Luxemburg. Vor dem EU-Gericht beginnt am Dienstag die zweitägige Verhandlung um Steuernachzahlungen von Apple. Begünstigte Irland den US-Riesen?

Vor dem EU-Gericht geht es ab diesem Dienstag um eine gigantische Steuernachzahlung: Die EU und Apple streiten um 13 Milliarden Euro an Steuern, die der US-Riese in Irland nachzahlen soll. Da die EU auf die Steuern zudem Zinsen erhebt, droht Apple sogar eine Nachzahlung von insgesamt 14,3 Milliarden Euro.

Bereits im August 2016 hatte die EU-Kommission die Milliardenforderung an Apple gestellt. Der Tech-Konzern wehrt sich nun vor dem Gericht der EU (EuG) in Luxemburg gegen diesen Beschluss – und bekommt dabei Unterstützung von Irland selbst.

Die Atlantik-Insel fürchtet, seine Standortattraktivität zu verlieren, sollte es von Apple die Milliardensumme nachfordern müssen. Neben dem iPhone-Hersteller haben unter anderem die Internet-Riesen Facebook und Google Niederlassungen in Irland.

Vorwurf an Apple: Tochterfirmen existierten nur auf dem Papier

Zwei Tage lang werden sich die streitenden Parteien vor dem EuG den Fragen der Richter stellen und ihre Argumente präsentieren. Die EU-Kommission wirft Irland vor, mit staatlicher Beihilfe den Steuersatz für den Technologiekonzern gedrückt zu haben. Irland und Apple bestreiten das.

Staatliche Beihilfe ist bis auf wenige Ausnahmen laut EU-Recht aber verboten. Daher muss die Kommission vor dem Luxemburger nun nachweisen, dass Apple gegenüber anderen Unternehmen Sonderkonditionen erhielt.

Zudem geht es um die Frage, wo Unternehmensgewinne besteuert werden müssen. Apple gibt an, den Großteil seiner Gewinne in seinem Heimatstaat USA versteuert zu haben.

Die EU-Kommission sieht das anders. Apple habe die in der EU erwirtschafteten Gewinne betriebsintern über Tochterfirmen abgebucht, heißt es. Als die Kommission die Verwaltungssitze der Tochterfirmen prüfen wollte, habe sich herausgestellt, dass diese nirgendwo als steuerpflichtig angegeben worden seien – also nur auf dem Papier existierten.

Apple zahlte laut Kommission 2014 einen Steuersatz von 0,005 Prozent

Die EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager berechnete, dass dieses Modell dazu geführt habe, dass der effektive Steuersatz von Apple in Irland im Jahr 2014 nur 0,005 Prozent betragen habe. Umgerechnet zahlte Apple damit für eine Milliarde Euro Gewinn lediglich 50.000 Euro an Steuern. Apple-Chef Tim Cook bezeichnete damals die Berechnung von Vestager als „politischen Dreck“.

Apple gibt an, dass die Milliardengewinne in Irland nur zeitweilig geparkt worden seien. In den USA betrug damals der Steuersatz auf Auslandsgewinne amerikanischer Unternehmen noch 35 Prozent. Nach der Steuerreform von US-Präsident Donald Trump im Jahr 2018 wurde auf die angesammelten Gewinne ein Abschlag mit einem deutlich niedrigeren Satz fällig – unabhängig davon, ob sich die Gewinne im Ausland befanden oder in die USA transferiert wurden.

Sowohl die EU als auch die USA beanspruchen Steuerzahlungen für sich

Apple holte daher nach der Reform seine Milliardengewinne in die USA und zahlte nach Angaben von Januar 2018 in den Vereinigten Staaten rund 38 Milliarden Dollar Steuern auf den im Ausland erwirtschafteten Gewinn von 252 Milliarden Euro. Die US-Regierung betonte, dass ihr die Steuerzahlungen zustünden.

Apple – und auch Irland – argumentieren zudem, dass die eigene Wertschöpfung der Apple-Produkte außerhalb Irlands stattfinde. Irland sei vor allem für die Logistik des Europageschäfts relevant. Die Entwicklung und das Design dagegen fänden im Firmensitz in Kalifornien statt – entsprechend müssten die Steuern auch in den USA gezahlt werden.

Das sah die EU-Kommission anders. Der Schritt ändere nichts an der Forderung, die in Irland angefallenen Steuern nachzuzahlen, teilte die Kommission damals mit. Apple hinterlegte samt Zinsen 14,3 Milliarden Euro auf einem Treuhandkonto.

Prozess könnte sich Jahre hinziehen

Zwar beginnt am Dienstag der Prozess vor dem EuG, bis zu einer endgültigen Entscheidung kommt, könnte es aber noch Jahre dauern. In mehreren Monaten wird das EuG seine Entscheidung bekanntgeben. Anschließend können aber beide Seiten noch in Berufung beim Europäischen Gerichtshof gehen. (dpa/tki)