Berlin. Er traf Spitzenpolitiker und Führungskräfte deutscher Medienhäuser: Mark Zuckerbergs Berlin-Visite war perfekte Publicity für Facebook.

Am 22. Januar war Google-Chef Sundar Pichai in Berlin. Er eröffnete in der Hauptstadt das neue Büro seines Konzerns, führte ein paar politische Gespräche und sprach vor Studenten der Technischen Universität (TU) Berlin. Viel blieb von seinem Besuch nicht im Gedächtnis, am ehesten vielleicht noch die Anti-Google-Proteste am Rande von Pichais Auftritt in der TU. Aus einem Universitätsfenster hing ein Plakat, auf dem „Google hau ab“ zu lesen war.

Diesen Montag kam abermals der Chef eines Internet-Riesen nach Berlin. Facebook-Gründer Mark Zuckerberg war in der Hauptstadt. Und schon jetzt dürfte feststehen, dass sein bestens vorbereiteter Besuch lange nachklingen wird.

Zuckerberg traf Kramp-Karrenbauer und Robert Habeck

Streng genommen begann Zuckerbergs Visite bereits am Sonntag. Da erschien ein langes Stück von ihm in der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ und er selbst als Überraschungsgast einer Führungskräftetagung des Medienhauses Axel Springer („Bild“, „Welt“). Der 34-Jährige nutzte die Gelegenheit zu einem Gespräch mit Springer-Chef Mathias Döpfner, das am Montag auf Facebook freigeschaltet wurde.

Es folgten Interviews mit der „FAZ“ und der ARD. Zuckerberg traf sich mit Annegret Kramp-Karrenbauer, der womöglich künftigen deutschen Kanzlerin und mit Robert Habeck, dem deutschen Politstar schlechthin. Und er kam auch mit Bundesjustizministerin Katarina Barley zusammen, die für die Regulierung von Facebook zuständig ist. Dokumentiert wurden all diese Termine auf Zuckerbergs Facebook-Account.

Empfohlener externer Inhalt
An dieser Stelle befindet sich ein externer Inhalt von Facebook, der von unserer Redaktion empfohlen wird. Er ergänzt den Artikel und kann mit einem Klick angezeigt und wieder ausgeblendet werden.
Externer Inhalt
Ich bin damit einverstanden, dass mir dieser externe Inhalt angezeigt wird. Es können dabei personenbezogene Daten an den Anbieter des Inhalts und Drittdienste übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

Mark Zuckerberg erreichte die wichtigsten Entscheider

Abends traf er dann beim Verein Atlantik-Brücke Politiker wie Digital-Staatsministerin Dorothee Bär und SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil sowie Mediengrößen wie „Spiegel“-Chefredakteur Steffen Klusmann und Tanit Koch, die neue Erste Journalistin der Mediengruppe RTL. Wieder gab es viele schöne Fotos, die unter anderem in „Bild“ erschienen. Als Epilog zum Zuckerberg-Besuch teilte Facebook am Dienstag noch mit, deutsche Lokalmedien mit zwei Millionen Euro fördern zu wollen.

Es war ein perfekter PR-Coup. Zuckerberg dürfte nicht nur die wichtigsten deutschen Entscheider, sondern auch viele normale Bürger erreicht haben. Dass sein Konzern ganz wesentlich mitverantwortlich für einen der weltweit größten Datenskandale ist – 2014 entwendete die Datenanalysefirma Cambridge Analytica für Wahlkampfzwecke 50 Millionen Profile von Facebook-Nutzern, was die Plattform erst 2018 zugab – geriet in Vergessenheit.

Hintergrund: Facebook will mit Banken kooperieren – das steckt dahinter

Substanzielles brachte Mark Zuckerbergs Besuch nicht

Das Mastermind hinter dem PR-Coup heißt Nick Clegg, ist 52 Jahre alt und begleitete den Facebook-Chef in Berlin auf Schritt und Tritt. Der ehemalige Chef der britischen Liberaldemokraten, der sich auch mal als Journalist versuchte und von 2010 bis 2015 britischer Vizepremier war, ist seit Oktober 2018 Kommunikationschef von Facebook.

Substanzielles brachte der Besuch aber nicht. Zuckerbergs Ankündigung eines neuen Journalismus-Angebots auf Facebook im Gespräch mit Döpfner blieb vage. Am konkretesten war noch das Förderprogramm für Lokalmedien, an dem auch die Funke Mediengruppe teilnehmen wird, zu der auch unsere Redaktion gehört. In Workshops will Facebook Verlagen zeigen, wie sich mit journalistischen Inhalten auf Social-Media-Plattformen Geld verdienen lässt. Solche Journalismus-Förderung hat Zuckerbergs Konzern aber nicht erfunden. Google bietet längst ähnliche Programme an.

Dass Zuckerberg nun staatliche Behörden auffordert, Probleme zu regulieren, die sein Konzern verursacht hat, ist schon fast skurril. Beim Treff bei der Atlantik-Brücke habe er das Mantra verbreitet, alle müssten mehr Verantwortung übernehmen, sagt ein Teilnehmer.

In der Nacht zu Donnerstag kehrte Alltag ein. Da wurde bekannt, dass 540 Millionen Kundendaten von Facebook kurzzeitig auf öffentlich zugänglichen Servern lagen. Zu diesem Zeitpunkt hatte Zuckerberg Berlin längst verlassen. (Kai-Hinrich Renner)

Mehr Medienmacher-Kolumnen:

Die schwierige Suche der „FAZ“ nach einem neuen Herausgeber
Wenn in einer Story mehrere Figuren verschmelzen
VW kauft einen seiner schärfsten Kritiker vom Markt