Ingolstadt. Audi steht unter Druck. Im Rahmen des „Zukunftspakts“ sollen Tausende Stellen wegfallen. Nun einigen sich Unternehmen und Betriebsrat.

Der Dieselskandal und die hohen Kosten für den Einstieg in die Elektromobilität lasten schwer auf Audi. Die einst erfolgsverwöhnte Premiummarke aus dem VW-Konzern will Milliarden einsparen, um zurück auf die Erfolgsspur zu kommen. Zum Abschied hinterlässt der scheidende Vorstandschef Bram Schot seinem Nachfolger Markus Duesmann jetzt eine Grundsatzvereinbarung mit dem Betriebsrat, die es in sich hat. Audi streicht massiv Stellen: Bis 2025 jeden sechsten Arbeitsplatz.

Insgesamt baue Audi 9500 Stellen in Deutschland ab, teilte der Autohersteller am Dienstag mit. Frei werdende Stellen will der Hersteller nicht neu besetzen, über Vorruhestandsregelungen sollen sich Mitarbeiter freiwillig früher aus dem Arbeitsleben verabschieden.

Für den Ausbau der Elektromobilität will der Autobauer im Gegenzug 2000 Spezialisten neu einstellen. Zudem erhalten die übrigen Beschäftigten eine Jobgarantie bis Ende 2029. Dies wertet Gesamtbetriebsratschef Peter Mosch als „großen Erfolg in schwierigen Zeiten“.

Audi verspricht sich Einsparungen in Höhe von sechs Milliarden Euro bis zum Jahr 2029. Das ermögliche Investitionen in Zukunftsprojekte wie Elektrifizierung und Digitalisierung. Zudem soll die Umsatzrendite auf neun bis elf Prozent steigen. In diesem Jahr erwartet Audi eine Marge von 7,0 bis 8,5 Prozent.

Empfohlener externer Inhalt
An dieser Stelle befindet sich ein externer Inhalt von einem externen Anbieter, der von unserer Redaktion empfohlen wird. Er ergänzt den Artikel und kann mit einem Klick angezeigt und wieder ausgeblendet werden.
Externer Inhalt
Ich bin damit einverstanden, dass mir dieser externe Inhalt angezeigt wird. Es können dabei personenbezogene Daten an den Anbieter des Inhalts und Drittdienste übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

Beide deutschen Audi-Werke in Ingolstadt und Neckarsulm galten zuletzt als schlecht ausgelastet. In Baden-Württemberg musste der Hersteller gerade erst die Nachtschicht streichen, Gerüchte über einen nahenden Stellenabbau verdichteten sich. „Der Schritt ist notwendig, um sich in dieser Situation wieder zu berappeln“, sagt Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer, Leiter des CAR-Instituts an der Uni Duisburg-Essen.

Audi ist nicht der einzige Autobauer in der Krise

Branchenkenner Stefan Bratzel nennt mehrere Gründe für die Schwäche der deutschen Autobranche und speziell von Audi. Der Handelskrieg zwischen den USA und China, die unklare Situation um den Austritt Großbritanniens aus der EU sowie die Konjunkturschwäche ließen die Automobilproduktion in Deutschland bereits 2018 um neun Prozent schrumpfen, in diesem Jahr bis Ende September um weitere zehn Prozent.

„Das trifft die Branche und ihre Zulieferer in erheblichem Maße“, sagt der Leiter des Center of Automotive Management in Bergisch Gladbach. Hinzu kommen die hohen Kosten für den Einstieg in die Elektromobilität und bei Audi die Folgen des Dieselskandals. „Das Geld muss an anderer Stelle wieder reingeholt werden“, sagt Bratzel.

Audi ist seit der Aufdeckung des Dieselskandals 2015 auf Talfahrt und deutlich hinter die Konkurrenten Daimler und BMW zurückgefallen. Der Skandal kostete Milliarden. Sechs Entwicklungschefs hatte Audi in den vergangenen sieben Jahren, die Autos verkaufen sich immer schlechter. Im Sommer hatte die Staatsanwaltschaft München Anklage gegen Ex-Audi-Chef Stadler erhoben – er soll betrogen haben.

Erst vor anderthalb Wochen hatte der VW-Konzern an der Spitze von Audi durchgegriffen: Der frühere BMW-Manager Markus Duesmann löst Bram Schot im April 2020 als Vorstandschef ab. Duesmann soll Audi besser mit der Sportwagenschwester Porsche verzahnen, bis 2025 insgesamt 30 Modelle mit Elektroantrieb auf den Markt bringen und die Rendite steigern. Auch die Vorstandsposten für Einkauf, Finanzen und Personal werden neu besetzt.

Staatsanwaltschaft München klagt früheren Audi-Chef Stadler an

weitere Videos

    Auch Daimler und BMW könnten weitere Stellen abbauen

    Mit dem massiven Stellenabbau ist Audi nicht allein. Gerade erst hatte Daimler einen Kahlschlag in der Führung verkündet, 1100 Manager müssen gehen. In der Sparte Trucks & Busse entfallen mindestens weitere 2000 Jobs. Bei Ford sind es 5400. BMW könnte Berichten zufolge bis zu 6000 Arbeitsplätze streichen, Tausende Leiharbeiter sorgen sich um ihre Übernahme. Auch VW baut Personal ab. Der Zulieferer Continental spart in den nächsten zehn Jahren 7000 Stellen ein, Bosch streicht 1600 Stellen im Bereich Antriebstechnologie.

    Bratzel sieht diese Meldungen als „Auftakt dessen, was wir noch erleben werden“. „Das wird in den nächsten Jahren eher noch stärker werden“, sagt der Experte: Bis 2030 dürften unterm Strich 15 bis 20 Prozent der Arbeitsplätze im Automobilbau verschwinden.

    Dudenhöffer erwartet bis Ende des kommenden Jahrzehnts einen Abbau von 250.000 Arbeitsplätzen in den althergebrachten Zweigen der Autoindustrie – dagegen dürften nur 125.000 neue Jobs durch Elektromobilität und Digitalisierung entstehen. Der Bau von Elektroautos ist weit weniger kompliziert als der von Verbrennern. „Der Fall Audi zeigt uns, dass wir mit unserer Prognose traurigerweise nicht falschlagen“, sagt Dudenhöffer.