Berlin. Seit Corona-Beginn haben 41.000 Geschäfte in Deutschland aufgegeben. Innenstädte müssen attraktiver werden – und Mieten bezahlbarer.

Alles muss raus. Wir schließen. Diese Schilder sind im Handel leider keine Seltenheit. Und jeder kann die Folge bei seinem vorweihnachtlichen Einkaufsbummel anhand der zahlreichen Leerstände in großen und kleinen Städten ablesen: Der Handel befindet sich wegen der vielen gleichzeitigen Krisen von Corona, Inflation und Ukraine-Krieg in schweren Zeiten.

Seit Beginn der Pandemie mussten 41.000 Geschäfte in Deutschland aufgeben. In den Jahren zuvor waren es rund 5000 pro Jahr. Die meisten von ihnen verschwinden lautlos, ohne Insolvenzverfahren. Die Händler schließen einfach die Tür, wenn sie nicht mehr können. Weil ihr Eigenkapital aufgebraucht ist, weil wegen der Lockdowns zu wenig oder keine Kunden mehr kamen und die Einnahmen nicht mehr die Kosten deckten.

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Aber auch Größe ist kein wirksamer Schutz. Viele Filialketten haben 30 Prozent ihrer Standorte seit 2019 dicht gemacht. Traditionsreiche Namen wie Galeria Kaufhof oder Görtz befinden sich in Insolvenzverfahren. Die Ursachen sind vielfältig. Manche Ladenaufgabe basiert auf falschen Entscheidungen und Konzepten des Managements. Doch viele ächzen schlichtweg unter den allgemeinen Problemen, unter denen wir derzeit alle leiden.

Krise: Die Kauflaune der Verbraucher ist gedämpft

Beate Kranz ist Wirtschaftsredakteurin der Funke Mediengruppe.
Beate Kranz ist Wirtschaftsredakteurin der Funke Mediengruppe. © Reto KlaR

Viele Menschen halten angesichts explodierender Energiekosten ihr Geld zusammen. Die Lust auf Konsum ist gedämpft. Manche haben am Monatsende sogar nichts mehr übrig, um großzügig zu shoppen. Das lässt nicht gerade die Kassen klingeln. Zum Glück ist der Arbeitsmarkt intakt – und die Mehrheit kann ihren Lebensstandard in etwa aufrechterhalten und sich weiter einiges leisten.

Auch für den Handel sind die hohen Energiepreise eine große Herausforderung. Insbesondere für Lebensmittelhändler mit großen Kühltruhen vervielfachen sich seit Monaten die Kosten, die durch die branchenüblichen Umsatzrenditen von 1,5 bis 3 Prozent nur schwer aufzufangen sind – trotz Gas- und Strompreisbremsen und staatlichen Hilfen.

Handel: Macht die Innenstädte attraktiver

Viele Geschäfte knipsen ihre Beleuchtungen bereits über Nacht aus. Kaufhäuser und Einkaufszentren schließen ihre Eintrittstüren, damit nicht zu viel Wärme aus den Verkaufsräumen entweicht. Doch die meisten fürchten: Das wird nicht reichen. Hier könnten weitere Schließungen drohen.

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Während der Corona-Pandemie haben viele Menschen das Internet für sich zum Shoppen entdeckt. Nach einem starken Umsatzplus stagnieren dort aktuell jedoch die Umsätze. Das zeigt auch: Viele Menschen kaufen einfach gerne persönlich in Läden ein. Auch dieses Jahr wird der größte Umsatzanteil mit gut 86 Prozent im stationären Handel erzielt und nur 14 Prozent im Internet. Sicherlich wird sich diese Relation mittelfristig weiter zugunsten des Online-Handels verschieben. Doch es zeigt auch: Der stationäre Handel hat weiter eine gute Zukunft – und die muss genutzt werden.

Zur Attraktivität gehören bezahlbare Mieten

Eine lebendige Innenstadt lebt von einem guten Mix aus Geschäften, Restaurants, Kultur und schönen Treffpunkten – wie Plätzen, Bänken unter Bäumen oder auch Springbrunnen. Einkaufsstraßen sind dort als Publikumsmagnete nicht wegzudenken. Hier sind die Städte in der Pflicht, ihre Orte noch attraktiver zu gestalten. Es sollten echte Marktplätze werden, wo man sich gerne trifft.

Zur Attraktivität zählen aber auch bezahlbare Mieten, damit sich Händler mit neuen Ideen und Konzepten ansiedeln. Angesichts der vielen Leerstände bestehen gute Chancen, dass Händler sich mit ihren Vermietern auf vernünftige Mieten einigen – also solche, die von den Ladenbesitzern über Gewinne zu erwirtschaften sind und den Vermietern eine Rendite abwerfen. Hier sollten beide Seiten aufeinander zugehen. Denn Leerstand hilft niemandem.