Berlin. Mit dem Heizungsgesetz will die Bundesregierung gerade ihre Klimaziele erreichen. Lesen Sie hier, warum die Experten die Daumen senken.

Das gerade erst beschlossene Heizungsgesetz bleibt in seiner Wirkung weit hinter den Erwartungen von Klimaexperten zurück. "Damit ist es eigentlich ausgeschlossen, dass wir unsere Klimaziele bis 2030 im Gebäudesektor erreichen“, sagte der Leiter der Arbeitsgruppe Energiesysteme am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung, Gunnar Luderer, der Deutschen Presse-Agentur.

Um das Ziel der Klimaneutralität erschwinglich und erreichbar zu halten, müsste nach den Berechnungen des von Luderer geleiteten Kopernikus-Projekts Ariadne innerhalb der nächsten Jahre der Einbau von Öl- und Gasheizungen auf nahe Null gebracht werden. Das beschlossene Gesetz schaffe aber bis 2026 und 2028 noch keine ausreichenden Anreize für eine Abkehr von den Fossilen bei den Neuanschaffungen. "Wir haben ein sehr, sehr großes Problem, und es ist unwahrscheinlich, dass das Gebäudeenergiegesetz in der aktuellen Form das Problem löst.“ Lesen Sie auch: Heizungsgesetz ist beschlossen: Alle Regeln im Überblick

Experte: So sind Klimaziele nicht zu erreichen

Auch für Kai Bergmann von der Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch reicht das Gesetz nicht aus: "So sind die Klimaziele nicht zu erreichen.“

Neben dem Heizungswechsel sei es unabdingbar, die Häuser besser zu dämmen, damit nicht so viel Energie nach außen abgegeben werde. "Dafür müsste der Staat aber mehr Geld aufbringen, denn Sanierungen sind aufwändig und teuer.“

Bio-Kraftstoffe und Wasserstoff sind keine Alternative

Deutschland möchte bis zum Jahr 2045 klimaneutral werden, also rechnerisch keine klimaschädlichen Gase mehr ausstoßen. "Für mich ist die allergrößte Sorge in Bezug auf die Klimaneutralität die Fehlentwicklung bei Gebäuden“, sagte Luderer. Noch immer würden jedes Jahr 600.000 neue Öl- und Gasheizungen eingebaut, derzeit sogar noch mehr.

Textbaustein Heizölpreise

Heizungen werden etwa 20 bis 30 Jahre genutzt. In dieser Zeit kämen bei fossilen Heizungen jede Menge CO2-Emissionen zusammen, sagt Luderer. "Das ist eine Menge, die wir uns nicht mehr leisten können.“ Die derzeit eingebauten Heizungen drohten, Deutschland die Klimaneutralität zu verbauen.

Luderer glaubt nicht, dass die Lösung darin besteht, in großem Maßstab Bio-Kraftstoffe oder Wasserstoff zum Heizen in Häusern einzusetzen. "Die Brennstoffe werden bis mindestens 2040 oder 2045 begrenzt und teuer sein“, erklärt er. "Nutzt man sie für Häuser, schafft man Lücken an anderer Stelle, wo man sie eigentlich dringender bräuchte, etwa in der Industrie.“

Klimaexperten fordern einen CO2-Preis

Um Verbraucherinnen und Verbraucher zum Umstieg auf klimafreundliche Heizsysteme zu bewegen, brauche es, so der Klimaforscher, zusätzlich zu Regulierung und Fördermaßnahmen auch einen CO2-Preis, der die ökologische Wahrheit spreche. Falls dieses Umsteuern nicht gelinge, würden bald sehr viele Heizungen vorzeitig wieder ausgebaut und ersetzt werden müssen – zu erheblichen Zusatzkosten für die Besitzer.

Ein anderes Szenario sei, dass die Politik und die Gesellschaft die eigenen Klimaziele aufweiche. "Dieses Risiko halte ich für sehr hoch“, sagte er. Der Expertenrat für Klimafragen hat der Bundesregierung kürzlich mit Blick auf ihre Klimapolitik das Zeugnis "ungenügend“ ausgestellt. (fmg) Auch interessant: Heizungsgesetz: Was bleibt, sind zwei gravierende Probleme