Doha. Lionel Messi und Robert Lewandowski bleiben die Schlüsselfiguren ihrer Nationalteams. Jetzt kämpfen sie gegeneinander ums Weiterkommen.

Zwei Tore, zweimal Herzklopfen. Lionel Messi ließ das Schwere einfach aussehen. In der 64. Minute war der eine Moment für ihn gekommen; von seinem linken Fuß ließ er den Ball abtropfen, drückte ihn in die rechte Ecke. Erleichterung. Ekstase. Auf der Bank der Argentinier flossen Freudentränen, so groß war die Angst vor einem möglichen Aus gewesen. Messi rannte mit aufgerissenen Augen auf die Tribüne zu, auf der die argentinischen Fans ein blau-weißes Meer bildeten, das sich nun, nach diesem Tor, in eine Sturmflut verwandelt hatte.

Anderer Schauplatz, ähnliche Emotionen. Robert Lewandowski klaute sich in der 82. Minute den Ball, schoss überlegt an Torhüter Mohammed al-Owais vorbei ins Tor. Nach dem Spiel liefen auch dem Kapitän der polnischen Nationalmannschaft Tränen über die Wangen, der sonst so kühl wirkende Stürmer wurde überwältigt von den Gefühlen nach seinem ersten Tor bei einer Weltmeisterschaft.

Messi und Lewandowski führten ihre Teams zu 2:0-Siegen

Messis Tor leitete am Samstag den 2:0 (0:0)-Erfolg von Argentinien über Mexiko ein. Lewandowski hatte am selben Tag einen großen Anteil beim 2:0 (1:0)-Sieg der Polen gegen Saudi-Arabien. In der Gruppe C werden nun die Taschenrechner hervorgekramt, alle vier Nationen können in Katar noch auf das Achtelfinale hoffen. Und ausgerechnet am letzten Spieltag dieser Gruppe treffen zwei Weltfußballer bei ihrer wohl letzten Weltmeisterschaft aufeinander: Messi (35) kann Lewandowski (34) stoppen. Oder umgekehrt.

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Durch einen Sieg am Mittwoch (20 Uhr) würde Argentinien (3 Punkte) ins Achtelfinale springen; bei einem Unentschieden muss der Südamerikameister auf den Ausgang des Spiels zwischen Saudi-Arabien (3) und Mexiko (1) schielen. Polen (4) reicht ein Punkt, um im Turnier zu bleiben. Fest steht aber bereits: Es wird knistern im Stadion 974, knapp 44.000 Menschen passen dort hinein. In Doha drängen sich die Argentinierinnen und Argentiniern durch die Straßen, sie alle wollen ihr Land und Lionel Messi zum ersehnten Titel tragen.

Argentiniens Offensive wirkte lange gelähmt

Ob dies realistisch ist, darauf wird das Spiel gegen Polen eine weitere Antwort geben. Die Offensive der Argentinier wirkte gegen Mexiko lange gelähmt, es fehlte eine Idee, wie der Ball zu dem kleinen Künstler mit der Kapitänsbinde am Arm getragen werden sollte. Auf den Tribünen wurde gesungen, auf dem Platz mehr gerangelt als Fußball gespielt. Andererseits genügte ein Dribbling von Angel Di Maria, um Messi einmal freizuspielen; schon führte das 47-Millionen-Einwohner-Land. Das zweite Tor von Enzo Fernández – er streichelte einen Schuss in den rechten Winkel – bereitete Messi vor. Der Superstar, dem der WM-Pokal bei seinen vielen, vielen Rekorden noch fehlt, bleibt die Schlüsselfigur der argentinischen Nationalelf. „Ich habe keine Worte mehr, um es zu beschreiben: Für mich ist Leo alles“, sagte Di Maria. Argentinien liegt Messi einmal mehr zu Füßen.

Nach dem Schlusspfiff ließ er sich lange Zeit, ehe er den Medienraum betrat. „Wir wussten, dass wir heute gewinnen mussten, dass eine andere Weltmeisterschaft dann für uns beginnt, und wir haben es geschafft“, sagte Messi. „Wir wissen, dass wir einen wichtigen Schritt gemacht haben, aber uns ist bewusst, dass ein weiterer folgen muss, um das erste Ziel zu erreichen.“

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Die Argentinier scheinen bei diesem Turnier über keinen ausgetüftelten großen taktischen Plan zu verfügen. Trainer Lionel Scaloni setzt darauf, dass seine Mannschaft möglichst wenig zulässt und es dann irgendwie schafft, Lionel Messi in eine gute Schussposition zu bringen. „Er hat die Unterstützung von der Mannschaft“, sagte Scaloni. „Es ist toll, dass sie alles auf dem Platz lassen für diese Farben, für dieses Trikot“. Er habe gute Spieler, meinte der Trainer. „Darüber hinaus haben wir Leo. Messi soll diese WM genießen.“

Lewandowski will Argentinien das Turnier vermiesen

Nur möchte Lewandowski Argentinien das Turnier vermiesen. Der ehemalige Bayern-Stürmer, seit dieser Saison beim FC Barcelona unter Vertrag, hat in seiner Karriere schon einige Torrekorde gebrochen. Ein Treffer bei einer Fußball-Weltmeisterschaft fehlte ihm bislang jedoch. 442 Minuten musste er warten, gegen Mexiko (0:0) verschoss Lewandowski sogar einen Elfmeter. Diesmal erlöste sich der Angreifer, bereits die Führung durch Piotr Zielinski (39.) hatte er vorbereitet, und dankte seiner Familie.

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„Sie haben mich unterstützt. Sie sind die einzigen, die wissen, wie schwer es manchmal ist, und selbst das ist für sie die Krönung, weil sie bei mir sind und alles tun, damit ich mich so wohl wie möglich fühle“, sagte der Pole. Sein Tor sei die Erfüllung eines Traums. „Es ist klar, dass für jeden polnischen Nationalspieler das Wohl der Mannschaft an erster Stelle steht. Aber ich bin nun einmal Stürmer und habe den Gedanken im Hinterkopf, dass ich ein Tor schießen muss, um der Mannschaft zu helfen.“

Lewandowski schließt zu Pelé auf

Durch seinen 77. Länderspieltreffer schloss Lewandowski in der Liste der erfolgreichsten internationalen Torjäger zur brasilianischen Fußball-Legende Pelé auf. Gemeinsam liegen die beiden auf Rang zehn, ganz vorne thront Cristiano Ronaldo mit 118 Toren. Messi steht mit 93 Treffern auf dem dritten Platz.

Robert Lewandowski.
Robert Lewandowski. © dpa

Nun dürfe allerdings niemand vergessen, mahnte Lewandowski, dass noch ein Spiel anstehe. 2018 bei der WM in Russland scheiterte Polen in der Vorrunde, diesmal soll der Weg weiter führen. Die Hoffnung nährt dabei vor allem Robert Lewandowski „Aber ein Spieler wird ein Spiel nicht alleine gewinnen“, sagte Polens Trainer Czeslaw Michniewicz.

Sechsmal wurde Lionel Messi zum Weltfußballer ausgezeichnet, Robert Lewandowski durfte die Auszeichnung zweimal entgegennehmen. Um noch einmal bei dieser Wahl ganz oben zu stehen, bräuchte es wohl den WM-Titel. Bis dahin aber müssen noch einige Steine aus dem Weg geräumt werden, und erstmal muss sich einer von beiden am Mittwoch durchsetzen.