Austin. Sucht Elon Musk nach einem Vorwand, aus dem teuren Twitter-Kauf rauszukommen oder den Preis zu drücken? Der Deal sei ausgesetzt, er wolle erst Daten zur Nutzerbasis sehen, schreibt er.

Tech-Milliardär Elon Musk hat seinen Deal zum Kauf von Twitter am Freitag für vorläufig ausgesetzt erklärt. Er wolle erst Berechnungen dazu abwarten, dass Accounts, hinter denen keine echten Nutzer stecken, tatsächlich weniger als fünf Prozent ausmachen, schrieb Musk bei Twitter.

Rund zwei Stunden später versicherte er dann, dass er aber weiterhin an der Übernahme interessiert sei.

Twitter-Aktie verliert

Die Twitter-Aktie notierte nach Musks Tweets tief im Minus. Nach der Ankündigung, der Deal liege auf Eis, stürzte sie um fast ein Viertel ab und notierte bei etwa 34,50 Dollar. Später startete sie nach Musks zweitem Tweet bei gut 40 Dollar in den regulären US-Handel. Auch das ist noch weit entfernt von den 54,20 Dollar je Aktie, die Musk den Aktionären in Aussicht gestellt hatte. Schon am Donnerstag war das Papier mit 45,08 Dollar aus dem Handel gegangen - ein Zeichen der Skepsis von Investoren, dass Musk den Deal tatsächlich durchzieht.

Dass es bei Twitter Fake-Accounts gibt, dürfte keine Überraschung für Musk gewesen sein. Denn er hatte als eines seiner Ziele für den Twitter-Kauf erklärt, er wolle Profile, die etwa zum Versenden von Spam-Nachrichten eingesetzt werden, von der Plattform verbannen.

Twitter nannte für das erste Quartal die Zahl von 229 Millionen Nutzern, die der Dienst mit seinen Anzeigen erreichen kann. Eindeutig identifizierte Fake-Accounts zählt der Dienst in den Nutzerzahlen nicht mit. Twitter hatte zuletzt aber einräumen müssen, dass wegen eines Fehlers seit 2019 leicht überhöhte Nutzerzahlen gemeldet wurden. Die Abweichungen waren aber mit maximal knapp zwei Millionen Nutzern eher gering. Die Fünf-Prozent-Schätzung hatte Twitter vor einigen Tagen in seinem ausführlichen Quartalsbericht veröffentlicht.

Kann Musk aus Deal aussteigen?

Ob Musk den Vorwurf, Twitter habe ungenaue Angaben zur Zahl der gefälschten Accounts gemacht, für einen Ausstieg aus dem Deal oder eine Absenkung seines Gebots nutzen könnte, ist unklar. Schließlich hatte er auf eine übliche Prüfung der Twitter-Bücher vor der Vereinbarung verzichtet.

Twitter und Musk vereinbarten zwar eine Strafe von jeweils einer Milliarde Dollar für den Fall, dass eine der Seiten den Deal aufkündigen sollte. Doch Experten gehen nicht davon aus, dass dies bedeutet, Musk könne sich einfach ohne Begründung umentscheiden und mit einer Milliarde Dollar aus dem Schneider sein.

Der Chef des Elektroauto-Herstellers Tesla hatte sich mit dem Twitter-Verwaltungsrat auf einen rund 44 Milliarden Dollar (rund 42,3 Mrd Euro) schweren Deal geeinigt. Er ist aber noch darauf angewiesen, dass ihm genug Aktionäre ihre Anteile abtreten wollen. Twitter und Musk wollten die Übernahme bislang bis Jahresende abschließen. Er kaufte in den vergangenen Monaten bereits einen Anteil von gut neun Prozent an Twitter an der Börse.

Wie finanziert Musk den Kauf?

In den vergangenen Tagen zeichneten sich auch andere Probleme für den Deal ab. Musk wollte ursprünglich für rund zwölf Milliarden Dollar des Kaufpreises Kredite aufnehmen, die mit seinen Tesla-Aktien besichert wären. Aber nachdem der Kurs der Tesla-Aktie von zuvor rund 1000 Dollar auf zuletzt nur noch 728 Dollar abgesackt war, wurde dieser Plan zunehmend ungünstig für ihn. Der Finanzdienst Bloomberg berichtete, Musk suche nach anderen Finanzierungswegen anstelle des mit Aktien besicherten Kredits. Die Tesla-Aktie kletterte im vorbörslichen Handel nach Musks Tweet in Richtung der Marke von 770 Dollar.

Musks Ankündigung wirft auch ein neues Licht auf radikale Schritte des Twitter-Chefs Parag Agrawal am Donnerstag. Er hatte den Produkt-Verantwortlichen und den für die Umsatzentwicklung zuständigen Top-Manager herausgedrängt sowie einen Einstellungsstopp verhängt.

© dpa-infocom, dpa:220513-99-272939/8