Berlin. Panzer für die Ukraine? Bei „Anne Will“ wurde klar, dass die Außenministerin in dieser Frage eine schwierige Position einnehmen muss.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) will der Ukraine nicht im Alleingang Kampfpanzer liefern. Er richtet sich nach den Partnern in EU und Nato. Sieht so Deutschlands Führungsrolle aus? Bei „Anne Will“ wurde am Sonntagabend diese Streitfrage diskutiert. Annalena Baerbock ist dabei ein Phänomen: Während die anderen Mitglieder der Ampel-Regierung in Kriegs- und Energiewirren versinken, scheint die Außenministerin über den Dingen zu schweben. Internationale Bühne statt bundespolitisches Kleinklein hilft ihr dabei genauso viel wie der Fakt, dass Baerbock gut im Amt angekommen ist.

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Bei „Anne Will“ ließ sich nun beobachten, was passiert, wenn Baerbock in ebendieses Kleinklein zurückkehren muss. „Kampfpanzer für die Ukraine – warum zögert die Bundesregierung?“, war die Sendung überschrieben.

„Anne Will“: Das waren die Gäste

  • Annalena Baerbock (Außenministerin, Grüne)
  • Michael Müller (MdB, SPD)
  • Roderich Kiesewetter (MdB, CDU)
  • Egon Ramms (Ex-Bundeswehr-General)
  • Anne Applebaum (amerikanische Historikerin und Journalistin)

Bei dem Auftritt wurde klar, dass Baerbock in der Frage der Kampfpanzer eine nicht ganz einfache Position hat. Denn Grüne und FDP können sich durchaus vorstellen, die Ukraine mit dem geforderten Gerät zu versorgen – während große Teile der SPD um Kanzler Olaf Scholz mauern. Eine offene Auseinandersetzung darüber streben die Ampel-Partner aber offenbar weiterhin nicht an.

Baerbock jedenfalls wählte einen umsichtigen Weg: Einerseits stellte sie sich argumentativ an die Seite des Kanzlers; andererseits blitzte ab und an auf, dass sich die Außenministerin durchaus mehr vorstellen könnte.

„Ich bin dafür, alles zu liefern, was einen Unterschied macht“, sagte Baerbock an einer Stelle beispielsweise. Eine klare Aussage, denn natürlich können Kampfpanzer einen Unterschied machen. Allerdings relativierte Baerbock auch gleich wieder: Entscheidend sei, dass die Lieferungen auch tatsächlich zum Einsatz kommen könnten. Lesen Sie hier ein Interview mit der Bundesverteidigungsministerin: Ministerin Lambrecht warnt: "Putin ist unberechenbar"

Baerbock bei Anne Will: Außenministerin auf Linie von Scholz

Damit war die Grüne wieder auf Linie des Kanzlers. Da die Ukrainer am Leopard-Panzer nicht ausgebildet seien, sei er ohnehin nicht schnell einsetzbar, erklärte Baerbock. „Wenn das Material falsch bedient wird, geht es kaputt und muss repariert werden.“ Das sei der Unterschied zum Ringtausch, über den die Ukraine unter Mithilfe Deutschlands Panzer sowjetischer Bauart erhalte.

Auch auf den von Olaf Scholz vielbemühten „Alleingang“ verwies Baerbock: Erst wenn mehrere westliche Partner gemeinsam entschieden, mit Kampfpanzern zu helfen, könne man die Ukraine wirklich unterstützen. „Wir sind ständig in Absprache miteinander“, sagte Baerbock schließlich noch mit Blick auf den Kanzler. Lesen Sie auch: "Hart aber fair": Melnyk hat ein Lob für Deutschland dabei

"Anne Will": Baerbock liefert fragwürdige Argumente

Die vordergründig eindeutige Positionierung für den Kanzler nimmt jenen in der Ampel den Wind aus den Segeln, die versuchen, ihn unter Druck zu setzen. Auf der anderen Seite bediente sich Baerbock an Argumenten, die teilweise nicht schlüssig wirken. Könnte Deutschland nicht auch unabhängig von seinen Partnern aktiv werden und Führung übernehmen? Muss man wirklich eine Eskalation Putins fürchten, wenn man Kampfpanzer liefert? Und würden nicht schon einige wenige deutsche Panzer für die Ukraine einen Unterschied machen?

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Auch in der Runde wurden die Begründungen für die zögerliche Haltung kritisiert. „Wir hätten schon im Mai mit der Ausbildung anfangen können“, sagte etwa der CDU-Politiker Roderich Kiesewetter. Und der frühere Nato-General Egon Ramms ergänzte, dass die Ausbildung am Leopard I durchaus schnell gehe: „Nehmen Sie 40 Tage, dann ist November. Das hilft der Ukraine.“

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"Anne Will": Die ukrainischen Rückeroberungen geben Befürwortern von Waffenlieferungen recht

Für den Moment scheint in der Kampfpanzer-Frage kein Ampel-Streit zu drohen, zumindest auf Kabinettsebene. Im Parlament und in dessen Ausschüssen aber mehren sich die Stimmen, die eine Lösung fordern. Kein Wunder, geben die ukrainischen Rückeroberungen doch jenen recht, die sich für Waffenlieferungen ausgesprochen haben. Gut möglich also, dass auch Annalena Baerbock in der Frage noch öfter in die Bundespolitik wird hinabsteigen müssen.

Zur Ausgabe von „Anne Will“ in der ARD-Mediathek.

Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de.