Essen. Überraschungsmannschaft Marokko fordert im Achtelfinale Spanien heraus. Ex-Bundesliga-Trainer Manuel Baum analysiert für uns die Partie.

In den bisherigen Achtelfinal-Partien der Weltmeisterschaft in Katar setzten sich die Favoriten durch. Ob sich dieser Trend auch am Dienstag hält, wird sich zeigen. Prädestiniert für einen Favoritensieg ist das Duell zwischen Überraschungsmannschaft Marokko und Top-Team Spanien. Allerdings: So richtig überzeugen konnte die Furia Roja bislang noch nicht. Das soll gegen Marokko (16.00 Uhr/ARD und MagentaTV) anders werden. Denn dem fulminanten 7:0 gegen Costa Rica folgte ein 1:1 gegen Deutschland und zum Vorrunden-Abschluss ein 1:2 gegen Japan.

Manuel Baum, ehemaliger Bundestrainer beim FC Augsburg und Schalke 04, erklärt in seiner WM-Spielanalyse "Tiefenlauf", worauf es für beide Teams ankommen wird und wagt eine Prognose. Der 43-jährige Baum ist während der WM 2022 für Magenta TV als Analyst und Kommentator aktiv. Magenta TV zeigt alle WM-Spiele live, 16 davon exklusiv.

Marokko im Taktikcheck von Manuel Baum

Marokko ist die Überraschungsmannschaft der Vorrunde. Mit ihrer taktisch sehr disziplinierten Teamleistung fuhr sie zwei Siege und ein Unentschieden unter dem neuen Coach Walid Regragui ein. Beachtlich: Marokko kassierte bislang nur ein Gegentor. Im 4-1-4-1 gegen den Ball, schafft es Marokko den Gegner im Spielaufbau aus der ersten Kette immer wieder aktiv zu stören.

Marokko hat sich als Gruppensieger für das WM-Achtelfinale qualifiziert.
Marokko hat sich als Gruppensieger für das WM-Achtelfinale qualifiziert. © AFP

Amrabat hält das Zentrum dahinter und ist auch erster Spieler im Spielaufbau (91 Prozent Passquote), wo Marokko auffächert und über die Außenbahn besonders rechts mit Ziyech und Hakimi gefährlich ist (93 Prozent der Angriffe).

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Im letzten Spiel gegen Kanada kamen sie nach früher 2:0 Führung, noch vor der Pause durch ein Eigentor in Bedrängnis und konzentrierten sich in der zweiten Hälfte auf die Verteidigung und das Umschaltspiel. Kanada drückte zwar und Marokkos Coach Regragui stellte zum Ende auf 5-4-1 um und verstärkte die rechte Seite mit dem kräftigen Stürmer En-Nesyri, um Angriffe über Alfonso Davies auszubremsen.

Manuel Baum ist bei der WM 2022 in Katar als Experte für Magenta TV im Einsatz.
Manuel Baum ist bei der WM 2022 in Katar als Experte für Magenta TV im Einsatz. © AFP

Spanien im Tatktikcheck von Manuel Baum

Alles andere als überzeugend war der Auftritt von Spanien im letzten Gruppenspiel gegen Japan. Mit einem schmeichelhaften 1:2 zog das Team von Luis Enrique als Gruppenzweiter ins Achtelfinale ein. Der Eindruck, dass Spanien sich des Weiterkommens sicher war und den letzten Zug vermissen ließ, ließ sich nicht erwehren. Durch Morata gingen sie per Kopf in Führung (11.) und zeigten die Schwäche Japans bei hohen Bällen in die Box auf. In der Folge hat Spanien das Spiel dominiert und kam auf bis zu 85 Prozent Ballbesitz bis zur Pause.

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Nach der Halbzeit fielen unmittelbar zwei Tore durch Fehler des schwachen Torwarts Unai Simon und Japan konnte sich wieder im 5-4-1 auf die Verteidigung konzentrieren. Zwar brachte Luis Enrique mit Asensio und Williams noch offensive Kräfte, aber keine Mannschaft zeigte zwingenden Offensivwillen. Beeindruckend war wieder mal die Passanzahl der Spanier mit 1027 gespielten Pässen und die daraus resultierenden langen Ballbesitzphasen (24) von über 45. Sekunden Dauer. Aber es fehlte der konkrete Wille aus dem horizontalen Spiel, den finalen Pass in die Box und den Abschluss zu suchen.

Marokko gegen Spanien: So könnte das Spiel laufen

Marokko wird als Außenseiter mit einer defensiven Ausrichtung in das Spiel gehen und in der bewährten Grundordnung 4-1-4-1 auflaufen, hat dann aber eine große Gefahr, dass Spanien mit Gavi und Petri in die offenen Zwischenräume stößt. Mit einem defensiveren 5-4-1 Riegel könnten sie den Spaniern den Raum für das vertikale Spiel in die Box nehmen. Aus der geordneten Defensive sind sie mit schnellem Umschalten gefährlich (Boufal, Ziyech) und werden dort ihre Chancen suchen. Ein weiteres Mittel wären offensive Standards, bei denen Spanien immer wieder Schwächen in der Verteidigung von langen Bällen auf den zweiten Pfosten hat.

Coach Luis Enrique wird wie immer im offensiven 4-3-3 auftreten und die Ballzirkulation einsetzen, um eine Lücke zu finden. Gegen Marokko müssen sie konkreter vertikal in die Box spielen, um zu Abschlüssen zu kommen. Offen ist die Frage, welches Profil er bei dem rechten Außenverteidiger (Carvajal, Llorente, Azpilicueta) sieht, der entweder hochstehend anschiebt oder gegen Boufal die Seite absichern muss, um nicht für Konter anfällig zu sein. Entscheidend wird das schnelle intensive Gegenpressing nach Ballverlusten sein, um Umschaltmomente von Marokko zu unterbinden und selbst wieder zu hohen Balleroberungen zu kommen

Marokko gegen Spanien: So tippt Manuel Baum

Es wird ein enges Spiel und eine schwere Aufgabe für Spanien. Am Ende werden aber auch dieses Mal die Favoriten weiterkommen: 2:1-Sieg für Spanien.

Die WM-Analysen von Manuel Baum finden Sie auch hier bei Youtube.