Berlin/Schönefeld. Am Flughafen BER prüft der Tüv die Technik. Bislang sollen die Prüfer zufrieden sein. Jetzt werden Komparsen für einen Test gesucht.

Glaubt man Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup, dann biegt das pannengeplagte BER-Projekt jetzt tatsächlich auf die Zielgerade ein. Die entscheidenden Technik-Tests im Hauptterminal des neuen Hauptstadtflughafens in Schönefeld seien planmäßig gestartet, sagte Lütke Daldrup am Montag unmittelbar nach einer außerplanmäßigen Zusammenkunft des Aufsichtsrats der Flughafengesellschaft Berlin-Brandenburg (FBB) in Tegel. Jetzt gehe es bereits in die Feinplanung für das ORAT-Programm. Die Abkürzung steht in der Planersprache für „Operational Readiness and Airport Transfer“ und beinhaltet nicht nur eine letzte Überprüfung aller Abläufe am neuen Airport, sondern auch den Umzug aller Flughafen-Einrichtungen von Tegel nach Schönefeld.

Noch in diesem Jahr, so kündigte Lütke Daldrup am Montag an, werde es einen Aufruf geben, mit dem rund 20.000 Freiwillige gesucht werden. Die Komparsen werden gebraucht, um unmittelbar vor der Eröffnung noch einmal alle Abläufe vom Check-in über die Gepäckaufgabe bis zum Start und der späteren Landung eines Flugzeugs mit Menschen durchzuspielen, die den Flughafen noch nicht kennen. Ein solcher Groß-Probelauf gilt als letzter und entscheidender Praxistest unmittelbar vor der Inbetriebnahme und soll im Sommer nächsten Jahres stattfinden.

Flughafen BER: Tests mit Tausenden Komparsen gab es bereits im Februar 2012

So mancher Berliner und Brandenburger wird sich erinnern. Tests, bei denen Tausende Komparsen die Abläufe simulierten, hat es schon einmal im Februar 2012 gegeben. Dass damals im Gebäude an vielen Stellen parallel dazu Bauarbeiter arbeiteten und etliche Bereiche noch abgesperrt waren, erklärten die Verantwortlichen damals damit, dass es auf Großbaustellen kurz vor der Eröffnung immer so unfertig aussehe. Es werde halt bis zur letzten Minuten gearbeitet. Im Mai 2012 kam dann die für alle Beteiligten ernüchternde Botschaft: Weil die Brandschutztechnik im Terminal nicht funktioniert, kann der BER nicht wie geplant am 3. Juni 2012 öffnen.

Sieben Jahre und vier Eröffnungstermine später seien nun alle Baumängel und Technikprobleme beseitigt, werden die BER-Verantwortlichen nicht müde zu erklären. Der Beginn der Wirkprinzipprüfung sei ein Meilenstein auf dem Weg zur BER-Inbetriebnahme, sagte etwa FBB-Aufsichtratchef Rainer Bretschneider am Montag. Und auch Lütke Daldrup versicherte erneut, dass der BER in dem zuletzt Ende 2017 angepassten Fertigstellungsplan liegt.

Kabelsysteme am Flughafen BER auf dem Prüfstand

Doch noch immer gibt es ein paar Unwägbarkeiten. So sagte Lütke Daldrup auch, dass von den zwölf wesentlichen Anlagen der Brandschutztechnik im BER-Terminal erst elf komplett fertiggestellt und einzeln abgenommen seien. Anlage Nummer zwölf sind die Tausende Kilometer langen Kabelsysteme, mit denen alle übrigen Anlagen mit Informationen, Steuerbefehlen und Energie versorgt werden. Dort hatten die Tüv-Prüfer noch im April mehr als 10.000 Mängel beanstandet. Lütke Daldrup sagte am Montag, dass inzwischen alle Mängel der Priorität eins und drei Viertel der Mängel der Priorität zwei abgearbeitet seien. Wie viele Probleme genau noch nicht beseitigt sind, wollte er auf Nachfrage der Berliner Morgenpost allerdings ebenso wenig mitteilen wie die Anzahl der intern festgelegten Prioritäten.

Auch bei einem zweiten Bauproblem gibt es noch keine Entwarnung: Wie im Frühjahr bekannt geworden war, sind Kabelschächte und andere Installationen mit Dübeln an den Wänden befestigt worden, die den zwischenzeitlich geänderten Bauvorschriften nicht mehr entsprechen. Der Flughafenchef sieht darin kein großes Problem: Mit Hilfe von Gutachten werde nachgewiesen, dass die verbauten Dübel alle Sicherheitsanforderungen (zum Beispiel die Haltbarkeit bei Bränden im Terminal) entsprächen. Solche Ausnahmegenehmigungen muss das brandenburgische Landesamt für Bauen und Verkehr in Cottbus erteilen. Bisher hat die Flughafengesellschaft aber noch nicht einmal die Anträge dafür eingereicht.

BER-Eröffnung könnte am Dübel-Problem scheitern

Flughafenchef Lütke Daldrup sagte dazu, dass für eine verwandte Dübelart inzwischen ein Gutachter beauftragt worden sei, die Zulassungsanträge für zwei weitere eingesetzte Dübel würden im September gestellt. Für eine weitere Befestigung habe sich das Problem erledigt, weil die Herstellerfirma inzwischen einen Ausnahmegenehmigung selbst beantragt und genehmigt bekommen habe. Der für das gesamte Genehmigungsverfahren zuständige Landrat Stephan Loge (SPD) hatte bereits darauf hingewiesen, dass die BER-Eröffnung am Ende auch am Dübel-Problem scheitern könnte.

Mängel an der lebensrettenden Brandschutztechnik hatten bereits in der Vergangenheit mehrfach die Eröffnungstermine am BER platzen lassen. Zuletzt hatte Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) Zweifel geäußert, dass die Fertigstellung des inzwischen mehr als sechs Milliarden Euro teuren Großflughafens im Plan liegt. Diese Zweifel hatte auch das Anberaumen der Sondersitzung des Aufsichtsrats genährt. Laut Lütke Daldrup habe sich aber keiner der aktuell drei Vertreter des Bundes im Aufsichtsgremium am Montag kritisch zum aktuellen Baustand geäußert.

Als nächstes kommt der Aufsichtsrat der Flughafengesellschaft Ende September zusammen. Dann werden die Tüv-Prüfer ihren auf 41 Arbeitstage veranschlagten Techniktest weitgehend abgeschlossen haben. Der Flughafenchef weiß schon jetzt: „Wir liegen im Plan, da werde ich auch im September nichts anderes sagen.“