London. Die britische Autobranche hat eine turbulente erste Jahreshälfte hinter sich. Nicht nur Chip-Bauteile fehlen, auch die Mitarbeiter - wegen strenger Richtlinien zur Selbstisolation.

Die Vorschriften zur Corona-Quarantäne und der weltweite Chip-Mangel haben den britischen Autobauern den schlechtesten Juni seit fast 70 Jahren eingebrockt.

Die Produktion von 69 097 Autos bedeutete den schlechtesten Monatswert seit 1953, mit Ausnahme des Corona-Jahres 2020, wie der Branchenverband SMMT am Donnerstag in London mitteilte. Verbandschef Mike Hawes sagte, dass bei einigen Zulieferern bis zu 30 Prozent der Arbeiter fehlten, weil sie wegen Kontakts mit Corona-Infizierten zu Hause bleiben müssten.

Diese "Pingdemie" - wie das Phänomen in Großbritannien wegen des "Anpingens" der Corona-Warn-App genannt wird - hat die gesamte Wirtschaft zuletzt hart getroffen. Teilweise blieben Supermärkte leer, Mülltonnen wurden nicht geleert, Busse und Bahnen blieben stehen.

Die Selbstisolation von Mitarbeitern habe zu der "sehr schwierigen" Lage der Branche beigetragen, so der Verband Society of Motor Manufacturers and Traders (SMMT). Hawes forderte die Regierung auf, die Vorschriften zur Selbstisolation früher als geplant zu ändern. Derzeit müssen auch vollständig Geimpfte in häusliche Quarantäne, wenn sie "gepingt" (angeklingelt) werden, das soll sich erst am 16. August ändern.

Die Branche habe eine "turbulente" erste Jahreshälfte erlebt. Außer den Folgen der Pandemie belasteten auch der Brexit mit teilweise neuen Handelsregeln sowie Zuliefererprobleme. Fast eine halbe Million Autos weniger rollten in den ersten sechs Monaten in Großbritannien vom Band, das sind 38 Prozent weniger als im Durchschnitt der vergangenen fünf Jahre. Die Branche beziffert den Verlust auf 8,5 Milliarden Pfund (10 Mrd Euro).

Vier von fünf Fahrzeugen, die in Großbritannien produziert werden, gehen in den Export. Die EU ist trotz des Brexits weiterhin der wichtigste Markt mit einem Ausfuhranteil von gut 50 Prozent.

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