Brüssel. Der digitale Euro kommt. Wie funktioniert er und was wird aus Bargeld und Kreditkarte? Die Antworten auf die fünf wichtigsten Fragen.

In Deutschland und weiten Teilen Europas soll es bald ein neues gesetzliches Zahlungsmittel geben: Die Einführung des digitalen Euro rückt näher. Die EU-Kommission legte am Mittwoch in Brüssel einen Gesetzentwurf vor, der den Rechtsrahmen für die elektronische Gemeinschaftswährung bilden soll. Noch sind wichtige Fragen offen, viele Verbraucher bangen um die Zukunft des Bargelds. Was man jetzt wissen muss und wie es weitergeht.

Was ändert der digitale Euro für mich?

Der digitale Euro wäre ein elektronisches Zahlungsmittel, das im gesamten Euroraum genutzt werden könnte – als digitale Variante der Euro-Währung neben dem Bargeld. Weil es sich um ein gesetzliches Zahlungsmittel handelt, wäre der Handel verpflichtet, auch die Digital-Variante immer anzunehmen. Er könnte also genutzt werden wie Bargeld, nur eben über eine App oder über eine Karte – beides wäre Zentralbankgeld, auch die elektronische Variante wäre risikofrei und zuverlässig, erklärt die Bundesbank. Privatpersonen könnten digital bezahlen, ohne ihre Daten mit dritten Anbietern zu teilen - und ohne Abstriche bei Stabilität, Sicherheit und Vertrauen. Denn Zentralbankgeld kann nicht verloren gehen.

Der Vizepräsident der EU-Kommission, Valdis Dombrovskis, verspricht auch Kosten-Vorteile für Verbraucher: „Mit einem digitalen Euro würden die Gebühren sinken, die Verbraucher für Zahlungen entrichten, denn er würde den Wettbewerb in Europa beflügeln.“ Doch ob sich konkret im Alltag der Verbraucher viel ändert, wird von Fachleuten bezweifelt. Der Unions-Finanzexperte im EU-Parlament, Markus Ferber (CSU), sagt, Verbraucher könnten schon heute mit Bargeld oder über Girokonten Zahlungen auszulösen, es gebe eine Vielzahl von technischen Möglichkeiten. „Mit dem digitalen Euro würde es nur eine zusätzliche Möglichkeit geben“, meint Ferber. „Ob das am Ende Akzeptanz findet, weil insbesondere Fragen des Datenschutzes noch nicht sauber beantwortet sind, muss sich erst zeigen“. Ferber sagt deshalb spöttisch: „So wie der digitale Euro konzipiert ist, ist er eine Lösung auf der Suche nach einem Problem.“

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Wie kann ich mit dem E-Euro zahlen?

Überall im Euroraum könnten die Bürger mit dem digitalen Euro gebührenfrei bezahlen, etwa mithilfe einer digitalen Geldbörse oder per Smartphone, erklärt die EU-Kommission. Details stehen noch nicht endgültig fest. Aber nach den Plänen erhält jeder Bürger eine digitale Brieftasche, eine sogenannte „Wallet“. Sie soll über das Handy oder den PC erreichbar sein. Allerdings ist für Konsumenten ein Maximalbetrag geplant, der in der Wallet gespeichert werden kann, im Gespräch sind 3000 Euro – damit nicht riesige Geldabflüsse in die Wallets Banken in Schieflage bringen. Im Prinzip könnte der digitale Euro auch zur Konkurrenz für Kreditkartenanbieter wie Mastercard oder Visa oder Zahlungsdienstleister wie Paypal oder Klarna werden. Der europäische Verbraucherschutzverband Beuc begrüßt das ausdrücklich: „Es ist höchste Zeit, dass wir uns von den großen internationalen Kartensystemen abkoppeln, um online und offline zu bezahlen“, sagt Beuc-Generaldirektorin Monique Goyens. Sie lobt, dass die Kommission die Forderung aufgegriffen habe, den E-Euro „kostenlos, allgemein verfügbar und für die Offline-Nutzung bereit zu machen, was für die Akzeptanz durch die Verbraucher unerlässlich ist.“

Geht es nur um leichteres Bezahlen?

