Berlin. Der Bauernverband klagt über ruinöse Preise und wirft dem Handel vor, auf dem Rücken der Bauern gut zu verdienen. Die Lebensmittelhändler bestreiten das und verweisen auch auf die bisher hohe Exportquote der Fleischbranche.

Die stark gesunkenen Schweinefleischpreise sorgen weiter für Krach zwischen den Bauern und dem Lebensmittelhandel.

Bauernpräsident Joachim Rukwied klagte in der "Augsburger Allgemeinen", die Landwirte bekämen aktuell mit 1,19 Euro pro Kilogramm Schweinefleisch über 40 Prozent weniger als zu Jahresbeginn. "Bei diesem ruinösen Preis macht jeder Schweinehalter massive Verluste." Da Preise im Einzelhandel stabil seien, "gehen wir davon aus, dass innerhalb der Lebensmittelkette auf dem Rücken der Bauern gut verdient wird", kritisierte Rukwied.

Der Bauernpräsident ärgerte sich außerdem über häufige Lockangebote in den Supermärkten: "Uns ist schon bewusst, dass es hin und wieder Aktionen geben muss. Aber das ständige Werben mit Niedrigpreisen ist inakzeptabel."

Der Bundesverband des Deutschen Lebensmittelhandels (BVLH) wies die Kritik zurück. Der Rückgang der Fleisch-Erzeugerpreise seit Jahresbeginn habe mehrere Ursachen, sagte BVLH-Sprecher Christian Böttcher. Der Ausbruch der Afrikanischen Schweinepest in der Bundesrepublik habe die Nachfrage vor allem aus China verringert. Gleichzeitig sei der Absatz an die Gastronomie und an Großverbraucher aufgrund der Corona-Krise eingebrochen.

Der Lebensmittelhandel sei als stabiler Absatzkanal für Fleisch und Wurst übrig geblieben. Doch könne er die Ausfälle in den anderen Bereichen nicht wettmachen, betonte Böttcher. Schließlich habe Deutschland bisher knapp die Hälfte seiner Schweinefleischproduktion exportiert. In so einer Situation sei es ganz normal, dass die Preise unter Druck gerieten. "Der Absatz lässt sich nur über Angebote ankurbeln", meinte Böttcher.

Eine Aldi-Sprecherin betonte, dass Unternehmen sei bereit zu konstruktiven Lösungen. Dafür müssten aber alle Teilnehmer entlang der Wertschöpfungskette von den Erzeugern über die Schlachtbetriebe bis zum Handel einbezogen werden. Letztlich handele es sich jedoch um eine ordnungspolitische Aufgabenstellung, die von den Marktteilnehmern nicht "unter sich" gelöst werden könne. Die Händler alleine seien für die Preisbildung auf dem Weltmarkt und damit auch für Deutschland nicht verantwortlich.

Die aktuelle Situation ist nicht zuletzt von dem Auftauchen der Afrikanischen Schweinepest bei Wildschweinen in Brandenburg und Sachsen geprägt. Als Folge sind Schweinefleisch-Exporte aus ganz Deutschland in wichtige Märkte außerhalb der EU weggebrochen. Probleme bereiten Schweinehaltern auch Engpässe in Schlachthöfen wegen Corona-Ausbrüchen in Belegschaften.

Die Agrarminister von Bund und Ländern wollen an diesem Freitag per Videokonferenz über die angespannte Lage am Schweinemarkt beraten.

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