mit einer Partie gewonnen". Wie dieses erste Tor der Jenaer Fußballgeschichte gefallen ist? Auch das ist überliefert: "(...) traf der Ball die eine Malstange der Jenaer und prallte zurück; er hatte durch den Anprall aber eine Drehung erhalten, die ihn wieder vorwärts brachte; durch diese Drehung wurde er um den Spieler im Male herumgeführt, so daß er zwischen den Stangen hindurch ging".

Trainiert wurden die Jenaer Fußball-Pioniere von Hermann Peter und Joseph John Findlay. Letzterer soll sogar mitgespielt haben. 500 Zuschauer waren im Paradies dabei. Die erste Jenaer Zehn bestand aus fünf Engländern, einem Deutsch-Österreicher und vier Einheimischen. Allerdings startete Jena zu neunt, weil der Jenaer Mittelstürmer fehlte. Der Grund war lapidar: Die Anstoßzeit wurde kurzfristig um eine Stunde vorverlegt. Die Leipziger waren kulant, begannen auch zu neunt.

Für 1894 war ein "Retourwettspiel" angesetzt. Der ATV Leipzig und Jena blieben freundschaftlich verbunden.

Am Tennishaus der Universität in der Oberaue wurde zum Gedenken an den Begründer des Jenaer Fußballsports Hermann Peter in den 1920er Jahren eine Gedenkplakette angebracht, die noch erhalten ist. Foto: privat
Am Tennishaus der Universität in der Oberaue wurde zum Gedenken an den Begründer des Jenaer Fußballsports Hermann Peter in den 1920er Jahren eine Gedenkplakette angebracht, die noch erhalten ist. Foto: privat © zgt

Am 1. Januar 1896 gab der Jenaer Fußballverein ein Regelheft heraus. Dieses kleine Büchlein hat Geschichte geschrieben, war es doch das erste im Deutschen Kaiserreich, in dem allgemein gültige Fußballregeln aufgeschrieben wurden. Bis heute sind diese Regeln, die zu den ältesten weltweit gehören, im Fifa-Regelwerk vorhanden.

"Der Spielplatz sei von Bäumen und Sträuchern frei und mit niedrigem Gras bewachsen. Das Spielfeld ist doppelt so lang als breit und muß eine zugfreie Lage haben." - das noch heute gültige Maß und Aussehen des Fußballplatzes war geboren.

In der Jenaischen Zeitung wird schon 1893 über die Zukunft des Fußball fabuliert: "Wir meinen, daß in Deutschland kein Ort besser geeignet ist, diesen Bestrebungen ausreichende Basis zu erschaffen als Jena: Jena ist ein Ort, wo man unbefangen urteilt, wo man in dem prächtigen Naturparke der Saaleaue Raum genug hat, wo aber auch Einwohner zu finden sind, bereit, ein gemeinnütziges Unternehmen von solcher Bedeutung finanziell zu unterstützen".

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