Nein. Ein digitaler Euro soll nach Angaben der Europäischen Zentralbank (EZB) die geldpolitische Souveränität des Euroraums stärken, Wettbewerb und Effizienz im Zahlungsverkehr fördern. Europa steht unter Druck, weil 114 Staaten weltweit die Einführung digitaler Zahlungsmittel vorbereiten. In der EU wäre digitales Geld, das die Zentralbank ausgibt, „ein Stabilitätsanker für das Zahlungs- und Währungssystem“, erklärt die EZB.

Bar oder mit Karte? Das ist die bevorzugte Zahlungsmethode nach Altersgruppen.
Bar oder mit Karte? Das ist die bevorzugte Zahlungsmethode nach Altersgruppen. © dpa | dpa-infografik GmbH

Der Brüsseler Kommissar Dombrovskis betont, Banknoten und Münzen könnten die Wirtschaft der EU im digitalen Zeitalter nicht allein tragen. Es sei notwendig, eine neue Form der offiziellen Währung einzuführen, die risikofrei sei. „Das Fehlen einer weithin verfügbaren und nutzbaren Form von Zentralbankgeld, die technologisch an das digitale Zeitalter angepasst ist, könnte auch das Vertrauen in das Geld der Geschäftsbanken und letztlich gegenüber dem Euro selbst schmälern.“ Die Kommission betont auch die Vorteile gegenüber Kryptowährungen wie Bitcoin und Ether mit ihren volatilen Kursen: Der digitale Euro wäre für Privatanleger eine stabilere Alternative, denn sie soll an den relativ stabilen Euro gekoppelt sein.

Ist dies das Ende unseres Bargelds?

Nein, versichert die EU-Kommission. Bargeld werde es weiter geben. Auch die EZB betont: „Der digitale Euro würde das Bargeld ergänzen, aber nicht ersetzen.“ Kommission und EZB betonten am Mittwoch gemeinsam, sie würden „alles daransetzen, dass Bargeld auch weiterhin in allen 20 Mitgliedsländern verfügbar ist und akzeptiert wird.“ Doch es brauche eine zweite Option: „Hätten wir beide Optionen – Euro-Bargeld und einen digitalen Euro –, so könnten alle frei wählen, wie sie bezahlen möchten, und niemand würde digital abgehängt.“ In einem weiteren Gesetzesvorstoß will die Kommission deshalb die EU-Mitgliedstaaten verpflichten sicherzustellen, dass Bargeld bis zu einer festzulegenden Höhe auch tatsächlich in der Praxis als Zahlungsmittel akzeptiert wird. Außerdem soll das Geldabheben vereinfacht werden: Einzelhändler Scheine und Münzen ausgeben können, ohne dass Verbraucher etwas kaufen.

Wann kommt der digitale Euro?

Frühestens 2028. Die Europäische Zentralbank (EZB) untersucht derzeit, wie der digitale Euro aussehen müsste und welche Nutzerbedürfnisse bedacht sein sollten. „Da die Untersuchungsphase noch nicht abgeschlossen ist, haben wir bislang keinen endgültigen Vorschlag, der bis ins Detail ausgearbeitet ist“, erklärt die Zentralbank. Nach Abschluss dieser Untersuchung wird im Herbst entschieden, ob Testläufe für das geplante Zahlungsmittel gestartet werden sollen und welche integrierten Dienstleistungen entwickelt werden. Das soll nach den EZB-Plänen etwa drei Jahre dauern. Parallel muss die EU das Gesetzgebungsverfahren vorantreiben: Dem Vorschlag der Kommission müssen EU-Parlament und der Rat der Mitgliedstaaten zustimmen – damit ist frühestens 2024 zu rechnen, vermutlich wird es noch später. Erst wenn das Gesetz beschlossen und die Tests abgeschlossen sind, kann die Europäische Zentralbank final die Einführung des digitalen Euro beschließen. Dass der E-Euro kommt, gilt allerdings schon heute als sicher.

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