Berlin. Rechtsanwälte fordern komplette Erstattung der Kosten für betroffene deutsche Thomas-Cook-Kunden. Muss der Staat am Ende haften?

Wegen der Thomas-Cook-Pleite droht der Bundesregierung nun eine Klage vor Gericht. Die Rechtsanwaltskanzlei MyRight hat die Regierung dazu aufgefordert, binnen 14 Tagen eine Zusage abzugeben, alle nicht durch die Pauschalreiseversicherung gedeckten Kosten, die den rund 300.000 Kunden durch die Insolvenz entstanden sind, zu begleichen.

Andernfalls werde MyRight die Bundesregierung in zwei Wochen vor dem Berliner Landgericht auf Staatshaftung verklagen, sagte der MyRight-Rechtsanwalt Jan-Eike Andresen dieser Redaktion. Von MyRight lassen sich laut Andresen bereits rund 1000 geschädigte Thomas-Cook-Kunden vertreten.

War die begrenzte Versicherungssumme für Pauschalreisende rechtens?

Warum soll ausgerechnet der Staat für die Thomas-Cook-Pleite haften? Deutschland musste für die Versicherung von Pauschalreisenden bereits vor Jahren eine EU-Richtlinie in deutsches Gesetz umsetzen. Vorgabe der Europäer für die Pauschalreiseversicherung war es, dass alle geleisteten Zahlungen im Falle einer Insolvenz oder eines Ausfalls der Reise erstattet werden.

Doch die Bundesregierung hatte die Versicherungshaftung je Insolvenzfall auf die Obergrenze von 110 Millionen Euro begrenzt. Dies reicht bei großen Konzernen – wie sich jetzt bei Thomas Cook zeigt – bei weitem nicht aus.

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Thomas-Cook-Kunden werden wohl nur Bruchteil der Kosten zurückbekommen

„Hätte der Staat die Haftungsbeschränkungen nicht eingeführt, würde heute jeder Kunde voll entschädigt werden“, begründet Andresen das Vorgehen. Der MyRight-Anwalt ist überzeugt, dass der Staat deshalb die Schäden der Thomas-Cook-Kunden voll tragen muss. Für die Entschädigung der deutschen Thomas-Cook-Kunden wird geschätzt eine Summe von rund 500 Millionen Euro Entschädigungen notwendig.

Die meisten betroffenen Kunden sind nach Angaben von Andresen Familien. Im Schnitt habe ihre gebuchte Reise rund 2500 Euro gekostet. Von diesem Geld werden sie aber durch die zuständige Pauschalreiseversicherung Zurich voraussichtlich „nur fünf bis zehn Prozent“ als Entschädigung zurückerhalten, schätzt Andresen.

MyRight: Anwaltskosten werden nur bei Erfolg fällig

MyRight ist ein Rechtsdienstleister und vertritt bereits im VW-Dieselskandal die Interessen von rund 50.000 Betroffenen. Nun bietet MyRight den betroffenen Thomas-Cook-Kunden ebenfalls Hilfe an. Die Kanzlei arbeitet dabei auf Erfolgsprovisionsbasis.

Klienten müssen somit nur im Fall eines gerichtlichen Erfolgs 39 Prozent der für sie erzielten Summe an die Kanzlei als Provision abgeben. Wer eine Rechtsschutzversicherung besitzt, für den ist eine Rechtsvertretung durch MyRight kostenlos, sagt Andresen.

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Bundesjustizministerin will Verbraucher besser schützen

Die Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) will unterdessen Verbraucher künftig besser vor Schäden durch abgesagte Pauschalreisen schützen. Man prüfe nun verschiedene Ideen, etwa eine Kombination von Versicherung und Fonds, sagte die SPD-Politikerin der „Bild“-Zeitung (online). „In einem solchen System würden sowohl Reiseveranstalter als auch Kunden einen geringen Betrag in einen Fonds einzahlen, der im Insolvenzfall in Anspruch genommen werden kann.“ Über die konkrete Ausgestaltung werde noch gesprochen. Noch in diesem Jahr startet bereits eine neue Schlichtungsstelle für Pauschalreisen.